Korruption

„Das Programm ist echt geil“: ÖVP verhinderte Recht auf Nachmittagsbetreuung – und belügt jetzt die Bevölkerung

Die öffentlich gewordenen Chats der Kurz-Affäre zeigen: Sebastian Kurz blockierte 1,2 Milliarden Euro für den Ausbau der Nachmittagsbetreuung mit Rechtsanspruch. Nur damit die Regierung Kern-Mitterlehner keinen Erfolg feiern konnte. Dieser Chat schmerzt die ÖVP so sehr, dass ihr Generalsekretär nun ausrückt und Lügen erzählt. Ein Faktencheck.

Die ÖVP versucht jetzt die Chats umzudeuten, die Sebastian Kurz nicht nur juristisch schwer belasten. Denn neben dem Tatverdacht der Untreue und Bestechlichkeit stellt sich auch die Frage der politischen Verantwortung. Die Chats zeigen, dass Kurz und sein engster Kreis die Abschaffung der kalten Progression und den Ausbau der Nachmittagsbetreuung mit Rechtsanspruch um 1,2 Milliarden Euro verhinderten. Sie zeigen wie Kurz und Co mit gefälschten Umfragen die öffentliche Meinung zu ihren Gunsten manipulieren wollten. Doch das Öffentlich Werden der Chats führte zu keinem Wechsel im Umgang mit der Wahrheit. Im Gegenteil: ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior rückt mit einer Neuinterpretation der Chats aus, die nachweislich falsch ist.

Es ging nie um eine verpflichtende Ganztagsschule

Melchior behauptet gegenüber der Krone, die Chats zur Kinderbetreuung werden „offenbar bewusst verdreht, nur weil sich Sebastian Kurz gegen die verpflichtende Ganztagsschule“ einsetzte. Melchior meint damit diesen Chat zwischen Kurz und Thomas Schmid:

Der Chat für sich genommen, zeigt schon, dass es der ÖVP-Generalsekretär ist, der hier etwas verdreht. Schließlich bezeichnet Thomas Schmid die Maßnahme als „echt geiles Programm“.

Kerns Plan A hebt Freiwilligkeit hervor

Melchior verweist in seiner Argumentation auf den angeblichen Wunsch der SPÖ nach verpflichtenden Ganztagsschulen. Doch diesen Wunsch gab es nicht. Im Plan A von Christian Kern, der die Diskussion damals ins Rollen brachte, findet sich zum Ausbau der Nachmittagsbetreuung folgende Formulierung: „Damit sich Beruf und Familie vereinbaren lassen. Damit Integration gelingen kann. Damit das volle Potenzial unserer Kinder bereits frühestmöglich gefördert wird. Dieses Ziel erreichen wir durch den Rechtsanspruch auf Ganztags-Kinderbetreuung ab dem vollendeten 1. Lebensjahr, selbstverständlich freiwillig und ohne Zwang.

Trotz 12-Stunden-Tag strich die ÖVP die Nachmittagsbetreuung zusammen

Ab 2020 sollte es für jedes Kind einen Rechtsanspruch für ganztägige Betreuung ab dem 1. Lebensjahr geben. Dass es das heute nicht gibt, liegt allein an Sebastian Kurz. Gegen den Willen des damaligen Parteichefs Mitterlehner ließ Kurz den Rechtsanspruch scheitern und drückte die 1,2 Milliarden Euro für den Ausbau nach unten. Übrig blieben nach zähen Verhandlungen zuerst 750 Millionen Euro als schwarz-roter Komproiss. Doch dann kam es zu Neuwahlen: Kurz wurde Kanzler und Heinz Faßmann Bildungsminister. Sie präsentierten ein neues Bildungsinvestitionsgesetz: Die Mittel für die Nachmittagsbetreuung wurden weiter gekürzt. Am Ende blieb nur ein Drittel der Gelder des Ursprungsplans übrig.

Das passierte in einer Situation, als der Ausbau der Nachmittagsbetreuung umso dringender wurde. Die Regierung führte den 12-Stunden-Tag ein. Damit ermöglichte türkis-blau Arbeitszeiten, die mit dem vorhandenen öffentlichen Betreuungsangebot für Eltern unmöglich zu meistern sind.

Wo die ÖVP regiert, ist die Nachmittagsbetreuung schlechter

Die Auswirkungen von Kurz-Politik sieht man an der Kindertagesheimstatistik: Nur jeder 2. Kindergartenplatz in Österreich mit Arbeit in Vollzeit vereinbar – besonders krass ist es in jenen Bundesländern, die von der ÖVP regiert werden. Im schwarz-blau geführten Oberösterreich hat nur knapp jeder vierte Kindergarten neun Stunden am Tag geöffnet – in Wien liegt der Wert bei 95 Prozent.

 

 

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1691 Stimme
    58% aller Stimmen 58%
    1691 Stimme - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 16%, 453 Stimmen
    16% aller Stimmen 16%
    453 Stimmen - 16% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 358 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    358 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 271 Stimme
    9% aller Stimmen 9%
    271 Stimme - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 137 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    137 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2910
12. März 2024
×
Von deiner IP-Adresse wurde bereits abgestimmt.
Share
Kontrast Redaktion

Neue Artikel

Extrem – das will Kickl: Arbeiterkammer zerschlagen, Fahndungslisten für Andersdenkende, gegen Klimaschutz

Eine Frauenpolitik aus den 50ern, Zerschlagung der Arbeiterkammer und ein schleichender EU-Austritt: Das sind nur…

7. Mai 2024

FPÖ entlastet lieber Konzerne statt die Menschen: Das ist blaue EU-Klimapolitik

Das Europäische Parlament beschließt Gesetze zum Kampf gegen die Klimakatastrophe und zum Schutz der Menschenrechte:…

7. Mai 2024

So weit hinten wie noch nie: Österreich stürzt bei Pressefreiheit auf Platz 32 ab

Reporter ohne Grenzen (ROG) veröffentlichen jedes Jahr ein Ranking, wie es um die weltweite Pressefreiheit…

3. Mai 2024

AK-Wahlen: Sozialdemokratie gewinnt – Regierungsparteien verlieren

Die Fraktion der sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG) gewinnen trotz leichtem Minus die AK-Wahlen klar. In sieben…

3. Mai 2024

Die Familie Lopez aus Haslach: Bestens integriert, trotzdem abgeschoben!

2021 kam die Familie Lopez nach Haslach in Oberösterreich. Die Mutter fand schnell Arbeit als…

2. Mai 2024

Fast eine halbe Million Österreicher haben nicht genug zu essen

Armut in Österreich: Fast eine halbe Million Menschen können sich nicht genug zu essen leisten.…

2. Mai 2024