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Arbeiten bis 70? Warum die Pensionspläne der ÖVP drastische Pensions-Kürzungen bedeuten

Die ÖVP denkt laut darüber nach, das gesetzliche Pensionsalter zu erhöhen. Wenn die Lebenserwartung steigt, muss man auch das Antrittsalter von jetzt 65 Jahren erhöhen, heißt es aus dem ÖVP-Seniorenbund und der Jungen ÖVP. Doch für tausende Beschäftigte und Pensionisten hätte das schlimme Folgen. Jobs für Ältere gibt es kaum, mehr Arbeitslose, mehr Lohndruck und niedrigere Pensionen wären die Folgen.

„Dass die Menschen 30 Jahre in Pension sind, wird auf Dauer nicht gehen. Wir werden länger arbeiten müssen“, stößt die ÖVP-Seniorenbund-Chefin Korosec eine Diskussion über das Pensionsalter an. Auch der ehemalige OÖ-Landeshauptmann Josef Pühringer und Stefan Schnöll sehen das so. Schnöll ist Chef der Jungen ÖVP und Kurz-Vertrauter: „Und dann wird man in der nächsten Legislaturperiode darüber diskutieren müssen, ob man auch das gesetzliche Pensionsalter anhebt.“

Und Kanzler Kurz? Der hat schon 2015 gefordert, dass „der steigenden Lebenserwartung dann auch beim gesetzlichen Pensionsantrittsalter Rechnung getragen werden muss“. (Die Presse, 4.1.2019, S. 6)

Inhaltsverzeichnis
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1 – Fast niemand lebt „30 Jahren in der Pension“

Die Geschichte mit den „30 Jahren Pension“ und der Erholung auf Kosten anderer ist für die allermeisten Pensionisten eine Mär. Kaum jemand lebt 30 Jahre in der Pension. Und falls doch, sind es statistisch gesehen einstige Top-Verdiener. Ältere Menschen mit kleinen Einkommen erleben dagegen oft nicht einmal ihren Pensionsantritt.

Eine Studie zeigt: Wer viel verdient, lebt im Schnitt 7 Jahre länger als Geringverdiener. Das Einkommen beeinflusst, wie lange man lebt.

Am längsten können die reichsten 10 Prozent die Pension genießen. Dann nimmt die Lebensdauer parallel zum Einkommen ab – am kürzesten lebt das ärmste Zehntel. Was ihr Leben verkürzt, sind schlechte Arbeitsbedingungen und Existenzängste.

Das bedeutet: Menschen mit niedrigen Einkommen finanzieren letztlich die Pensionen für Menschen mit hohen Einkommen.

Weil Menschen mit kleinen Pensionen deutlich kürzer ihre Pension beziehen als die reichsten 10 Prozent, steigen kleine Einkommen systematisch schlechter aus. Rechnet man noch ein, dass etliche Bezieher kleiner Einkommen ihren Pensionsantritt mit 65 gar nicht mehr erleben, ist die Umverteilung von unten nach oben noch stärker. Wer das Pensionsantrittsalter weiter raufsetzen will, kürzt real kleinen Verdienern die Pensionen und macht das Pensionssystem ungerechter.

2 – Wer einen körperlich anstrengenden Job hat, kann nicht bis 60 arbeiten

Überhaupt ist die Frage, wie körperliche Arbeit mit über 65 Jahren aussehen soll. In der Bau- oder Pflegebranche sind viele Beschäftigte mit 50 schon so kaputt, dass sie nur noch schwer arbeiten können.

Wie sollen Menschen, die Jahrzehnte als Altenpfleger, als Bauarbeiter, als Möbelbauerinnen oder Maschinenschlosser gearbeitet haben, mit 67, 68, 69 Jahren arbeiten?

Die körperliche Verfassung zweier 55-Jährigen wird unterschiedlich sein, wenn einer davon 40 Jahre im Büro und der andere 40 Jahre am Bau gearbeitet hat. Ein höheres Pensionsantrittsalter benachteiligt Menschen mit körperlich anstrengenden Jobs. Sie können in ihren Berufen rein gesundheitlich nicht noch länger arbeiten. Am Ende ihres Arbeitslebens dann noch einen neuen Job erlernen, wird nicht leicht gehen. Besonders sie würden in die Arbeitslosigkeit gedrängt.

