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Staatsanwaltschaft: FPÖ „verwechselt“ Supermarkt-Lehrling mit Terror-Sympathisanten

Die FPÖ beschuldigte einen Lehrling, eine Terrororganisation zu unterstützen. Sie attackierten den oberösterreichischen Landesrat Rudi Anschober. Er setzte sich für einen Terrorsympathisanten ein und stelle ihn als Musterlehrling dar. Doch die Beschuldigungen waren haltlos und die FPÖ wurde jetzt zu einer Strafzahlung von 12.000 Euro verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die FPÖ hat Berufung angekündigt. Der Fall im Überblick.

Es geht um einen jungen Asylwerber, der in einer Supermarktkette in Neumarkt in Oberösterreich eine Lehre absolviert. Bundespräsident Alexander Van der Bellen besuchte ihn und damit gelangte sein Fall in die Medienöffentlichkeit. Bei dem Besuch ging es um junge Asylwerber, die in der Wartezeit auf den Asylbescheid eine Lehre in einem Mangelberuf absolvieren. In der Bevölkerung gibt es große Sympathien gegen über diesen Jugendlichen – so stehen ihnen 75 Prozent der Österreicher positiv gegenüber. Das ist der FPÖ ein Dorn im Auge und so versuchten sie durch den jungen Lehrling das Thema negativ zu besetzen.

Falsche Vorwürfe, absurde Beweise

Die FPÖ versuchte den jungen Mann in die Nähe von islamischen Terror zu bringen. Der Oberösterreichische FPÖ-Obmann Haimbuchner warf dem Lehrling „radikal islamische Umtriebe“ vor. Weil ihm angeblich eine islamische Terrormiliz auf Facebook gefällt. Nur: Auf dem Profil des Lehrlings E.H. ist nichts von dieser Unterstützung zu sehen. Die FPÖ-nahe Zeitschrift unzensuriert, die den Fall breitenwirksam aufgedeckt hat, verlinkt auf ein ganz anderes Profil.

Richtig gelesen:

Als Beweis dafür, dass E.H. mit einer Terrormiliz sympathisiert, dient ein Profil eines anderen Menschen. Den E.H. wahrscheinlich noch nie in seinem Leben gesehen hat. Die Person sieht ihm nicht einmal ähnlich und lebt auch nicht in Neumarkt. Sondern angeblich in Wien.

Schmutzige Kampagne

Aber damit nicht genug. Selbst FPÖ-Landtagsabgeordneter Leo Kohlbauer gab gegenüber der Wiener Zeitung zu, dass man nur verpixelte Fotos habe und man eigentlich nicht weiß, ob E.H. tatsächlich mit jener islamistischen Organisation sympathisiert.

Trotz dieser Unklarheiten und dem Fehlen jeglicher Beweise ist die FPÖ an die Öffentlichkeit gegangen. Zeitungen wie die Kronen Zeitung zogen mit und berichteten mehrere Tage hintereinander breit über die Vorwürfe.

Vizekanzler Strache teilte den Artikel auf seiner Facebook-Seite, auf Krone.at war er der zweit meistgelesene Artikel des Tages. Nach begründeten Zweifeln an der FPÖ-Darstellung deutete die Kronen Zeitung im letzten Absatz einer ausführlichen Geschichte an, dass es für die Vorwürfe keine Beweise gibt. Mittlerweile wurde die Korne vom österreichischen Presserat gerügt, der mehrere Verstöße gegen den Ehrenkodex der Presse feststellte.

Drei Tage später bestätigte die Staatsanwaltschaft: Die FPÖ hat die Facebook-Profile „vewechselt“. Der Supermarkt-Lehrling auf dem Bild mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist nicht der Facebook-User, der eine der Hisbollah nahestehende Gruppe auf Facebook liked.

FPÖ gibt zu gelogen zu haben, entschuldigt sich aber nicht bei Lehrling

Nach dieser Erkenntnis der Staatsanwaltschaft ruderte auch die FPÖ zurück. Sie verschickten eine Richtigstellung und gaben zu, die Vorwürfe waren unwahr. Eine echte Entschuldigung findet sich darin aber nicht. Florian Klenk vom Falter vermutet hinter dieser Richtigstellung viel eher juristische Gründe.

Kritik an Gudenus und der FPÖ kam auch von Bert Brandstetter (Katholische Aktion) und Franz Kehrer (Direktor der Caritas in Linz). Mit der „öffentlichen Kriminalisierung“ eines jungen, unschuldigen Asylwerbers ist für sie „ein weiterer Tiefpunkt erreicht“ worden. Mit Aktionen wie diesen würde die FPÖ, meint Brandstetter, das gesellschaftliche Klima vergiften.

Strache und die Hisbollah

Während der betroffene Lehrling also keine Sympathien für jene Organisation hat, die der Hisbollah nahesteht, war es übrigens FPÖ-Obmann Strache, der sich vor einigen Jahren mit der Hisbollah treffen wollte.

FPÖ muss 12.000 Euro Strafe zahlen

Die FPÖ musste schließlich einsehen falsche Behauptungen geäußert und illegal gehandelt zu haben und einigte sich mit dem Lehrling auf einen Vergleich, über den Stillschweigen vereinbart wurde. Die FPÖ attackierte aber auch den oberösterreichischen Landesrat Rudi Anschober und war ihm vor einen Terrorsympathisanten zu unterstützen und ihn als „Musterlehrling“ darzustellen. Anschober klagte und bekam recht. Die FPÖ wurde zu einer Strafzahlung von 12.000 Euro wegen übler Nachrede verurteilt. Anschober hat angekündigt mit dem Geld einen Rechtshilfefonds für Lehrlinge gründen. Die FPÖ wird Berufung einlegen.

 

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1647 Stimmen
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12. März 2024
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Kontrast Redaktion

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