Bei der Nationalrats-Sitzung im Juni haben die Abgeordneten ein breites Spektrum an Beschlüssen auf den Weg gebracht: Das Pflegegeld soll erhöht werden, der Nichtraucherschutz in der Gastronomie kommen, Väter einen Papa-Monat mit ihrem Neugeborenen haben und die Karenzzeiten für Mütter sollen voll angerechnet werden. Die ÖVP ist gegen diese Beschlüsse und kritisiert die Kosten. Und die Medien übernehmen das – jeder zweite Bericht beklagt die Kosten. Doch die sind wesentlich niedriger, als die Steuergeschenke der Regierung Kurz für Hotels im vergangenen Jahr. Über die hat allerdings kaum wer kritisch berichtet.
120 Mio. Euro hat die Regierung Kurz im vergangenen Jahr den Hotels geschenkt: Nur mehr 10 Prozent beträgt die Mehrwertsteuer für Tourismusbetriebe – die Regierung hat sie gemeinsam mit den NEOS um 3 Prozent gesenkt. Von diesem Steuergeschenk profitieren hauptsächlich große Hoteliers. Damit wurde ein Wunsch der Tourismuslobby erfüllt. Im Wahlkampf 2017 machten Vertreter aus der Hotellerie für Kurz auch genügend Geld locker.
Aber „Steuerzuckerl für Wahlkampfspender“ schrieb damals niemand. Über die 120 Mio. für das Hotel-Gewerbe wurde durchwegs positiv berichtet:
Ein Jahr später geht es um etwas weniger Geld: Rund 100 Mio. Euro schätzt der Finanzminister die Kosten für die Erhöhung des Pflegegeldes, den Rechtsanspruch auf einen Papa-Monat, den Nichtraucherschutz in der Gastronomie und die Anrechnung der Karenzjahre im Job. Doch diesmal dominiert die Sorge um das Geld die Berichterstattung:
Liest man die Leitartikeln der österreichischen Zeitungen, könnte man glauben, die Parlamentarier tanzen um ein Lagerfeuer aus Steuergeld. Dass die vergangene Regierung Hoteliers beschenkte und großen Unternehmen 1,6 Mrd. Euro Steuern erlassen wollte – ohne Grund und ohne Bedingung, das wird nicht erwähnt.
Warum werden Kosten dann medial zum Problem, sobald viele Menschen davon profitieren? Man könnte auch von Konjunkturbelebung und Kaufkraftsteigerung sprechen. Warum spricht man von „Wahlzuckerln“, aber nicht von „Steuerzuckerln an Großspender“, wenn die Immo-Branche, die großen Hotels und Konzerne Steuersenkungen bekommen?
Der Fachverband Hotellerie in der Wirtschaftskammer zählt 15.893 Mitglieder. Ihnen wurden 120 Mio. geschenkt. 451.372 Menschen haben einen Anspruch auf Pflege-Geld. Und das wurde das letzte Mal 2016 erhöht. Um zwei Prozent, doch die Inflation stieg seither um fast sieben Prozent – sie haben also in den letzten Jahren 5 Prozent an Wert verloren. Im Nationalrat wurde deswegen eine automatische Anpassung an die Inflation auf den Weg gebracht – ohne die Stimmen der ÖVP.
Die Erhöhung des Pflegegeldes kostet 50 Mio. Euro – das sind für die Betroffenen im Schnitt 9,25 pro Monat. Die Senkung der Mehrwertsteuer für Hoteliers kostet 120 Mio. – große Hotelketten wie das Marriott mit einem Jahresumsatz 2015 (laut dem Tourismusmagazin TAI ) hätten eine monatliche Ersparnis von 4,7 Mio. Euro – im Monat sind das 390.000 Euro.
Maximal 4 Antwortmöglichkeiten
Jahrelang wurde über das Gesetz über die Wiederherstellung der Natur in Europa verhandelt. Die EU…
Jahrelang war Harald Vilimsky Generalsekretär an der Seite von HC Strache, seit 2014 ist er…
Die reichsten Menschen zahlen am wenigsten Steuern. Was nach einer Geschichte aus dem Mittelalter klingt,…
In der Nationalratssitzung vom 15. bis 16. Mai 2024 ging es unter anderem um Österreichs…
In einer Welt, in der Luxusyachten auf den Meeren unterwegs sind und Weltraumreisen ein neues…
Das Lieferkettengesetz der EU soll Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen. So sollen sie künftig…