Die FPÖ hat vor der Neuwahl ein neues Wirtschaftsprogramm vorgestellt. Herausgekommen sind Angriffe auf Normal- und Niedrigverdiener. Der Sozialstaat soll abgebaut werden, Ausgaben für Gesundheit, Soziales und Bildung reduziert werden. Gleichzeitig soll die Mehrwertssteuer erhöht werden. Im Gegenzug will die FPÖ Steuererleichterungen für Großverdiener und Unternehmer, die Bankenregulierung aufweichen und die Vertretung von Arbeitnehmern schwächen.
Das 53 Seiten dicke Wirtschaftsprogramm der FPÖ ist ein einziges Plädoyer für den Neoliberalismus. Alle Probleme – ob real oder nur vermeintlich – haben dieselbe Ursache: den Staat und seine Leistungen. Damit schlägt die FPÖ in dieselbe Kerbe wie die Neoliberalen aller Länder. Und das in einer Zeit, in der klassischerweise neoliberale Institutionen wie der IWF ihre Rezepte bereits offen in Frage stellen, weil ihre negativen Folgen unübersehbar sind: die Ungleichheit nimmt zu und das Wachstum schwächelt dahin.
Ob im Gesundheitsbereich, im Förderwesen, bei den Pensionen – die FPÖ will kürzen. Von der zunehmenden sozialen Ungleichheit lesen wir im Programm gar nichts. Schlechte Arbeitsbedingungen, Aushebelung der Kollektivverträge, Umgehung von Mindestlöhnen – über all das schweigt die FPÖ oder trägt mit ihren Forderungen noch dazu bei.
Das Zentrum des Programms bildet der Vorschlag, Steuern zu senken. Ganze 12 Milliarden Euro will die FPÖ einsparen.
Dabei hat die FPÖ weder durchschnittliche Arbeiter und Angestellte, noch arme Menschen im Blick. Es sind die Unternehmer und Besserverdienende, die von den Reformen profitieren würden. So sollen etwa die Körperschaftssteuer (KöST) für nicht entnommene Gewinne und die Mindest-KöST abgeschafft werden, auch steuerliche Begünstigung für Dienstautos will man sich leisten.
Bei der Gegenfinanzierung will die FPÖ „vermehrt auf indirekte Steuern“ setzen – das heißt eine Erhöhung der Mehrwertsteuer.
Die Erhöhung der Mehrwertsteuer trifft vor allem mittlere und niedrige Einkommen, die einen großen Teil ihres Einkommens auch wieder für Wohnen, Essen oder Kleidung ausgeben und dafür Mehrwertsteuer zahlen. Die Steuererleichterung, die man damit finanzieren will, entlastet hingegen hohe Einkommen.
Ein Arbeiter, der das Durchschnittseinkommen erhält, zahlt etwa 100 Euro Lohnsteuer pro Monat – er wird durch eine Steuersenkung kaum entlastet. Auch von der Senkung der Unternehmenssteuer hat eine durchschnittlicher Arbeitnehmer nichts – die Erhöhung hingegen macht jeden Einkauf im Supermarkt erheblich teurer.
Weitere Gegenfinanzierungen sollen aus den Bereichen Gesundheit, Bildung und Soziales kommen: durch massive Einschnitte.
Fast 4 Milliarden Euro will die FPÖ bei Sozialausgaben einsparen, 1 Milliarde im Gesundheitssystem, 1 Milliarde bei der Sozialversicherung und fast 2 Milliarden durch Kürzungen bei Förderungen.
Die FPÖ schützt vor, dies über Einsparungen in der Verwaltung bewerkstelligen zu wollen. Die Verwaltungskosten bei den Sozialversicherungen betragen jedoch selbst bloß etwas mehr als 1 Milliarde Euro. Will man also tatsächlich 1 Milliarde Euro einsparen, müssten auch massiv Leistungen gekürzt werden. Die Steuergeschenke an die Oben werden also durch Einschnitte bei Sozial- und Gesundheitsleistungen für alle finanziert. Die FPÖ nennt das „soziale Optimierung“.
