„Wenn bei Privatpartys in einem Keller oder in einer Gartenhütte Exzesse gefeiert werden, muss man das auflösen können“, fordert der steirische Landeshauptmann. Damit eröffnet er erneut die Diskussion um die Frage: Soll es auch im Privatbereich Corona-Kontrollen geben? Die Regierung sagt: Nein. Dabei hat die letzte Verordnung aus dem Gesundheitsministerium die Grundlage dafür geschaffen, dass einige türkise Bundesländer eigene Verordnungen erlassen, die genau das erlauben.
Der steirische ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer will hart durchgreifen. Geht es nach ihm, soll die Polizei auch in Privaträumen Menschengruppen kontrollieren, auflösen und strafen dürfen. Oberösterreichs Landeschef Thomas Stelzer kündigte am Mittwoch eine entsprechende Verordnung an. Ab Freitag kann dort die private Räume, die keine Wohnräume sind, die Polizei Corona-Kontrollen durchführen. In den türkis-grün regierten Vorarlberg, Tirol und Salzburg (wo auch die Neos mitregieren) gelten ähnliche Regeln: Hier kontrolliert man bereits Stadel, Keller und Garagen. Die ÖVP-Grüne Bundesregierung verkündet trotzdem, sie sei gegen eine Kontrolle der privaten Räumlichkeiten. Dabei verweisen die Länder-Verordnungen auf die COVID-19-Maßnahmenverordnung aus dem Gesundheitsministerium.
Kennen Bundeskanzler und Gesundheitsminister ihre eigene Verordnung nicht, oder verschweigen sie bewusst die Wahrheit?
Schützenhöfer machte sich nicht viele Freunde, als er am Dienstag eine Kontrolle von privaten Veranstaltungen in Privaträumen forderte. Was folgte, war ein öffentlicher Aufschrei, Schweigen aus dem Kanzleramt und eine Klarstellung des Gesundheitsministers: Kontrollen im privaten Bereich seien ausgeschlossen, verlautbarte Rudolf Anschober (Grüne).
Das Covid-19-Maßnahmengesetz schließe Kontrollen im privaten Wohnbereich aus, und das sei auch „grundsätzlich richtig“, sagte Anschober am Dienstag im Ö1-„Morgenjournal“. Dass ein Eingriff in den privaten Raum nicht mit der Verfassung vereinbar wäre, betonte Sebastian Kurz (ÖVP) bei der Pressekonferenz zur neuesten Verordnung. Laut dieser dürfen im Freien nur mehr zwölf und in Innenräumen nur noch sechs Personen aufeinandertreffen. Vorschreiben und kontrollieren könne man die Regeln im Privaten allerdings nicht, erklärte Kurz damals noch. Er appellierte aber an die Österreicher, sich daran zu halten.
Der Kärntner SPÖ-Landeshauptmann Kaiser hält nichts von einer „Regelung, die in einer Bespitzelung der Wohnzimmer der Österreicher gipfeln kann.“ Auch in der Pandemie dürfe man „harterkämpfte persönliche Freiheiten und demokratische Rechte“ nicht opfern. Der rote Landeskaiser Hans-Peter Doskozil ist mit ihm einer Meinung.
Auch die schwarzen Landeshauptleute schlagen die gleiche Trommel. Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer sieht noch am Dienstag „Eingriffe in die Privatsphäre der Menschen immer sehr kritisch, auch verfassungsrechtlich“. Am Mittwoch aber schon gibt er Maßnahmen von Privaträumen bekannt. Günther Platter will in Tirol „an die Eigenverantwortung der Menschen appellieren“ – doch auch hier gibt es bereits Kontrollen auf Privatgrund. Auch in Vorarlberg und Salzburg gelten bereits Regeln entsprechende Regeln.
„Bereits Mitte Oktober haben wir mit der Tiroler Verordnung über zusätzliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Verbreitung des Coronavirus in Tirol Vorsorge getroffen, indem potenzielle Orte für Privatpartys und größere Feierlichkeiten wie etwa zum Wohnen ungeeignete Kellerräume, Garagen, Scheunen, Werkstätten, Stadel und dergleichen von den Einschränkungen und verschärften Maßnahmen dezidiert betroffen sind“, führt der Tiroler Landesamtsdirektor Herbert Forster im Gespräch mit der APA aus.
Die Tiroler führen explizit aus, was damit gemeint ist: „Als privater Wohnbereich im Sinn des § 10 Abs. 11 Z 1 COVID-19-Maßnahmenverordnung gelten nicht Gebäude, Teile von Gebäuden, sonstige bauliche Anlagen und Teile davon, die nicht unmittelbar für Wohnzwecke bestimmt sind, wie zum Wohnen ungeeignete Keller und Kellerräume, Garagen, Carpots, Scheunen, Werkstätten, Stadel, Ställe und dergleichen.“ Damit greife für diese Räumlichkeiten die Verordnung des Bundes, wonach Veranstaltungen ohne zugewiesene und gekennzeichnete Sitzplätze, wie beispielsweise Hochzeits-, Geburtstags- und Weihnachtsfeiern, mit mehr als sechs Personen in geschlossenen Räumen und mit mehr als zwölf Personen im Freiluftbereich untersagt sind.
Die Regeln, die bisher nur für professionelle Veranstaltungen galten – zugewiesene Sitzplätze ab sechs Personen und eine behördliche Meldung des Events – weiten sich damit auch auf Privaträume aus. Allerdings gelten sie nicht für Wohnräume, sondern explizit nur für Garagen, Keller, Stadel, Ställe und Hütten.
Das COVID-Maßnahmengesetz, das die Regierung gemeinsam mit der SPÖ im Parlament beschlossen hat, nimmt alle Privaträume explizit von der Kontrolle aus. Laut Verfassung darf der Gesetzgeber private Wohnräume nicht generell regeln oder kontrollieren. Nicht-Wohnräume, die aber sehr wohl Privatbereich sind, sind eine Grauzone, die Anschober nicht geregelt hat. Die Tiroler Verordnung verweist – wie auch die der anderen Bundesländer – auf der Verordnung aus dem Gesundheitsministerium.
Die Rechtslage nennt deswegen der Verfassungsjuristen Bernd-Christian Funk unklar. Man könne nicht allgemein sagen, ob eine Garage ein Wohnraum ist oder nicht. Um für die Polizei und die Bevölkerung klare Regeln aufzustellen, fordert er eine Klarstellung der Lage aus dem Ministerium.
Bisher durfte die Polizei auch, wenn sie etwa wegen Lärmbelästigung gerufen wurde, bei private Veranstaltungen nicht wegen einer Verletzung der Corona-Maßnahmen strafen. In Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Oberösterreich darf sie das, wenn die Veranstaltung im Gartenhäuschen stattfindet.
Ob diese Maßnahmen richtig und notwendig sind, darüber sind sich Experten und Juristen uneinig. Der Gesundheitsminister und der Bundeskanzler schweigen zum Eingriff in den Privatbereich, den ihre Parteikollegen vorlegen.
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