Schwarz-Blau will die Kontrollen des Arbeitnehmerschutzes schwächen und die Strafen reduzieren. Das hat der Ministerrat beschlossen. Interesse an zahnlosen Regeln haben vor allem große Unternehmen, die Lohn- und Sozialdumping betreiben wollen.
Schon im Wahlprogramm hat Sebastian Kurz weniger Strafen und schwächere Kontrollen zur Einhaltung des Arbeits- und Sozialrechts gefordert. Im Ministerratsbeschluss heißt es: Bei der Überprüfung von Firmen soll das Prinzip „Beraten vor Strafen“ gelten. Das klingt ganz gut, aber nicht neu. Schon heute wird im Fall von Mängeln zunächst keine Strafanzeige erstattet. Unternehmen werden beraten, wie sie Fehler bei der Schutzbekleidung, dem Fallschutz oder bei der Aufzeichnung der Arbeitszeit beheben können. Erfüllen sie das innerhalb der vereinbarten Frist, ist die Angelegenheit erledigt.
Letztlich kann es der ÖVP-FPÖ-Regierung also nur darum gehen, von Bestrafungen auch dann noch abzusehen, wenn Mängel weiter bestehen. Und das kann für ArbeitnehmerInnen gefährlich werden. Denn hier weiß man: Ohne Strafandrohung werden die Verstöße häufiger. Statistiken zeigen eindrucksvoll, wie Kontrollen in Betrieben gesunde und sichere Arbeitsbedingungen gefördert haben.
Dazu kommt, dass Schwarz-Blau das Kumulationsprinzip „an nicht erwünschten Stellen“ abschaffen will. In Zukunft sollen Unternehmen Delikte nicht mehr pro Mitarbeiter zahlen, weil nicht mehrere Strafen nebeneinander verhängt werden dürfen. Und das, obwohl die Strafsätze oft sehr klein sind und in den meisten Fällen seit Jahrzehnten nicht mehr angeglichen wurden.
Einige Beispiele
Wird in all diesen Fällen künftig nur noch eine Strafe verhängt – unabhängig davon, wieviele Menschen betroffen sind, macht das Verstöße gegen das Sozial- und Arbeitsrecht besonders für große Firmen attraktiv. Vorschriften systematisch zu übertreten wird attraktiver, Strafen können einfach „eingepreist“ werden. Große Unternehmen hätten dadurch enorme Wettbewerbsvorteile gegenüber kleinen und mittleren Betrieben – auf Kosten der ArbeitnehmerInnen: Ein Supermarkt, der hunderte Arbeitnehmerinnen an Sonn- oder Feiertagen arbeiten lässt, müsste nur mit einer einzigen Strafe von 72 Euro rechnen.
All das kommt den Großspendern des Kurz-Wahlkampfes sehr entgegen: Zum großzügigsten Förderer der ÖVP gehört KTM-Chef Pierer, der der ÖVP fast eine halbe Million Euro gespendet hat. Er hat sich immer wieder vehement gegen die bestehenden Arbeitszeitregelungen beschwert. In den Oberösterreichischen Nachrichten gab Pierer freimütig zu:
„Ich kann es mir leisten, seit 30 Jahren die Arbeitszeitgrenze massivst zu überschreiten und ich mache es mit Freude.“
In seinem jüngsten Interview im Kurier erwartet sich Pierer von der neuen Regierung, dass Schutzbestimmungen heruntergefahren werden. Er zeigt aber Verständnis dafür, dass die „großen Schritte“, die er scheinbar für sehr unpopulär hält, noch etwas auf sich warten lassen – „aufgrund der einen oder anderen Landtagswahl“.
Dabei darf nicht übersehen werden, dass die Unternehmen langfristig selbst davon profitieren, wenn sie Arbeits- und Sozialstandards einhalten. Nicht eingehaltene Schutzvorschriften sind für Unternehmen nämlich nur kurzfristig billiger.
Zwischen 1995 und 2011 haben sie sich 2,2 Milliarden Euro (AUVA-Statistik, 1995-2011) erspart, weil Arbeitsunfälle stark zurückgegangen sind. Dass immer weniger Menschen in der Arbeit ihre Gesundheit und ihr Leben riskieren müssen, hat auch einen volkswirtschaftliche Gewinn: Für diesen Zeitraum wird er auf 8,6 Milliarden Euro geschätzt.
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