Arbeitnehmerschutz: Kurz will Strafen für Unternehmen abschaffen

ÖVP-Chef Kurz will das Arbeitsinspektorat (AI) „neu aufstellen“, das fordert er im zweiten Teil seines Wahlprogramms. Er will nicht nur die Kontrollen zur Einhaltung des Arbeitnehmerschutzes schwächen, sondern auch den Strafrahmen bei Übertretungen massiv reduzieren. Der Wirtschaftskammer ist das Arbeitsinspektorat schon lange ein Dorn im Auge. Dabei bedeuten gute Arbeitsbedingungen gesündere ArbeitnehmerInnen und eine Kostenersparnis in Milliardenhöhe für ArbeitgeberInnen. Ein Interesse an einer Verschlechterung haben vor allem große Unternehmen.

Geht es nach Kurz, soll die Arbeitsinspektion zu einer Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium verpflichtet werden. Das Ziel dahinter: Unternehmen sollen beraten und nicht bestraft werden. Klingt ja ganz gut. Nur ist das Prinzip „Beraten vor Strafen“ schon lange gesetzlich verankert.

So wird im Fall von Mängeln keine Strafanzeige erstattet, sondern Unternehmen werden beraten, wie sie die festgestellten Mängel innerhalb vereinbarter Fristen beheben können. Sind die Mängel behoben, ist die Angelegenheit erledigt.

Ohne Strafen steigen Verstöße

Letztlich geht es Kurz darum, von Bestrafungen so weit wie möglich abzusehen – auch wenn Mängel weiter bestehen. Und hier weiß man: Ohne Strafandrohung werden die Verstöße häufiger.

Dabei darf auch nicht übersehen werden, dass die Unternehmen langfristig selbst davon profitieren: Denn die Missachtung von Schutzvorschriften ist für Unternehmen nur kurzfristig billiger. Zwischen 1995 und 2011 haben sie sich 2,2 Milliarden Euro (AUVA-Statistik, 1995-2011) gespart, weil Arbeitsunfälle stark zurückgegangen sind. Der volkswirtschaftliche Gewinn für diesen Zeitraum liegt sogar bei 8,6 Milliarden Euro.

Arbeit wird gefährlicher und ungesünder

Viel entscheidender jedoch ist: Wird das Arbeitsinspektorat in seinen Möglichkeiten beschnitten, wird die Arbeit für viele gefährlicher und ungesünder.

Das passt auch zu einer anderen Forderung im ÖVP-Wahlprogramm: der Abschaffung des Kumulationsprinzips. Es besagt, dass für jedes Delikt eine eigene Strafe verhängt werden muss und auch mehrere Strafe nebeneinander verhängt werden können. Das spielt besonders im Arbeits- und Sozialrecht eine Rolle:

  • Beschäftigt ein Arbeitgeber fünf Arbeitnehmer ohne Absturzsicherung auf einem Dach, wird die Vorschrift fünf mal nicht eingehalten und es sind fünf Strafen zu verhängen.
  • Wird ein Arbeitnehmer ohne Absturzsicherung auf dem Dach beschäftigt und ist außerdem eine Leiter nicht gegen Abrutschen gesichert, sind zwei Strafen zu verhängen.
  • Beschäftigt ein Arbeitgeber 15 Arbeitnehmer an einem Feiertag, drohen 15 Strafen wegen verbotener Feiertagsarbeit.

Statt eine Strafe pro Arbeitnehmer, will Kurz eine Strafe pro Unternehmen

Geht es nach Kurz, wird in all diesen Fällen künftig nur noch eine Strafe verhängt – unabhängig davon, wieviele Menschen betroffen sind. Der Strafrahmen soll allerdings gleich bleiben.

Die Strafsätze sind heute schon sehr klein und in den meisten Fällen Jahrzehnten nicht mehr angeglichen worden. Im oben genannten Fall der Feiertagsbeschäftigung würden im schlimmsten Fall bloß 72 Euro bezahlt werden müssen. Eine Strafe, die wohl niemanden davon abhält, 15 Menschen illegal an einem Feiertag zu beschäftigen.

Übertretung des Arbeitnehmerschutzes wird für große Firmen attraktiv

Besonders großen Firmen öffnet Kurz so Tür und Tor für Gesetzesverstöße. Vorschriften systematisch zu übertreten wird attraktiver, Strafen können einfach „eingepreist“ werden. Große Unternehmen wären gegenüber KMUs außerdem massiv bevorzugt in diesem Modell: So hätten Handelsketten, die hunderte Arbeitnehmerinnen an Sonn- oder Feiertagen arbeiten lassen, nur mit einer einzigen Strafe von 72 Euro zu rechnen.

Damit schließt sich wieder ein Kreis: Denn zum großzügigsten Förderer von ÖVP-Obmann Kurz gehört KTM-Chef Pierer, der der ÖVP fast eine halbe Million Euro spendete. Pierer ist es auch, der sich immer wieder vehement gegen die bestehenden Arbeitszeitregelungen beschwert. In den Oberösterreichischen Nachrichten bekannte Pierer auch freimütig:

„Ich kann es mir leisten, seit 30 Jahren die Arbeitszeitgrenze massivst zu überschreiten und ich mache es mit Freude.“

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1934 Stimmen
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    1934 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 16%, 518 Stimmen
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    518 Stimmen - 16% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 392 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    392 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 310 Stimmen
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    310 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 167 Stimmen
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    167 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 3321
12. März 2024
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