Die Kurz-Strache-Regierung führt 2019 den „Familienbonus“ als Prestige-Projekt ein: Ein Geldgeschenk für gut verdienende Familien. ÖVP und Grüne regeln ihn jetzt neu. Allerdings vertiefen sie den Graben zwischen armen und begüterten Kindern weiter. 166.000 Kinder bekommen gar nichts aus dem Familienbonus, wie eine aktuelle Studie zeigt. Familien mit hohem Haushaltseinkommen bis zu 5.200 Euro pro Jahr. Die Kosten für diesen „Bonus“ tragen arme Familien als Konsument:innen aber genauso.
2019 hat die schwarz-blaue Regierung den „Familienbonus“ eingeführt. Das Prinzip: Je höher das Einkommen, desto mehr Geld gibt es pro Kind. Denn es handelt sich beim Familienbonus um einen Steuerbonus. Das heißt: Nur, wer genug Geld verdient, kann auch die volle Summe vom Staat in Form des Steuerbonus bekommen. Wer weniger verdient, bekommt nichts fürs Kind.
Die Regierung Kurz-Kogler wird den Familienbonus reformieren – aber nicht zum Guten. Statt den Unterschied zwischen großen und kleinen Einkommen zu verringern oder aufzuheben, wird er sogar noch größer. Die Regierungsparteien wollen die Geldsumme pro Kind erhöhen, allerdings nicht für jedes Kind.
Die Stoßrichtung ist: Wer viel hat, kriegt viel mehr. Wer wenig hat, kriegt ein bisschen mehr. Wer nichts hat, bekommt weiterhin nichts.
Bisher gab es für kleine Einkommen einen Familienbonus in der Höhe von 250 Euro und für die Spitzenverdienende bis zu 1.500 Euro. Ab Jänner 2022 werden daraus 350 bzw. 1.750 Euro. So steht es im Regierungsprogramm von Schwarz und Grün. Laut Finanzministerium kostet dieses Geldgeschenk 350 Millionen Euro, von denen die beiden obersten Einkommens-Fünftel überproportional profitieren. Wer nichts verdient, Mindestsicherung bezieht oder auf Jobsuche ist, bekommt gar nichts. Für keines seiner Kinder.
Damit kostet der „Familienbonus“ die Steuerzahler:innen in Summe fast 2 Milliarden Euro pro Jahr. Zum Vergleich: Mit der selben Summe könnte man – anders verteilt – dafür sorgen, dass kein einziges Kind in Österreich in Armut aufwachsen müsste. Das Modell „Kindergrundsicherung“ der Volkshilfe sieht nämlich vor, dass genau anders herum verteilt wird: Wer besonders viel hat, bekommt wenig – wer arm ist, bekommt mehr. Damit jedes Kind gut und finanziell sicher aufwachsen kann.
Jene Eltern von drei Kindern, die gemeinsam 3.000 Euro brutto im Monat verdienen, bekommt nach dem neuen Modell 2020 um satte 750 Euro mehr als davor: Also bis zu 5.250 Euro. Familien mit drei Kindern mit einem Haushaltseinkommen von 1.500 Euro haben vom neuen Modell gar nichts: Sie erhalten 0 Euro mehr als im alten Modell.
Der Grund : Wer viel verdient, hat auch eine hohe Steuersumme, auf die viel Familienbonus gutgeschrieben werden kann. Wer wenig verdient und damit weniger Steuern zahlt, hat automatisch ein Limit für den Familienbonus. Wer nicht mehr als 350 Euro Steuern bezahlt, bekommt ab dem zweiten Kind kein Geld mehr.
Eine einzige Ausnahme gibt es für AlleinverdienerInnen: Sie können unabhängig von der Einkommenshöhe 350 Euro pro Kind beantragen.
Eine aktuelle Studie zeigt jetzt: Kinder aus dem untersten Einkommenszehntel steigen am schlechtesten aus. Für sie hatten ÖVP und FPÖ nichts übrig, aber auch jetzt die Grünen nicht. Tamara Premrov und Michael Fuchs vom Europäischen Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung haben berechnet, dass 73 Prozent aller Kinder den Familienbonus in voller Höhe bekommen und weitere 8 Prozent teilweise was vom Familienbonus haben. 10 Prozent aller Kinder kommt der Mindestbetrag für Alleinverdiener zugute.
Doch 166.000 Kinder bekommen keinen Cent aus dem Familienbonus.
„Der Familienbonus bleibt auf die Mittelschicht zugeschnitten“, erklären Premrov und Fuchs ihre Ergebnisse. Er ist kein Instrument, um Kinderarmut zu bekämpfen.
2020 wachsen in Österreich 370.000 Kinder in Armut auf oder sind davon akut bedroht – das sind so viele Kinder, wie Vorarlberg Einwohner hat. Die SPÖ fordert, dass jedes Kind gleich viel Bonus erhalten soll. So würden auch jene Kinder unterstützt, die die Hilfe am dringendsten benötigen.
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