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Große Mehrheit für Vermögenssteuer zur Bewältigung der Krise – Der ÖVP-Finanzminister ist dagegen

Die Corona-Pandemie hat die größte Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit ausgelöst. Österreich hat Milliarden an Wirtschaftshilfen gewährt. Wenn sich am österreichischen Abgabensystem nichts ändert, wird das Hilfspaket zu 80 Prozent von Beschäftigten und Konsumenten bezahlt. Mit einer Vermögenssteuer würden jene einen Teil der Kosten übernehmen, die über ein Millionenvermögen verfügen. Dass Vermögenssteuern ein gutes Mittel zur Krisenbekämpfung sind, zeigen historische Beispiele. Auch die österreichische Bevölkerung befürwortet mehrheitlich Vermögenssteuern. Das türkise Finanzministerium stellt jedoch keine Überlegungen in dieser Richtung an.

Wie in anderen Ländern hat Österreich viel Geld in die Wirtschaft gepumpt, um die Folgen der Corona-Krise abzufedern. Das ist auch richtig so. Aufgrund der Ausgestaltung des Steuersystems in Österreich wird aber die Wirtschaftshilfe fast ausschließlich über Steuern auf Arbeit und Konsum finanziert. 80 Prozent der Steuern werden von Menschen gezahlt, die jeden Tag arbeiten gehen und Steuern auf ihre Einkommen und Mehrwertsteuer auf ihre Einkäufe zahlen. Unternehmen tragen nur einen geringen Anteil der Steuerlast. Auf Vermögen und Erben gibt es in Österreich überhaupt keine Steuern.

Vermögenssteuer als notwendiger Beitrag in der Krise

„Wenn sich am gegenwärtigen Abgabensystem nichts ändert, dann werden wieder die Beschäftigten und vor allem die mit einem mittleren bis niedrigen Einkommen die Krise bezahlen. Wir haben keine Erbschafts-und Schenkungssteuer, wir haben keine Vermögenssteuer. Wir haben de facto minimale Kapitalbesteuerung, aber sehr hohe Besteuerung von Arbeit. Diese Struktur müsste man ändern. Aber die Widerstände dagegen sind riesig, wie man sieht.“ Sagt die Ökonomin Gabriele Michalitsch gegenüber News.

Wenn vor allem Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen die Kosten der Krise tragen und Reiche sich kaum beteiligen müssen, besteht die Gefahr, dass der Konsum der Bevölkerung stark zurückgeht. Die Folge wäre, dass die Krise sich weiter verstärkt. „Eine Solidarabgabe auf hohe Vermögen und Einkommen ist aus meiner Sicht dringend notwendig“, sagte er der Arbeiterkammer-Chefökonom Markus Marterbauer. Derzeit dreht sich die Diskussion zur Vermögenssteuer vor allem um zwei Modelle.

SPÖ-Modell der Vermögenssteuer

Die Sozialdemokratie fordert bereits seit mehreren Jahren die Einführung einer Vermögenssteuer in Österreich und präsentiert dazu auch ein konkretes Modell. Alle Vermögen bis zu 1 Million Euro wären von der Steuer komplett ausgenommen und nur ein kleiner Prozentsatz der Österreicherinnen und Österreicher wäre überhaupt von einer Vermögenssteuer betroffen. Für Vermögen ab einer Million wäre jährlich eine Abgabe von 0,5 Prozent fällig. Ab einem Vermögen von 10 Millionen, würde der Steuersatz dann auf 1 Prozent steigen.

SPÖ Modell

Freibetrag 1.000.000
I: 0,5% auf Vermögen zwischen 1 und 10 Mio
II: 1% auf > 100 Mio

Originaldaten 1,7 Mrd.
Modifizierte Daten 4,2 Mrd.
Modifizierte Daten und schwache Ausweicheffekte 3,2 Mrd.
Modifizierte Daten und starke Ausweicheffekte 2,9 Mrd.

