Die Politik der Bundesregierung produziert Probleme, die wir in 10 Jahren nur mehr schwer bändigen können: Die Folgen von Armut und Perspektivenlosigkeit werden unsere Großstädte erfassen, die bislang von Bandenkriminalität und No-Go-Gebieten verschont blieben. Denn statt Migration zu steuern, was ein legitimes Anliegen jedes Staates ist, hat sich die Regierung einer Aufgabe verschrieben: Den hier lebenden Migranten das Leben so schwer wie möglich zu machen. Statt sie so schnell wie möglich zu integrieren. Dabei verwirft sie Werte wie Mitgefühl und Vernunft und bereitet den Boden für gefährliche Phänomene. Ein paar besinnliche Gedanken für die Schwarzen unter den Türkisen.
Als „Mutter aller Probleme“ bezeichnete der deutsche Innenminister Hort Seehofer die Migration. Die durchsichtige aber effektive Strategie hinter dieser Darstellung besteht darin, sämtliche gesellschaftliche Herausforderungen auf eine Ursache zurückzuführen. In Österreich ist die Seehofer-These unter der türkis-blauen Regierung zur Staatsdoktrin geworden. Für die Betroffenen sind die offen schikanösen Maßnahmen der Regierung zunehmend existenziell bedrohend:
Die Verschlechterung der Lebens-Chancen von tausenden Kindern und Jugendlichen – mit und ohne Migrationshintergrund – wird in Kauf genommen. Diese Politik führt zu mehr Armutsanfälligkeit, Verwahrlosung und lokaler Verelendung. Aus sozialer Segregation wird Ghettoisierung. Das bereitet den Boden für Drogenmissbrauch, Glücksspielsucht, Kriminalität sowie ideologische und religiöse Irrwege. Werden Integrationsmaßnahmen eingeschränkt und Sozialleistungen an Herkunft und Deutschkenntnis gekoppelt, sind MigrantInnen von diesem sozialen Zerfall überdurchschnittlich betroffen. Das erleichtert es Rechtspopulisten und Boulevardmedien, soziale Problem in ethnische Konflikte umzudeuten. Das wiederum zieht eine Politik sozialer Kürzungen nach sich.
Geht die Abwärtsspirale so weiter, wird es innerhalb von ein bis zwei Jahrzehnten in österreichischen Städten verwahrloste Straßenzüge, soziale und ethnische Ghettos, hohe Obdachlosigkeit, Bandenkriminalität und No-go-Areas geben – Phänomene des sozialen Zerfalls, vor denen wir bisher verschont waren. Wir hätten Verhältnisse, die wir nur aus der Berichterstattung über Metropolen an anderen Orten der Welt kennen.
Die Schlechterstellung von Neuankömmlingen wird oftmals damit argumentiert, dass großzügige Integrationsmaßnahmen einen Pull-Effekt darstellen, das heißt gute Bedingungen – vor allem Bereich sozialer Leistungen – würden die Migration ins Land befördern. Doch wer Geflüchtete persönlich kennt, weiß: die Rolle von Sozialleistungen wird überschätzt. Vielen fehlt das institutionelle Verständnis für einen Wohlfahrtsstaat, er bietet keinen zusätzlichen Anreiz. Frieden und Sicherheit, gute Infrastruktur, eine prosperierende Wirtschaft, gute Chancen am Arbeitsmarkt (dank des kontinuierlichen Beschäftigungswachstums) und das wohl höchstmögliche Maß an persönlicher Freiheit sprechen für Österreich. Da braucht es keine „Werbung“ durch Sozialleistungen.
Es gibt nachvollziehbare Gründe, darüber zu diskutieren, wie man Migration steuert und einschränkt. Das erreicht man aber nicht damit, dass man den Menschen und ihren Kindern, die hier bei uns sind, das Leben schwer macht. Und damit unsere eigenen Werte mit Füßen tritt, die Grundlagen unserer Kultur, die alle Eltern ihren Kindern mit auf den Weg geben wollen: Nicht auf Schwache losgehen und nicht mitmachen, wenn andere es tun. Die Grundlage dafür ist Mitgefühl. Diese einfache Gefühlsregung ist Kernbestandteil sämtlicher Weltreligionen, philosophische Grundlage der Aufklärung sowie der Spirit der Erklärung der Menschenrechte. Mitgefühl ist nicht ausreichend, um Probleme zu lösen, aber bei jeder Lösung sollte eine Portion Mitgefühl im Spiel sein.
Es soll ja Menschen geben, die nie sonderlich empathisch waren, oder denen ihr Mitgefühl im Laufe ihrer Karriere abhanden gekommen ist. Dann bleibt aber immer noch die eigennützige Vernunft, die auch kein schlechter Ratgeber ist. Sie ist der rationale Kern der Aufklärung und funktioniert vereinfachten nach dem Motto: „Behandle mich so, wie du von mir behandelt werden möchtest“. Was sagt die eigennützige Vernunft in Bezug auf Integration? Sie besagt, dass es besser ist, Probleme präventiv zu verhindern, als im Nachhinein den entstandenen Schaden zu lindern.
Das bedeutet, als Gesellschaft Neuankömmlinge nicht mit Desinteresse und Ablehnung, sondern mit Zeit, Ressourcen und Aufmerksamkeit zu bedenken. So lernen diese rascher Deutsch, werden besser qualifiziert für den Arbeitsmarkt (der wichtigsten Integrationsmaschine in einer Arbeitsgesellschaft) und fühlen sich anerkannt und akzeptiert. Das immunisiert gegen Segregation, Verarmung, Abschottung sowie ideologische und religiöse Irrwege.
Eine Politik, die Integration behindert statt sie zu befördern, zeigt nicht nur kein Mitgefühl, sondern sabotiert auch die eigennützige Vernunft. Sie produziert erst viele jener Probleme, die sie zu bekämpfen vorgibt.
Das ist gewissenlos und unvernünftig gleichzeitig. Es gefährdet den langfristigen sozialen und gesellschaftlichen Frieden in Österreich. Wenn eine ehrwürdige Traditions- und Staatspartei wie die österreichische Christdemokratie Lösungen sucht, sollte man erwarten dürfen, dass Mitgefühl und Vernunft zumindest im Spiel sind.
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