Marlene Engelhorn wird bald zu den reichsten Menschen Österreichs gehören. Allerdings nicht lange. Denn die Millionen-Erbin hat vor, einen Großteil ihres Erbes zu spenden. Und sie fordert – gemeinsam mit anderen Reichen – endlich fair besteuert zu werden.
Die Entscheidung, bis zu 90 Prozent ihres Erbes zu spenden, traf die Germanistikstudentin und angehende Multimillionärin, sobald ihr angekündigt wurde, dass sie von ihrer Großmutter erben würde – vermutlich einen zweistelligen Millionen-Betrag. „Weil in Österreich Macht und Lebenschancen wahnsinnig ungleich verteilt sind,“ erklärt Marlene Engelhorn im ORF-Gespräch. 1 Prozent der Bevölkerung besitzt die Hälfte des Vermögens. Zu diesem einen Prozent wird Engelhorn gehören – „und ich musste dafür nicht arbeiten“, sagt sie. Durch das „Geburtenglück“, reich zu erben, fühlt sie sich verantwortlich, ihr Vermögen „radikal zu teilen und einen sinnvollen Beitrag zu leisten“.
Selbst Pandemie und Wirtschaftskrisen können den Reichsten der Gesellschaft nichts anhaben. Viele haben sogar von den Krisen profitiert. Absurderweise gerade weil die Wirtschaft eingebrochen und der Staat eingesprungen ist. Während der Staat – und damit die Steuerzahler:innen Wirtschaftshilfen finanziert haben, konnten reiche Aktionäre entspannt zusehen, wie die Aktienkurse stiegen und sich ihre Depots füllten. Vermögen bedeutet aber nicht nur Wohlstand und Sicherheit – sondern auch Macht.
Auch Marlene Engelhorn findet das problematisch: „Es kann nicht sein, dass in einer Demokratie meine Stimme mehr wert ist als die einer anderen Person, weil ich mir den Einfluss auf die Politik und die Wirtschaft leisten kann“, findet sie.
Das Glück, Teil einer vermögenden Familie zu sein und schon vor dem Tod der Großmutter finanziell abgesichert zu sein, nutzt sie für den guten Zweck. Die Studentin unterrichtet Deutsch, Englisch und Französisch. Zusätzlich ist sie Obfrau eines Vereins, der Menschen in Moldau im Winter mit Holzspenden versorgt.
Doch eigentlich gefällt Engelhorn die Rolle als reiche Gönnerin nicht. Die junge Frau sieht das Vorhaben, das Millionen-Erbe nicht für sich zu behalten, als Freiheit – „die Freiheit, nicht zu konsumieren, sondern das Geld zu teilen.“ Dass sie dabei allein entscheidet, was mit dem Geld passiert, findet die zukünftige Erbin allerdings falsch.
Gemeinsam mit anderen Vermögenden ist Engelhorn Teil der Initiative „taxmenow“. Die Superreichen, die sich laut Eigenangaben aus Erb:innen, Unternehmer:innen, Kapitalanleger:innen zusammensetzen, wollen mit ihrer Forderung für mehr Gerechtigkeit sorgen. Diese fordert eine Vermögenssteuer für Millionen- und Milliardenvermögen sowie strengere Regeln gegen Steuerhinterziehung und Steuertricks. Eine kräftige Vermögenssteuer für das oberste ein Prozent würde dafür sorgen, dass der Vermögens-Überfluss demokratisch und transparent verteilt würde. Dass Superreiche ihr Vermögen in Steueroasen bunkern, muss sich ändern.
61 Vermögende haben bisher die Forderungen von „taxmenow“ unterzeichnet. Mit dem Wunsch, selbst höher besteuert zu werden, ist Engelhorn und die übrigen 60 jedoch in der Minderheit.
In Österreich wollte SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina diese 1993 reformieren, weil der Großteil Unternehmen, und nicht Reiche traf – diese konnten ihr Vermögen durch das Bankengeheimnis schützen. Lacina schaffte die Vermögenssteuer ab, mit der ÖVP war vereinbart, stattdessen Grund und Erbschaft höher zu besteuern. Diese Abmachung hat der Koalitionspartner nicht gehalten, und so wurde die Vermögenssteuer ersatzlos gestrichen.
In Deutschland ist die Vermögenssteuer zwar formal in Kraft, wird aber seit 1997 nicht mehr erhoben. Damals urteilte das deutsche Bundesverfassungsgericht, dass Vermögen und Immobilienbesitz nicht ungleich besteuert werden dürfe. Anstatt die Steuern anzupassen, beschloss die CDU/CSU-FDP-Regierung unter Helmut Kohl, schlicht keine Vermögenssteuern mehr einzufordern. Ähnliches ist in Österreich mit der Erbschaftssteuer passiert: Statt die Ungleichbehandlung bei der Bewertung von Grundstücken, die zur Aufhebung durch den VfGH geführt hatte, zu reparieren, ließ die Regierung Gusenbauer mit ÖVP-Finanzminister Molterer das Gesetz auslaufen.
Die Forderungen von Marlene Engelhorn und „taxmenow“ finden in der Bevölkerung eigentlich großen Zuspruch. Wie eine Analyse des Momentum Instituts zeigt, sprechen sich in Österreich seit 2009 fast immer mehr Befragte für als gegen Vermögenssteuern aus. Diese klare Position findet aber keinen Eingang in Gesetzgebung oder Medien. Journalist:innen und Kommentator:innen schreiben überwiegend negativ über Vermögenssteuern.
Weder unter der ÖVP-FPÖ-Koalition noch unter der ÖVP-Grünen-Regierung sind Vermögens- und Erbschaftssteuern ein Thema. Anträge der Opposition auf die Einführung einer Millionärssteuer wurden abgelehnt. Und in Deutschland, wo Antonis Schwarz und Gerd Hofielen zu Hause sind? Dort wird es – auch mit Grünen in der Regierung – weder eine Vermögenssteuer noch eine Erhöhung der Erbschaftssteuer geben.
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