Insgesamt ist zu erwarten, dass die Vermögenssteuer nach dem SPÖ-Modell jährlich an die 3 Milliarden bringen würde, ohne den Durchschnittsbürger nur irgendwie zu belasten. Das haben auch andere Länder erfolgreich eingesetzt. Spanien hat während der letzten Wirtschaftskrise eine Vermögenssteuer eingeführt, um die Kosten der Krise gerechter zu verteilen. Auch in Island gibt es seit der letzten Finanzkrise eine Vermögenssteuer.

Attac: Mit Lastenausgleich die Wirtschaftshilfe finanzieren

Unmittelbar auf die Krise würde eine befristete Vermögensabgabe zur Krisenfinanzierung reagieren. So ein Modell hat die globalisierungskritische NGO Attac ins Spiel gebracht: Anstatt einer jährlichen Steuer, fordert Attac eine einmalige Abgabe, um die Kosten der Krise zu finanzieren.

Besitzer eines Vermögens über 5 Millionen Euro sollten eine einmalige Abgabe von 10 Prozent leisten. Vermögen ab 100 Millionen Euro sollen nach dem Vorschlag von Attac mit 30 Prozent besteuert werden und Vermögen ab einer Milliarde Euro sollen einmalig 60 Prozent abgeben. Betriebsvermögen soll gesondert behandelt werden, um Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Vermögen unter fünf Millionen Euro wären steuerfrei. Insgesamt würde eine solche Steuer zwischen 70 und 80 Milliarden einbringen.

Sowohl der Lastenausgleich von Attac als auch das Modell zur Vermögenssteuer der SPÖ würde nur die reichsten Prozent der Bevölkerung belasten, der Durchschnittsbürger wäre davon nicht betroffen.

Das Vorbild für dieses Modell der Besteuerung von großen Vermögen ist der deutsche Lastenausgleich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Deutsche Vermögende mussten ab 1948 die Hälfte ihres Vermögens über die nächsten 30 Jahre in den Ausgleichsfonds einzahlen – beschlossen hat das der konservative deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU). Das traf damals vor allem Immobilienbesitzer. Auch Japan hatte nach dem Zweiten Weltkrieg 1946 bis 1947 eine Sonderabgabe von 90 Prozent für die größten Vermögen eingeführt.

Große Mehrheit in Österreich für Vermögensteuer

Die österreichische Bevölkerung ist klar für die Einführung einer Vermögenssteuer. Bei einer Befragung im Februar 2020 sprachen sich 73 Prozent für die Einführung einer Abgabe auf große Vermögen aus.

Auch bezüglich der Frage, wer die Corona-Krise finanzieren soll, haben die Österreicherinnen und Österreicher eine klare Antwort: Die Reichen, und zwar durch Vermögens- und Erbschaftssteuern.

Die österreichische Bevölkerung will klar, dass die Reichen die Wirtschaftshilfe wegen Corona und andere Kosten der Krise finanzieren. Grafik: momentum-institut.at

ÖVP blockiert bei Vermögenssteuer

Wenn über 70 Prozent der Österreicher für eine Vermögenssteuer sind, wieso haben wir dann keine? Der Grund ist, dass die ÖVP seit Jahren jeden Vorstoß in diese Richtung blockiert. Selbst in einer Krise wie der jetzigen, in der die öffentliche Hand Milliarden ausgeben muss. Auf Nachfrage im Finanzministerium, ob es Überlegungen und Berechnungen zu Vermögensabgaben zur Finanzierung der Wirtschaftshilfe gibt, kam die folgende Antwort:

„Diesbezüglich werden im BMF keine Überlegungen angestellt.“

Offenbar plant die ÖVP, die Krisen-Kosten von Corona zu 80 Prozent von den Arbeitern und Angestellten zahlen zu lassen.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 59%, 1469 Stimmen
    59% aller Stimmen 59%
    1469 Stimmen - 59% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 378 Stimmen
    15% aller Stimmen 15%
    378 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 307 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    307 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 215 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    215 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 4%, 109 Stimmen
    4% aller Stimmen 4%
    109 Stimmen - 4% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2478
12. März 2024
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Kontrast Redaktion

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