Schwarz-Blau

Schreddergate: Wird die ÖVP bei den Ibiza-Ermittlungen geschützt?

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ordnete strenge Ermittlungen im direkten Umfeld von Kanzler Kurz an. Zuerst verweigerte die ermittelnde „Soko Tape“ das Handy von Kurz‘ Schredder-Mann Arno Melicharek zu beschlagnahmen. Als die Korruptionsanwälte mit Nachdruck auf weitere Ermittlungen bestanden, wurde interveniert. Der Chef der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs, entzog der WKStA die Ermittlungen – in einer höchst ungewöhnlichen Aktion.

Niemand weiß, was auf der Festplatte im Bundeskanzleramt zu finden war, die der Kurz-Mitarbeiter Arno Melicharek in einer Nacht und Nebelaktion schreddern ließ. Aber eines weiß man jetzt, dank einer Recherche des Onlinemagazins Zackzack: Der Auftrag für die Schredderaktion kam aus dem Kabinett von Gernot Blümel. Trotz mehrmaliger Aufforderungen der IT-Abteilung im Bundeskanzleramt, weigerte sich der Kurz-Mitarbeiter dem normalen Ablauf zu folgen, was das Vernichten sensibler Daten betrifft. Normalerweise werden Datenträger nämlich intern von der zuständigen Stelle vernichtet. Auf eigene Faust ließ Melicharek Festplatten schreddern. Als die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft die Polizei aufforderte, der Sache nachzugehen und Handy und Festplatte von Melicharek sicherzustellen, um den Grund der eiligen Schredderei zu finden, weigerten sich die Ermittler der Polizeieinheit.

Die WKStA wollte strengeres Vorgehen

Die Soko Tape (die Sonderermittler der Polizei bei den Ibiza-Ermittlungen) gaben dem Festplatten-Schredderer sowohl Handy als auch Laptop, zurück – ohne den Inhalt zu sichern. Die WKStA forderte Polizei daraufhin auf, das Handy doch bitte zu beschlagnahmen – doch die Anweisung wurde einfach ignorierte.

Die WKStA legte mit einer schriftliche Weisung nach: ein Vorgehen, das ein Polizist keinesfalls ignorieren kann. Daraufhin wurde den Korruptionsanwälten der Fall von oben entzogen.

WKStA entmachtet, als es für ÖVP knapp wird

Das ist brisant: Nachdem die SOKO sich mündlichen Anweisungen widersetzte und die Korruptions-Staatsanwältin schriftlich das Schredder-Handy einforderte, wurde der WKStA einfach der Fall entzogen. Stattdessen übernahm die weitaus ÖVP-freundlichere Oberstaatsanwaltschaft Wien.

Der neue Leiter der Ermittlungen, der Chef der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Johann Fuchs, erteilte der WKStA eine noch nie gesehene Weisung:

 Die WKStA muss die Ermittlungen an die Staatsanwaltschaft Wien abtreten, wenn das Kanzleramt keine konkreten Hinweise auf einen Zusammenhang mit der „Ibiza-Affäre“ sieht.

Normalerweise müssen solche Weisungen durch den Weisungsrat im Justizministerium. Das ignorierte Fuchs. Das Kanzleramt unter Brigitte Bierlein ließ die Ermittlungen einstellen, weil die Korruptionsanwälte keine Verbindung zum Ibiza-Video nachweisen konnte. Was schwer ist, nachdem sie weder wusste, was auf der geschredderten Festplatte, noch auf dem nicht sichergestellten Handy des Schreddermanns zu finden war.

Blümel und Kurz schützen

Arno Melicharek gab bei der Vernehmung an, beim Schreddern einen falschen Namen angegeben zu haben, um seine Chefs zu schützen:

„Habe falschen Namen verwendet, um keine Rückschlüsse auf das Kabinett Blümel bzw. die Regierung Kurz zuzulassen.“

Mittlerweile ist Melicharek beruflich aufgestiegen: Kaum waren die Ermittlungen gegen ihn eingestellt, wurde er zum Referatsleiter bei Kurz im Bundeskanzleramt berufen.

Ermittlungsfehler in Soko Tape häuften sich

Doch das ist nicht der erste Vorwurf gegen die „Soko Ibiza“. Sie steht im Verdacht der ÖVP-Nähe, ein leitende Kriminalbeamte kandidierte im Jahr 2015 bei den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich für die ÖVP. Er schrieb auch an den Hauptverdächtigen Strache ein SMS, in dem er auf einen „Rücktritt vom Rücktritt“ Straches hoffte.

Sein Team leitete Beweise an die WKStA weiter, bei denen wesentliche Stellen nicht mehr lesbar waren. So verdeckte ein dunkler Schatten die Notiz im Kalender von Raiffeisen-Chef Rothensteiner über ein Treffen mit Kurz.

Auch auf eine Nachschau in der ÖVP-Zentrale nach der Schredderaffäre hat die Soko Tape verzichtet.

Weil man Kurz-Chefberater Stefan Steiner beim Portier getroffen habe, ist man davon ausgegangen: Es wird ohnehin bereits alles weg sein.

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Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 59%, 1444 Stimmen
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12. März 2024
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Alina Bachmayr-Heyda

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