Die deutschen Schlachthaus-Skandale bei Tönnies, Wiesenhof & Co haben zu Recht für breite Empörung bis hin zu Boykott-Aufrufen für deutsches Fleisch gesorgt. Tagelöhnertum, fehlende Krankenversicherungen und mangelnder Schutz der Belegschaft durch Werkverträge haben zur raschen Verbreitung des Corona-Virus geführt. Bisher hieß es allerdings, in Österreich wäre alles besser, denn unsere Beschäftigten wären besser abgesichert. Doch entgegen der Reaktionen unserer Landwirtschaftsministerin und der Vertreter der Fleischproduzenten ist die Ausbeutung in der Schlacht-Industrie auch ein österreichisches Problem.
Die zuständigen Gewerkschaftsvertreter weisen schon seit Wochen auf die harten Arbeitsbedingungen in österreichischen Schlachtfabriken und die dort grassierende Leiharbeit hin. Bis zu 90 Prozent der Belegschaft sind nicht bei den Schlachtereien selbst, sondern bei sogenannten Personalvermittlern, also Leiharbeitsfirmen angestellt. Der Mindestlohn für die beschwerliche Arbeit bei niedrigen Temperaturen wurde erst letztes Jahr auf 1.500 Euro brutto pro Monat erhöht. Das ist sehr wenig Geld für so eine harte Arbeit. Doch es kommt noch weit schlimmer.
Wie eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Karin Dollinger der SPÖ Salzburg nun zeigt, sind bei einer der größten Schlachtfabriken Österreichs in Bergheim bei Salzburg von 330 Beschäftigten nur 130 Beschäftigt direkt bei der Firma Alpenrind angestellt. Weitere 200 Beschäftigte arbeiten als sogenannte „Selbstständige“ auf Werkvertragsbasis. Für sie gilt kein Mindestlohn, keine Höchstarbeitszeit und kein Wochenende. Sie haben keinen Anspruch auf bezahlten Urlaub oder Arbeitslosengeld – und was nun durch Corona zu einem ernsten Problem für uns alle wird: Sie können sich keinen Krankenstand leisten. Denn selbst wenn sie sich über die Versicherung für Selbstständige auf ihre eigenen Kosten versichern, erhalten sie erst nach 43 Tagen Arbeitsunfähigkeit rückwirkend Krankengeld, in der Höhe von nicht einmal 30 Euro pro Tag.
Bezahlt wird nicht nach Zeit sondern nach zerlegten Tieren
Mit dem kleinbäuerlichem Idyll, das uns in der Fleischwerbung meist präsentiert wird, hat die Fleischindustrie weder bei uns noch in Deutschland etwas zu tun. Ausgebeutete, scheinselbstständige Beschäftigte ohne Rechte müssen sich krank in die Arbeit schleppen, um stundenlang in eisiger Kälte ohne Tageslicht zu arbeiten. Bezahlt werden sie nicht nach Zeit, sondern nach der Menge der Leiber, die sie zersägt haben. Der Trend ist eindeutig: Immer größer müssen die Fabriken werden, immer schneller die Tiere geschlachtet werden. Bis zu 30.000 Schweine am Tag ließ beispielsweise Tönnies in Spitzenzeiten in einer einzigen Anlage schlachten, zerlegen und verpacken.
Es gehört zu den Standard-Floskeln der industrienahen Politik, dass KonsumentInnen die Macht hätten zu entscheiden, was und wie produziert wird. Gerade wenn es um Lebensmittel ginge, könnten sie doch einfach die teureren regionalen oder biologischen Produkte kaufen und damit maßgeblich beeinflussen, was hergestellt wird. Schließlich würde nur produziert was auch nachgefragt wird, der Konsument trage die Verantwortung.
Nach Jahren der Dauerbeschallung dieser Mär durch PR-Maschinerien haben wir uns schon so sehr daran gewöhnt, dass wir auf die Rolle als „KonsumentInnen“ reduziert werden, dass wir es gar nicht weiter hinterfragen. Wir akzeptieren eine Logik, wonach wir schuld und schlechte Menschen seien, wenn wir uns nur das billige Schnitzel und nicht das teure Bio Filet leisten können. Dass das falsch ist, weil wir in der Regel keine Ahnung davon haben, wo das Fleisch für die Wurst tatsächlich herkommt und wie sie entstanden ist, fällt dabei unter den Tisch. Und dann wundern wir uns?
Fleischindustrie: Gequälte Tiere, verseuchte Umwelt, ausgebeutete Belegschaft
Die Normalität in der industriellen Nahrungsmittelproduktion sind gequälte Tiere, eine verseuchte Umwelt und ausgebeutete ArbeiterInnen. Alles aus Profitgier, weil sich ein paar wenige Handelstreibende mit Billigsfleisch eine goldene Nase verdienen. „Konventionell“ bedeutet in der Regel leider schlecht, es bedeutet vor allem auch billig. Das Aktionsschnitzel vom Schwein gibt’s schon mal um 3 Euro pro Kilo und man kann sich ausmalen, wie es produziert wurde. Der Landwirt verdient dabei nichts, die ArbeiterInnen nicht, die LKW FahrerInnen nicht und die VerkäuferInnen auch nicht. Aber Geschäfte locken damit KundInnen an, die ihr Geld für andere Produkte liegen lassen.
Die verarbeitende Industrie und der Handel machen in diesem System immer größere Gewinne. Absolut krisenresistent. Sinkt etwa der Inlandskonsum, wird die Politik einfach beauftragt Handelsabkommen abzuschließen, damit das überschüssige Fleisch bis nach China exportiert werden kann. Oder die lebenden Tiere nach Usbekistan oder Jordanien. Hauptsache der Profit für einige wenige stimmt. Immer größere Produktionseinheiten schaden uns allen.
Handelsriesen und Wirtschaftsmonopole schaffen keine gesunde Nahrung, kein akzeptables Tierleben und keine guten Arbeitsbedingungen. Der Markt strebt nur nach Profitmaximierung und nicht nach einem Wirtschaften für ein gutes Leben von Mensch und Tier.
Logisch steht der <Profit an erster Stelle eines Unternehmens. Alternativ wäre die Verstaatlichung der Schlachthöfe?! Reisserische Überschrift mit hirnlosem Hintergrund.