Jetzt ist klar, warum die ehemalige Sozialministerin Beate Hartinger-Klein die Evaluierung der Aktion 20.000 nicht veröffentlichen wollte: Jeder Dritte Langzeitarbeitslose über 50 Jahren, der an der Aktion 20.000 teilnahm, hat heute wieder einen Arbeitsplatz. Türkis-Blau strich das Jobprogramm für ältere Arbeitslose nach weniger als einem Jahr. Im freien Spiel der Kräfte beschloss das Parlament dann die Wiedereinführung. Schon nach dem ersten Jahr erspart sich der Staat rund 17 Mio. Euro Arbeitslosengeld.
Gerd K. lacht, wenn man ihn fragt, wie der erste Arbeitstag über die Aktion 20.000 nach fast 6 Jahren Arbeitslosigkeit gewesen ist. „Ein bißchen wie der erste Schultag“, meint er. Gerd ist einer von 3.824 Langzeitarbeitslosen über 50 Jahren, die über die Aktion 20.000 wieder einen Job gefunden haben. Die Hoffnung auf ein normales Leben, auf Arbeit und eine Freizeit mit Kino oder Restaurant-Besuchen haben Menschen wie Gerd längst aufgegeben.
„Du schreibst eine Bewerbung nach der anderen und weißt nicht mehr, was du machen sollst. Es ist fast wie im Gefängnis. Draußen ist das Leben, aber du kannst es dir nicht leisten, daran auch teilzunehmen“, beschrieb Gerd K. die Jahre der Arbeitslosigkeit.
Die Aktion 20.000 ging auf die Initiative des ehemaligen SPÖ-Kanzlers Christian Kern und seines Sozialministers Alois Stöger (SPÖ) zurück. Aus den AMS-Daten wusste man: Wer mit über 50 Jahren mehr als ein Jahr lang arbeitslos ist, hat kaum mehr eine Chance eingestellt zu werden. Also rief die Regierung Kern die Aktion 20.000 ins Leben: 20.000 Arbeitslose sollten in öffentlichen Einrichtungen und gemeinnützigen Vereinen arbeiten, der Staat zahlt diese Arbeitsplätze.
Die ehemaligen Arbeitslosen beaufsichtigten die Rutsche im Schwimmbad, halfen Schulen mit der EDV oder übernahmen Bürotätigkeiten in Vereinen. Die Aktion reicht „von Hilfstätigkeiten über unterschiedliche soziale Dienstleistungsbereiche bis zu hochqualifizierten Führungsfunktionen“, sagt die Evaluierung von Prospect Unternehmensberatung im Auftrag des Sozialministeriums zur Auswertung der Aktion 20.000. Das kostete den Staat rund 100 Euro mehr als die Arbeitslosigkeit. Mehr als die Hälfte arbeitete in Stellen, die ihrer Ausbildung und ihrem Beruf entsprachen, wie
2,8 Jahre Arbeitslosigkeit lagen im Durchschnitt hinter den Teilnehmern, wie die Evaluierung des Sozialministeriums zeigt. 54,6 Jahre waren sie im Durchschnitt alt.
„Die Aktion 20.000 war ein Lotto-Sechser. Ich wünsche jedem, so eine Chance zu bekommen!“ sagt etwa Klaus, der mit 55 Jahren Stadt-Kümmmerer in Villach wurde.
Klaus und Gert sind nicht alleine, wie die Studie zeigt:
Und Österreich muss 35,5 Mio. Euro weniger für Arbeitslose ausgeben: Ein Arbeitsloser kostet pro Jahr rund 29.200 Euro, wie das Sozialministerium 2016 berechnet hat (von Kontrast auf 2019 hochgerechnet). Sind 1.213 Menschen weniger arbeitslos, ergibt das eine Ersparnis von 35,5 Millionen Euro.
Doch die Aktion 20.000 konnte ihr Potenzial nur zu 5 Prozent ausschöpfen: Nur jeder 20. ältere Arbeitslose bekam eine Chance über die Aktion. Denn die türkis-blaue Regierung hat die Aktion 20.000 nach weniger als einem Jahr abgeschafft. Nur 3.824 arbeitslose über 50 Jahren wurden gefördert – möglich wären 74.361 gewesen.
Die Geschäftsführerin von arbeit plus kommentiert vermutet hinter dem Erfolg der Aktion ein einfaches Prinzip:
„Die Aktion 20.000 hat ‚Ja‘ gesagt zu Menschen, die schon viel zu oft ein ‚Nein‘ gehört haben.“
Die Regierung Kurz begründete die Abschaffung mit hohen Kosten, die Studie zur Evaluierung hielt FPÖ-Sozialministerin Hartinger-Klein monatelang unter Verschluss. Denn die Studie zeigt, dass die Aktion 20.000 erfolgreich war. Jeder dritte Teilnehmer hat nach dem Auslaufen der Aktion noch immer einen Arbeitsplatz – ungefördert. In Wien liegt die Weiterbeschäftigungsquote sogar bei 50%. Die Kosten sind also ein Gewinn: 35,5 Mio. gibt Österreich weniger für Arbeitslosigkeit aus.
Im September hat die SPÖ das freie Spiel der Kräfte im Nationalrat genützt: Die Abgeordneten haben die Wiederaufnahme der Aktion 20.000 beschlossen. Selbst ÖVP und FPÖ haben diesmal zugestimmt – nur die Neos blieben bei ihrer Ablehnung.
Maximal 4 Antwortmöglichkeiten
Jahrelang war Harald Vilimsky Generalsekretär an der Seite von HC Strache, seit 2014 ist er…
Die reichsten Menschen zahlen am wenigsten Steuern. Was nach einer Geschichte aus dem Mittelalter klingt,…
In der Nationalratssitzung vom 15. bis 16. Mai 2024 ging es unter anderem um Österreichs…
In einer Welt, in der Luxusyachten auf den Meeren unterwegs sind und Weltraumreisen ein neues…
Das Lieferkettengesetz der EU soll Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen. So sollen sie künftig…