Der größte Posten bei den Sozialausgaben sind die Pensionen, und hier will die FPÖ auch kürzen: Das Pensionsalter soll erhöht und an die Lebenserwartung angepasst werden. Was die FPÖ nicht sagt: Wer schwer für wenig Geld gearbeitet hat, stirbt bis zu zehn Jahre früher als wohlhabende Menschen. Menschen mit wenig Einkommen, die ihr Leben lang Pensionsbeiträge zahlen, finanzieren im Grunde die Pension der Wohlhabenden, die länger leben – durch eine Pensionsautomatik verschärft sich das weiter.
Soziale Ungleichheit existiert für die FPÖ nicht. Nicht ein einziges Mal wird erwähnt, dass Vermögen gerade explodieren, während die Reallöhne gleichbleiben.
Die Erbschaftssteuer ab einer Million Euro lehnt die FPÖ ab. In ihren Augen ist es sozial ungerecht, dass Menschen, die Beträge über 1 Million Euro erben, Steuern zahlen.
Wer zwei Kinder hat und kontinuierlich 30 Jahre spart, muss – selbst bei ausgesprochen guten Zinsen – deutlich mehr als 4000 Euro pro Monat sparen, damit bei einem Freibetrag von einer Million überhaupt 1 Euro Steuern zu zahlen wäre. Für Normalverdiener vollkommen unrealistisch.
Erbschaften ab einer Million würden gerade einmal 1 Prozent (!) der Bevölkerung betreffen. Dieses reichste Prozent vor eine solidarischen Beitrag schützen zu wollen, ist der einzige Grund, gegen eine Erbschaftssteuer zu sein.
Ins Visier der FPÖ ist auch die Arbeiterkammer geraten. Die FPÖ will die Pflichtmitgliedschaft in den Arbeiterkammern beenden.
Eine Schwächung der AK bringt den Abbau von Arbeitsrechten und erleichtert die Durchsetzung neoliberaler Politik ohne Widerstände. Die FPÖ weiß: Die freiwillige Mitgliedschaft in der Arbeiterkammer ist eine hohe Schwelle. Und gerade Menschen, die wenig über die AK wissen, würden eher verzichten, freiwillig beizutreten. Und genau das will man: Wer über wenig Ressourcen verfügt, kann sein Rechte dann kaum mehr einfordern und ist den übermächtigen Wirtschaftsinteressen schutzlos ausgeliefert.
Denn: An den Beiträgen kann es nicht liegen. Diese bemessen sich an der Einkommenshöhe, sind aber mit 14 Euro pro Monat gedeckelt. Gleichzeitig erstreiten die Arbeiterkammern für ihre Mitglieder nachweislich mehr, als sie ihnen kosten – im Jahr 2016 um ganze 100 Millionen Euro.
Besonders erstaunlich ist das Plädoyer für die Aufweichung der „Basel III“-Richtlinie der EU. In Reaktion auf die Finanzkrise nach 2007 wurden 2010 strengere Vorschriften für große Banken beschlossen. Insbesondere die Anhebung der Eigenkapitalquote sollte das internationale Finanzsystem stabilisieren und neuerliche Krisen wie 2007 verhindern.
Seither fällt es Banken schwerer, einen finanzpolitisch aggressiven Kurs zu fahren. Und das Risiko der Steuerzahler, im Notfall für Pleite-Banken haften zu müssen, ist reduziert. Aber genau diese Reglement will die FPÖ wieder aufweichen – wie sich das die Banken wünschen.
Das gesamte Programm ist von einer ideologischen Annahme geprägt: Österreich ‚versandelt’ und schuld daran ist der Staat. Diese Ideologie hat die Aufgabe, den Neoliberalismus des Programms zu rechtfertigen.
Zum „Beleg“ greift die FPÖ auf Manager-Rankings und Manager-Magazine zurück, deren Seriosität sich daran zeigt, dass Länder wie Botswana, Ghana und Indien deutlich vor Österreich liegen.
Wahr ist vielmehr: Österreich steht nach schwierigen Jahren in Folge der Wirtschaftskrise heute gut da: Österreichs Wirtschaft läuft, die Arbeitslosigkeit sinkt, das Wachstum ist höher als in den meisten anderen EU-Ländern, wie das WIFO erst im August wieder in seiner Konjunkturprognose festgestellt hat.
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