Schwarz-Blau

Was passiert nach dem Misstrauensantrag?

Jede Jus- und Politikstudentin hört davon im Studium, durchgesetzt wurde er jedoch bisher nie: Der Misstrauensantrag. Zum ersten Mal in der Geschichte der Republik Österreich hat das Parlament dem Bundeskanzler und der dazugehörigen Regierung das Misstrauen ausgausgesprochen. Sebastian Kurz wurde nach nur 17 Monaten das Vertrauen vom Nationalrat entzogen. Damit ist er der am kürzesten dienende Kanzler der zweiten Republik. Doch welche Folgen hat das für Österreich?

Droht Instabilität?

“Jeder Schritt, der jetzt getan wird, ist vorgesehen und in der Verfassung verankert”, stellt Van der Bellen letzte Woche nach dem Rücktritt der FPÖ-Mitglieder klar. Und auch die Schritte nach dem erfolgreichen Misstrauensantrag sind im Bundesverfassungsgesetz festgelegt:

„Alsdann, liebe Österreicherinnen und Österreicher: Das ist keine alltägliche Situation, aber im Grunde genommen ein ganz normaler demokratischer Vorgang“, sagt Van der Bellen – und beruft sich auf die Eleganz der österreichischen Verfassung.

Der Bundespräsident muss die Regierung nun ihres Amtes entheben und “rasch” einen neuen, vorübergehenden Bundeskanzler suchen. Was „rasch“ konkret bedeutet, ist freilich „interpretationsbedürftig“, so Ex-Verfassungshofpräsident Ludwig Adamovich. Van der Bellen hat gestern angekündigt, noch diese Woche einen Vorschlag machen zu wollen. Gegen diese neue Regierung könnte wieder ein Misstrauensantrag erfolgen, weil die Übergangsregierung über keine klare Mehrheit im Parlament verfügt. Der Bundespräsident muss daher einen guten Kompromisskandidaten finden, auf den sich eine Mehrheit im Parlament einigen kann.

Wer wird nach dem Misstrauensantrag BundeskanzlerIn?

Theoretisch kann Van der Bellen jeden Österreicher und jede Österreicherin über 18 Jahren zum Übergangskanzler ernennen. Einzige Ausnahme: Wer zu mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt wurde, muss vor mindestens einem halben Jahr entlassen worden sein. Und in der Praxis wird es natürlich jemand sein, der über politische und fachliche Erfahrung verfügt.

Wahrscheinlich wird der Bundespräsident eine honorige Persönlichkeit zum Kanzler ernennen, die parteiübergreifend anerkannt ist – etwa eine Höchstrichterin. Auf Ministerebene können laut Artikel 71 der Verfassung bisherige Minister oder Staatssekretäre der Regierung, sowie leitened Beamte oder Sektionschefs zu Ministern angelobt werden. 

Bisher 185 erfolglose Misstrauensanträge

Der Misstrauensantrag ist für den Nationalrat das schärfste Mittel der Kontrolle. Der Nationalrat kann ihn mit einfacher Mehrheit beschließen, die Hälfte der Mitglieder muss anwesend sein.

Sobald ein Fünftel der Mitglieder des Nationalrates (also die ÖVP-Fraktion) verlangt, die Abstimmung über den Antrag auf den übernächsten Werktag zu vertagen, muss das passieren. Bisher wurden seit Regierungsantritt acht Misstrauensanträge eingebracht. Der erste bereits im März 2018, also nur drei Monate nach der Angelobung von Türkis-Blau. Der letzte fand im April gegen Strache statt, die übrigen sieben gegen Innenminister Herbert Kickl. Obwohl es seit 1945 schon 185 Mal versucht wurde, kam es noch nie zu einem erfolgreichen Misstrauensvotum.

Denn bisher hatten alle Regierungen die Nationalratsmehrheit hinter sich. Auch wenn Koalitionen zerbrachen und Neuwahlen ausgerufen wurden, hielten sich die Abgeordneten der Regierungsfraktionen bis zur Neuwahl daran, nicht gegen noch im Amt befindliche Kanzler oder Minister zu stimmen. Und umstrittene Regierungsmitglieder, denen der Vertrauensentzug drohte, traten immer zurück, ehe es dazu kam.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 59%, 1444 Stimmen
    59% aller Stimmen 59%
    1444 Stimmen - 59% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 367 Stimmen
    15% aller Stimmen 15%
    367 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 302 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    302 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 209 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    209 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 4%, 106 Stimmen
    4% aller Stimmen 4%
    106 Stimmen - 4% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2428
12. März 2024
×
Von deiner IP-Adresse wurde bereits abgestimmt.

Neue Artikel

Andreas Babler’s Herz und Hirn Rede: Hier sind seine 24 Ideen für Österreich

Am 27. April hielt SPÖ-Chef Andreas Babler in Wieselburg seine "Herz und Hirn"-Rede. Darin präsentierte…

27. April 2024

Industriellenvereinigung fordert 41-Stunden-Woche und weniger Feiertage

Mehr arbeiten bei gleichem Lohn: Die Industriellenvereinigung fordert eine 41-Stunden-Woche. Zusätzlich sollen auch noch Feiertage…

26. April 2024

SPÖ-Chef Andreas Babler will gratis Öffis für alle unter 18

SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler präsentiert am Samstag in seiner „Herz-und-Hirn“-Rede 24 Projekte, die Österreich wieder gerechter…

25. April 2024

ÖVP gegen EU-weites Grundrecht auf Abtreibung

Das EU-Parlament hat das Recht auf Abtreibung zum Grundrecht erklärt - gegen die Stimmen der…

25. April 2024

Die FPÖ in Brüssel: Gegen Mindestlöhne, Lohntransparenz und bessere Arbeitsbedingungen

Das Europäische Parlament hat in den vergangenen fünf Jahren zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen…

25. April 2024

ÖVP für mehr Überwachung: Geheimdienste sollen im Messenger mitlesen dürfen

Die ÖVP will mehr Befugnisse für die Geheimdienste, sie soll auch die Nachrichten in den…

24. April 2024