Migration & Asyl

Grüne stimmen gegen Rückkehr der abgeschobenen Mädchen und humanitäres Bleiberecht

Die Regierung hat die nächste Zerreißprobe bestanden. Doch innerhalb der Koalition dürfte es weiter brodeln. Die Grünen gaben erneut klein bei und stimmten bei Abstimmungen rund um das Bleiberecht von Jugendlichen mit der ÖVP. 

Nach der nächtlichen Abschiebung von Kindern aus Wien nach Georgien und Armenien haben SPÖ und Neos im Parlament Anträge eingebracht, die die Schülerinnen und Schüler zurück nach Österreich bringen sollten. Ein weiterer Antrag hätte die Bürgermeister und Landeshauptleute bei Entscheidungen über ein humanitäres Bleiberecht wieder stärker eingebunden, wie es bis 2014 der Fall war. Die SPÖ forderte die ÖVP-Grüne-Bundesregierung per Antrag auf,  „sich zum humanitären Bleiberecht zu bekennen und diese grausamen Abschiebungen zurückzunehmen“. Einem wortgleichen Antrag hatten die Grünen kurz zuvor im Wiener Gemeinderat zugestimmt.

Ursprünglich hieß es aus dem Grünen Klub, man werde gegen die Abschiebungen und für ein humanitäres Bleiberecht stimmen. Doch am Tag der Abstimmung kam die Klarstellung: Die Grünen werden den Anträgen von SPÖ und Neos in der Sondersitzung am Donnerstag nicht zustimmen.

„Der Grüne Klub wird nicht für einen folgenlosen Entschließungsantrag stimmen, der ohnehin keine Mehrheit erreicht“, erklärte die Grüne Klubvorsitzende Sigrid Maurer. Die Anträge, die abgeschobenen Mädchen wieder nach Österreich zurückzuholen, bezeichnete Maurer als Versuch der Opposition, „parteipolitisches Kleingeld zu wechseln“.

Obwohl ÖVP und Grüne im Regierungsabkommen für Fragen von Asyl und Migration einen koalitionsfreien Raum vereinbart hatten, wollten die Grünen diesen am Donnerstag scheinbar nicht nützen.

Kindeswohlkommission mit Irmgard Griss

Michel Reimon, einer der lautesten ÖVP-Kritiker in den Reihen der Grünen, hatte noch am Mittwoch auf Puls 24 erklärt, dass man „nicht den Eindruck“ habe, „dass die ÖVP fair und kooperativ war“. Dennoch fand die Koalition eine Einigung.

Kogler und Kurz einigten sich auf eine Kindeswohlkommission.

Als Zeichen an seine Kritiker hat Vizekanzler Werner Kogler angekündigt, eine „Kindeswohlkommission“ einzusetzen. Die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Irmgard Griss, soll gemeinsam mit Expertinnen und Experten analysieren, wie Kindeswohl in Behördenentscheidungen einfließt, erklärte Kogler. Doch die Gefahr ist groß, dass die Kommission zu einem zahnlosen Instrument verkommt. So bleibt unklar, auf welcher Rechtsgrundlage die Kommission und ihre Mitglieder Akteneinsicht in laufende Verfahren erhalten soll, wie die SPÖ-Abgeordnete Eva-Maria Holzleitner betont.

Misstrauensanträge gegen Nehammer abgelehnt

Auch bei den zwei Misstrauensanträgen gegen Innenminister Nehammer stärkten die Grünen dem Koalitionspartner den Rücken. Sowohl SPÖ als auch FPÖ brachten einen entsprechenden Antrag ein. Eine Seltenheit im Parlament: Sogar der langlährige ORF-Parlaments-Redakteur Claus Bruckmann könne sich nicht daran erinnern, dass gegen denselben Minister in derselben Sitzung zwei Misstrauensanträge eingebracht wurden. Die FPÖ erklärte ihren Antrag im Vorfeld damit, dass Nehammer die Corona-Demonstration am Wochenende verboten hatte.

Die SPÖ findet neben dem „herbeigeführten Demo-Desaster“ noch andere Gründe: Dass Kinder „als Ablenkung vom Corona-Chaos“ abgeschoben würden, dass die Moria-Hilfen als „Schauspiel für die Medien“ inszeniert waren, dass der Terroranschlag in Wien nicht verhindert worden war und dass das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) im „Chaos“ versinke.

 

Richtigstellung: In diesem Artikel wurde irrtümlich Christoph Takacs als Parlamentskorrespondent zitiert. Das ist unrichtig und wurde nachträglich richtiggestellt.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1633 Stimmen
    58% aller Stimmen 58%
    1633 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 16%, 435 Stimmen
    16% aller Stimmen 16%
    435 Stimmen - 16% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 346 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    346 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 256 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    256 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 133 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    133 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2803
12. März 2024
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Kontrast Redaktion

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