Große Unternehmen mit Milliarden-Umsätzen zahlen oft deutlich weniger Steuern als ihre Angestellten. Denn der arbeitenden Bevölkerung werden die Steuern direkt vom Lohnzettel abgezogen. Konzerne wenden dagegen allerhand Tricks an, um Gewinne zu verschleiern und so wenig Steuern wie möglich zu zahlen. Das sind alles andere als Kinkerlitzchen: Allein der EU entsteht dadurch ein jährlicher Schaden von rund 1.000 Mrd. Euro.
Auf diese Summe beläuft sich das Privatvermögen, das Superreiche laut dem französischen Ökonomen Gabriel Zucman weltweit in Steuersümpfen bunkern. Davon stammen…
2.600 Milliarden Dollar…aus Europa, 1.300 Milliarden aus Asien, 1.200 Milliarden aus den USA, 800 Milliarden aus den Golf-Ländern, 700 aus Lateinamerika und 200 aus Russland.
8 % des Weltvermögens…werden laut Zucman von reichen Privatpersonen am Fiskus vorbei in Steuersümpfen geparkt.
250 Milliarden DollarIn dieser Höhe soll sich laut Tax Justice Network der Steuerentgang in den Herkunftsländern der Vermögen bewegen.
1.000 Milliarden EuroSo hoch ist laut EU-Kommission der Schaden für die EU-Mitgliedsstaaten durch Steuertrickserei. Das ist fast das Dreifache des Budgetdefizits der EU-Mitgliedsländer.
…aller Offshore-Transaktionen dienen der Steuerhinterziehung.
Ein Steuervermeidungs-Klassiker ist das Prinzip des Kleinrechnens und Verschiebens von Gewinnen in Niedrigsteuerländer und Steuersümpfe. Wie verschiebt man einen in Österreich erwirtschafteten Gewinn etwa zum Finanzplatz Zypern mit einem Steuersatz von lediglich 12,5 Prozent? Man gründet eine Tochterfirma mit Sitz in einem Niedrigsteuerland. Diese verrechnet dem Mutterkonzern, der die tatsächliche Wertschöpfung betreibt, überteuerte Leistungen. Etwa Gebühren für Lizenzen, Marken- oder Namensrechte, technisches Know-how oder die Lieferung von Rohstoffen. Dadurch schmälern sich die Gewinne des Mutterkonzerns und wandern zur Tochterfirma im Niedrigsteuerland. Der zu versteuernde Betrag verkleinert sich massiv. Den Staaten entgehen dadurch Milliarden.
Die großen, international tätigen Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzleien wie PricewaterhouseCoopers, Ernst & Young, Deloitte oder KPMG. Auf ihren Internetseiten werben sie mit „Maßnahmen zur Optimierung von Steuerzahlungen von Großkunden“. Richard Murphy, Professor für internationale politische Ökonomie an der City University of London, sieht in dieser Beihilfe eine Gefährdung für die Demokratie. Er erklärt:
Wenn Sie den roten Faden wissen wollen, wie Steuermissbrauch und Steueroasen ermöglicht werden und wie Unternehmen, die die globalisierte Welt dominieren, dabei unterstützt werden, ihre steuerlichen Verpflichtungen zu umgehen: es sind die Big Four (PwC KPMG, Deloitte and Ernst & Young). Das Ergebnis ihres Tuns ist, dass sie Steuermissbrauch unterstützen. Die Konsequenzen daraus sind jetzt offensichtlich, da ein Staat nach dem anderen mit Defiziten konfrontiert ist. Die Kosten, die daraus entstehen, belasten die Ärmsten in der Gesellschaft. Und ja – das ist auch Schuld der Buchhalter. Das alles gefährdet die Demokratie.
