Am Mittwoch hat Sebastian Kurz sein Programm für den österreichischen Ratsvorsitz in der EU vorgestellt. Doch die Reaktion der EU-Abgeordneten war nicht wie erhofft. Österreichs Kanzler wurde Opportunismus und Nationalismus vorgeworfen. Sein größter Kritiker war Guy Verhofstadt, der Chef der Liberalen Fraktion im EU-Parlament.
Am 3. Juli 2018 hat Sebastian Kurz seine große Rede im EU-Parlament gehalten. Anlass ist der österreichische Ratsvorsitz in der EU, Kuz hat das Arbeitsprogramm vorgestellt. Hauptthema ist „weniger Migration“. Das Motto lautet: „Europa, das schützt“. Gemeint ist damit: Eurpas Außengrenzen dicht machen und Flüchtlinge abweisen.
Dafür schlug Kurz heftige Kritik entgegen. Besonders vom belgischen Abgeordneten Guy Verhofstadt. Er ist liberaler Politiker und leitet die Fraktion ALDE im Europäischen Parlament.
Verhofstadt kritisiert Kurz dafür, den mehr als deutlichen Rückgang von Flüchtlingen in Europa – und Österreich – zu vertuschen.
„Schauen Sie auf die Zahlen, bevor Sie Angst in der Öffentlichkeit verbreiten“, so Verhofstadt.
2015 gab es mehr als eine Million Überfahrten im Mittelmeer. Die Zahl ist im Jahr 2016 auf 360.000 gesunken. 2017 waren es 170.000. Und jetzt in den ersten sechs Monaten des Jahres 2018: 45.000 Überfahrten über das Mittelmeer.
Das sind 0,07 Prozent des weltweiten Migrationsstroms.
Der Streit um Flüchtlinge ist für den liberalen Politiker eine politische Entscheidung. „Eine opportunistische Entscheidung“, für die Kurz und seine Verbündeten in Europa wie Salvini in Italien und Seehofer in Deutschland verantwortlich sind. Anstatt an einer europäischen Gesamtstrategie bei der Migration zu arbeiten, betreiben Politiker wie Kurz, Seehofer (Deutschland), Orbán (Ungarn) und Salvini (Italien) laut Verhofstadt opportunistische Politik. Geht es um Flüchtlinge, gilt für sie: Egal, wohin mit ihnen, nur nicht in mein Land. Lösung ist das keine. Es zeigt sogar, dass die vermeintlichen Bündnispartner nicht einmal miteinander solidarisch sind.
„Salvini hat das Problem ausgelöst, das wir jetzt haben. Und Herr Salvini hat eine sehr einfache Meinung. Er sagt: „Nicht in Italien. Gebt sie nach Deutschland! Gebt sie nach Österreich!
Und Herr Orbán, ein Freund von Herrn Salvini, sagt: „Nein, nein, nein, nicht in Ungarn“ Geben wir sie nach Italien! Oder wir schieben sie nach Deutschland. Oder warum nicht nach Österreich?“
Und Ihr Freund, Herr Seehofer, hat auch eine Meinung. Er sagt: „Nein, nein, nein. Nicht in Deutschland! Lasst sie uns zurück nach Italien abschieben! Oder doch nach Ungarn. Oder vielleicht in Ihr Land, nach Österreich!“
Und Sie sagen – Sie haben es ja bereits gesagt: „Sie wollen sie nicht in Österreich. Sie wollen, dass die Menschen in Italien bleiben. Oder in Deutschland. Oder, dass sie nach Ungarn geschickt werden. Sehen Sie, wo das Problem ist, Herr Kanzler Kurz?
Das Problem in Europa ist, dass der einzige Konsens, worüber man sich im Rat, mit den Staatschefs, worüber Sie sich mit Ihren Freunden heute einigen können, ist: „Nicht bei mir!“ Das ist der einzige Konsens, auf den Sie sich einigen können.
Das ist der Skandal in Europa! Reden Sie nicht über Migranten! Das jetzt ist eine politische Krise auf dem Rücken der Migranten! (…) Ich ersuche Sie, die europäische Karte zu spielen!“
Das Ergebnis der Nicht-Lösung der Migrationsfrage: Kurz, Strache und Kickl warnen davor, dass die Südgrenze Österreichs besonders geschützt werden muss. Denn nationale Alleingänge Deutschlands haben Konsequenzen für Österreich. Abermals warnen ÖVP und FPÖ vor Flüchtlingen. Dabei zeigt eine nüchterne Rückschau: Die Zahlen der Asylanträge in Österreich haben sich innerhalb von zwei Jahren massiv reduziert.
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