Peter Grandits ist Betriebsrat bei PORR, einem Bauunternehmer und weiß, wie sehr die Arbeiter im Betrieb schuften: „Unsere Bauarbeiter sind mit 55 körperlich am Ende.“ Auch der 12-Stunden-Tag macht ihnen zu schaffen. „Wenn die jetzt regelmäßig 12 Stunden am Tag arbeiten müssen, können die nie gesund die Pension erreichen.“

3 – Ein höheres Pensionsantrittsalter bedeutet mehr ältere Arbeitslose

Nur 3 von 5 Menschen, die in die Pension gehen, tun das aus einem Job heraus. Die übrigen treten ihre Pension aus der Arbeitslosigkeit oder aus dem Krankenstand heraus an. Viele von jenen, die vor der Pension auf Jobsuche waren, waren sogar Langzeitarbeitslose. Jede dritte Frau wechselt von der Arbeitslosigkeit in die Pension.

Menschen über 50 haben es in Österreich besonders schwer, einen Job zu finden. Sie gelten Unternehmen als zu teuer, weil sie über viel Arbeitserfahrung verfügen. Oder sie gelten als zu wenig anpassungsfähig, wenn es um technische Neuerungen geht. Mehr als 1.000 Unternehmen in Österreich mit mehr als 25 Beschäftigten haben keinen einzigen Beschäftigten über 55 im Betrieb.

Ein höheres Pensions-Antrittsalter schafft keine Jobs. Es bedeutet mehr ältere Arbeitslose, die aus der Jobsuche heraus in ihre Pension starten müssen.

Übrigens: Jene Parteien, die von Menschen verlangen, länger als 45 Jahre zu arbeiten, sind dieselben, die Job-Projekte für ältere Menschen eingestampft haben: Einer der ersten Beschlüsse von ÖVP und FPÖ im Jahr 2018 war, die Aktion 20.000 abzuschaffen.

4 – Mehr Pensionisten – aber die Zuschüsse bleiben auf demselben Niveau

Wer die Pensionen kürzen und das Antrittsalter erhöhen will, führt gerne die Finanzierbarkeit ins Treffen. Doch das österreichische Pensionssystem steht gut da: Etwa 6 Prozent der staatlichen Ausgaben fließen in die Pensionen. Die Beiträge der Versicherten decken die Pensions-Auszahlungen immer besser. In den Jahren 2015, 2016 und 2017 waren die staatlichen Zuschüsse niedriger als erwartet. Für den Zeitraum 2016 bis 2020 werden vom Staat insgesamt 4 Milliarden weniger für das Pensionssystem ausgegeben als erwartet.

Misst man die staatlichen Ausgaben am BIP, zeigt sich: Der Anteil bleibt in den nächsten Jahren stabil –  obwohl die Zahl der Personen, die ins Pensionsalter kommen, steigt.

Grund dafür ist auch, dass das „faktische Antrittsalter“ in den letzten Jahren gestiegen ist. Allein zwischen 2014 und 2016 ist es um fast 9 Monate gestiegen. Das heißt: Die Österreicher arbeiten von sich aus länger und gehen später in Pension.

5 – Druck für Ältere, zu arbeiten, heißt mehr Konkurrenz und Lohndruck für alle

Müssen alle – auch ältere Menschen – noch mehr Jahre arbeiten, sind permanent mehr Arbeitskräfte am Markt. Ohne Initiative für mehr Jobs heißt das insgesamt mehr Konkurrenz. Und am Ende: mehr Lohndruck. Der trifft dann auch jene, die noch jung sind und nicht mal ansatzweise über so etwas wie ihre Pension nachdenken müssen.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1625 Stimmen
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    1625 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 431 Stimme
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    431 Stimme - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 345 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    345 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 254 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    254 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 132 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    132 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2787
12. März 2024
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