Allein im letzten Quartal 2015 verbuchte Disney einen Rekordgewinn von 2,9 Milliarden Dollar. Doch wie im Disney-Märchen wird Unmögliches möglich: Disney zahlt Steuerraten von zum Teil unter einem Prozent. Denn Disney verlagerte seine Gewinne nach Luxemburg, wo der Konzern eine interne Bank gründete, die ihre Gewinne mit weniger als einem Prozent versteuerte. Die Büros von insgesamt fünf Disney-Ablegern befinden sich im Parterre eines Luxemburger Wohnhauses, in der ein Belgier als fünffacher Direktor der Firmen fuhrwerkt. Eine Einzelperson administriert Gesellschaften, durch die Milliarden fließen.
McSteuerflucht: Jede Mitarbeiterin zahlt mehr Steuern als McDonald’s selbst. Französische Behörden ermitteln gegen den Fastfood-Megakonzern wegen des Verdachts auf Steuerbetrug. McDonald’s soll Gewinne in Frankreich nach Luxemburg verschoben haben. Es geht um 75 Millionen Euro jährlich. Auch die EU-Kommission leitete ein Verfahren gegen McDonald’s ein, da der Konzern sowohl in Luxemburg als auch in den USA „praktisch keine Körperschaftssteuern auf seine Gewinne gezahlt hat“.
Laut Financial Times hat der US-Internetkonzern Google 2012 Lizenzeinnahmen von 8,8 Milliarden Euro über Irland und die Niederlande in den Steuersumpf Bermudas verschoben. Der durchschnittliche Steuersatz im Ausland sei dadurch auf ca. 5 Prozent gesunken. In Frankreich ermittelt die Polizei wegen des Verdachts auf Steuerbetrug und führte 2016 eine Razzia im Pariser Büro von Google durch. Es geht um mögliche Steuernachzahlungen in der Höhe von 1,6 Milliarden Euro. In Italien geht es um eine Steuernachzahlung von 200 Mio. Euro, die Google Italia als „Gebühren“ an den Mutterkonzern überwies. Dazu kommen Steuern auf nicht angegebene Gewinne in Höhe von 100 Mio. Euro. Insgesamt schuldet Google Italien damit 227,5 Mio. Euro.
2012 zahlte Amazon in Deutschland für einen Gesamtumsatz von 6,8 Milliarden Euro nur 3 Mio. Euro Körperschaftssteuer. Im gleichen Jahr leitete Amazon Deutschland 118 Mio. der hier gemachten Gewinne nach Luxemburg – so wurden diese Gewinne steuerfrei. Deutschland sind dadurch 35,4 Mio. Euro verloren gegangen. Seit 1. Mai 2015 zahlt Amazon zwar Steuern auf die in Deutschland gemachten Gewinne, die Einnahmen sind allerdings bescheiden. Denn Amazon verkleinert seine Gewinne künstlich anhand von Tochtergesellschaften, die hohe Gebühren für die Nutzung von Patenten und Markenrechten verrechnen und so die Gewinne schmälern.
Der Möbelhersteller Ikea ist ein Paradebeispiel für die Schaffung möglichst komplizierter Konzernstrukturen zwecks Steuervermeidung. Einer Studie der globalisierungskritischen NGO ATTAC zufolge hat Ikea einen verschachtelten Konzern-Dschungel geschaffen, um die wahre Umsatzhöhe zu verschleiern. Bei einem von ATTAC auf 6 Mrd. Euro geschätzten Gesamtgewinn zahlte das Ikea-Konglomerat insgesamt lächerliche 15 % Steuern. Die tatsächliche Höhe dürfte noch geringer sein.
Mithilfe der beiden Gesellschaften Apple Sales International (ASI) und Apple Operations Europe drückte Apple 2014 seine Steuerlast auf einen Spotttarif von 0,005 Prozent und schummelt so gigantische Gewinne am Fiskus vorbei. Da die Gesellschaft ASI nirgendwo auf der Welt einen Sitz hat, wird sie steuerlich nicht erfasst. Die EU-Kommission wirft Apple vor, mit Absprachen gegen EU-Recht verstoßen zu haben. Nun droht Apple eine Strafnachzahlung von 13 Milliarden Euro an Irland.
