Österreichs Konservative scheinen mit Wehmut zurückzublicken. Zuerst haben die Herrschaften der Industriellenvereinigung mit der Forderung nach einer 41-Stundenwoche die Richtung vorgegeben: Unsere Zukunft liegt in der Vergangenheit! Dem scheint unsere Verfassungsministerin beizupflichten. Denn auch sie meinte, „wir“ müssten „eher mehr als weniger arbeiten, wenn wir unseren Wohlstand erhalten wollen.“ Sollte sich das „wir“ auf Frau Edtstadler und ihre MinisterkollegInnen beziehen, so wollen wir gar nichts dagegen einwenden.
Gesamtgesellschaftlich gesehen ist das aber keine schlaue Strategie: Denn in den letzten Jahrzehnten wurde durch Arbeitszeitverkürzung die Produktivität gesteigert und Voraussetzungen für eine Verbesserung der „Work-Life-Balance“ geschaffen.
Dessen ungeachtet grassiert in der gesamten ÖVP derzeit offenbar eine unbändige Sehnsucht nach dem Vorgestern. Denn in ihrem kürzlich präsentierten Wahlprogramm für die Europawahl erklären Spitzenkandidat Reinhold Lopatka und sein Volkspartei-Team:
Man werde sich aktiv dafür einsetzen, „dass Europas Autoindustrie zum WELTMARKTFÜHRER für VERBRENNUNGSMOTOREN wird.“
Ja hollaho! Das ist aber einmal eine kühne Ansage! Zumal, wenn man bedenkt, dass 2035 – also schon in elf Jahren! – ein bereits beschlossenes EU-Verbot für die Neuzulassung von Benzin- und Dieselmotoren in Kraft treten wird.
Aber gerade darin besteht ja diese einmalige Mega-Chance! Denn während sich Amerikaner, Japaner, Koreaner und Chinesen auf die blöden Elektro- Vehikel konzentrieren, erreichen wir intelligenten Europäer ganz easy die weltweite Marktführerschaft bei den Sprit-Verbrennern.
Net bös sein, aber: Leute! Da ist noch mehr drinnen! Auch bei vielen anderen Produkten, die einen charmantem Nostalgie-Touch besitzen, könnte Europa Weltspitze sein: Bei Schreibmaschinen, Faxgeräten, Dampflokomotiven, Waschrumpeln, Röhrenradios, Gaslaternen und Vierteltelefonen! Der Phantasie sind bei diesem phantastischen Europakonzept der ÖVP keine Grenzen gesetzt. Hut auf!
Erwin Steinhauer ist ein österreichischer Schauspieler, Kabarettist und Musiker. Er hat in einer Vielzahl von Film- und Fernsehproduktionen mitgewirkt und hat im Laufe seiner Karriere mehrere Auszeichnungen und Anerkennungen erhalten, darunter etwa den Österreichischen Kleinkunstpreis und den Goldenen Romy als beliebtester Schauspieler.
In seiner Kolumne „Nicht bös sein, aber“ betrachtet er innenpolitische Ereignisse auf satirische Weise und bringt die österreichischen Absurditäten auf den Punkt.