Sebastian Kurz

Tiroler ÖVP-Politiker Erwin Zangerl rechnet mit Kurz-Clique ab

Der Tiroler AK-Präsident Erwin Zangerl war schon unter der ÖVP-FPÖ-Koalition mit der Politik von Sebastian Kurz unzufrieden. So hat er die Einführung des 12h-Tages kritisiert. Jetzt ist ihm offenbar der Kragen geplatzt: In der Tiroler Tageszeitung schimpft er über den Kurz-Putsch in der ÖVP, die torpedierte Kinder-Milliarde und die nicht abgeschaffte Kalte Progression.

Nach Bekanntwerden der Details rund um die mutmaßliche Inserate-Korruption und von Kurz torpedierter Regierungsbeschlüsse seit 2016 wird dir Kritik aus den ÖVP-Reihen am Parteichef immer lauter. Wohl auch aus taktischen Gründen. Für den einstigen ÖVP-Minister Franz Fischler ist das „System Kurz inakzeptabel“, der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter will, dass Kurz keinen Einfluss mehr auf die aktuelle Regierungspolitik nimmt.

Dem Tiroler AK-Präsidenten Erwin Zangerl geht das aber nicht weit genug. Er fordert schon Mitte Oktober einen kompletten Rückzug von Kurz aus allen politischen Funktionen. „Für einen Neuanfang der Regierung und in der ÖVP sollte alles absolut besenrein übergeben werden.“ Zangerl will eine „lückenlose Aufklärung“ darüber, wer den parteiinternen Putsch im Interesse von Sebastian Kurz organisiert hat. Zudem verlangt er, dass die Arbeitnehmer:innen in Österreich wissen, wie hoch der Schaden für sie ist, den Kurz und sein Netzwerk ihnen beschert haben.

Kurz torpedierte Kinder-Milliarde – das schadete Familien und der Wirtschaft

Zum einen hat Kurz die Kinder-Milliarde torpediert, die SPÖ und ÖVP 2016 beschlossen hätten. 1,2 Milliarden Euro wären in flächendeckende Ganztagesbetreuung in Kindergärten und Schulen geflossen.

„Es wäre möglich gewesen, vielen Familien wirklich unter die Arme zu greifen und vor allem Frauen nicht nur Teilzeit-, sondern auch unter Umständen die Möglichkeit einer Vollzeitbeschäftigung zu geben. Hier wurde nicht nur Familien geschadet, sondern auch der Wirtschaft und dem Staat, dem damit auch Steuerentnahmen entgangen sind“, kritisiert Erwin Zangerl.

Keine Abschaffung der Kalten Progression – weil sie dem Finanzminister Milliarden beschert

Darüber hinaus verhinderte Kurz, dass in der Kurz-Mitterlehner-Regierung die Kalte Progression abgeschafft wurde. Das wollte er nämlich selbst als Wahlkampf-Forderung verwenden – ohne sein Versprechen je eingehalten zu haben.

„Man hat versprochen sie abzuschaffen, doch bis heute ist nichts passiert, weil die Milliarden, die die Beschäftigten über diese ungerechte Steuer zu viel zahlen, dem Finanzminister natürlich sehr willkommen sind“, so Zangerl.

Die sogenannte “Kalte Progression” ist das Gegenstück zur Steuerentlastung. Sie ist sozusagen die heimliche Steuererhöhung, die sich jedes Jahr durch die Inflation einstellt – weil das verdiente Geld weniger wert wird: Denn die Preise für Wohnen, Lebensmittel und Heizen steigen. Um das auszugleichen, gibt es jedes Jahr Lohnverhandlungen, in denen die Löhne und Gehälter aller Branchen angepasst werden sollen. Was aber nicht jährlich angepasst wird, sind die Steuerstufen. Höhere Gehälter bedeuten auch, dass mehr zu versteuern ist. Von der Erhöhung bleibt so viel weniger übrig.

Durch die kalte Progression hat der öffentliche Haushalt allein zwischen 2017 und 2020 etwa 3,6 Milliarden Euro Mehreinnahmen – durch mehr Steuerleistung – gehabt.

Erwin Zangerl lässt Kritik als Inserat abdrucken

Dafür, dass seine scharfen Worte von möglichst vielen gelesen werden, sorgte Erwin Zangerl jetzt per Inserat. In der Ausgabe der Tiroler Tageszeitung vom 26. Oktober 2021 ließ er seine Kritik als Gastkommentar samt AK-Forderung abdrucken. Im ÖVP-dominierten Bundesland konsumieren diese 3 von 4 Zeitungsleser:innen.

Anzeige des Tiroler AK-Präsidenten Erwin Zangerl in der Tiroler Tageszeitung vom 26. Oktober 2021

Zangerl kritisierte schon 2018 die „Putschisten“, die für „Großsponsoren“ Politik machten

Es ist nicht das erste Mal, dass es innerhalb der ÖVP brodelt und Erwin Zangerl sich mit seiner Opposition zu Sebastian Kurz Gehör verschafft. 2018 schimpft er über die ÖVP-Parteiführung, die damalige Einführung des 12h-Arbeitstags und den Druck, den die Parteispitze auf die Abgeordneten im Parlament ausgeübt hat. Schon damals redet ihr über das Kurz-Netzwerk als „Putschisten„,  die „mit Zinsen an die Großsponsoren und die Industriellenvereinigung zurückzahlen, was die ihnen im Wahlkampf gespendet haben. Das gab es früher in diesem Ausmaß nicht, das ist demokratiegefährdend.“ Daraufhin stellten sich Parteikollegen wie Franz Hörl schützend vor Kurz und attackierten stattdessen Zangerl – Hörl bezeichnete diesen als „proletenhaft„.

Heute nimmt nach der harten Kritik von Zangerl kein namhafter ÖVP-Politiker mehr Sebastian Kurz in Schutz.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
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12. März 2024
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