Der Mutterkonzern des spanischen Textilunternehmens Zara, Inditex, hat seit 2009 schätzungsweise 240 Mio. Euro an Steuern vermieden. Der Profit von Zara wuchs dadurch rasant an: von 638 Mio. Euro im Jahr 2005 auf 2,4 Milliarden Euro im Jahr 2013. In Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien erwirtschaftete Gewinne wurden an eine kleine Tochterfirma in Holland und in weiterer Folge an deren Zweigstelle in der Schweiz weiterverrechnet.
0 Euro Steuern? Für die US-Kaffeehauskette Starbucks ist das die angenehme Realität. Laut einem Bericht des Handelsblatts hat der Konzern seit 2002 in Deutschland und seit 2004 in Frankreich noch nie Ertragssteuern gezahlt. Auch hier funktioniert der Trick über die Zahlung von Lizenzgebühren an eine Zentrale in den Niederlanden, um den zu versteuernden Gewinn zu drücken. So senkt Starbucks seine Steuerbelastung für außerhalb der USA erzielte Gewinne auf 13 %. Ohne Lizenzgebühren und Zinsen hätten die deutschen und die französischen Starbucks-Töchter in den letzten zwei Jahren einen Gewinn von über 10 Mio. Euro gemacht und Steuern von 3,4 Mio. Euro zahlen müssen. Starbucks verweist darauf, lediglich die Gesetze zu befolgen.
Nach jahrelangem exzessivem „Arm-rechnen“ will Facebook ab 2017 mehr Steuern zahlen – zumindest ein bisschen und zumindest in Großbritannien. Obwohl Großbritannien Facebooks zweitgrößter Markt nach den USA ist, betrugen die Steuern 2014 gerade einmal 4.327 britische Pfund. Nun will Facebook Steuern auf Gewinne zahlen, die die Firma durch Werbeeinnahmen in Großbritannien erzielt, statt wie bisher die Umsätze für die größten Anzeigenkunden über Irland zu verbuchen. Die Gewinne, die Facebook aber mit den zahlreichen kleinen Werbekunden macht, fließen aber weiterhin steuerschonend über Irland.
Das Möbelunternehmen XXXLutz errichtete 2007 ein Steuersparmodell mit einer Tochterfirma in Malta. Diese verrechnete den Marken des Lutz-Konzerns Lizenzen, für die sie in Malta unter Ausnutzung einer Steuergutschrift nur 5 % Steuern zahlte. Auf diese Weise ersparte sich das Unternehmen Millionen an Steuern in Österreich. Damaliger Aufsichtsrat und zuvor Geschäftsführer war der heutige ÖVP-Finanzminister Schelling.
Wer besonders talentiert ist, zahlt nicht nur keine Steuer, sondern erhält sogar noch eine Gutschrift vom Staat. Dies gelang der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien, die es zusammengerechnet in den Jahren 2006 bis 2008 schaffte, bei einem Gewinn von 739 Mio. Euro nicht nur keinen einzigen Euro Steuern zu zahlen, sondern vom Staat auch noch eine Gutschrift in der Höhe von 21,6 Mio. Euro einzuheimsen. Alle österreichischen Raiffeisenlandesbanken zusammen streiften in diesem Zeitraum Gewinne in der Höhe von 1,9 Milliarden Euro ein und zahlten dafür Steuern in der Höhe von rund 19 Mio. Euro. Das ergibt einen Steuersatz von exakt 1%. Der offizielle Steuersatz für österreichische Banken beträgt jedoch 25% – allein die Raiffeisenlandesbanken hätten 475 Mio. Euro an den Staat abliefern müssen.
Deutsche Banken helfen ausländischen Investoren tatkräftig bei der Steuervermeidung und haben dadurch seit 2011 einen Schaden von rund 5 Mrd. Euro angerichtet. Die Banken nutzten dafür einen Steuertrick: Kurz vor Auszahlung der Dividende verleihen ausländische Aktionäre ihre deutschen Aktien an inländische Banken, die sich – anders als die ausländischen Anleger – die Kapitalertragssteuer anrechnen lassen können. Danach werden die Aktien zurückgereicht und die gesparte Steuer geteilt.
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