Politik

Schwarz-Blau in Niederösterreich: Mikl-Leitner lässt sich von Landbauer zur Landeshauptfrau machen

Niederösterreich bekommt ein schwarz-blaues Regierungsbündnis. Die Verhandlungen nach der Landtagswahl am 29. Jänner wurden in der Nacht auf Freitag beendet: Mikl-Leitner (ÖVP) wird Landeshauptfrau und Udo Landbauer (FPÖ) ihr Stellvertreter. Auch im Bund richtet sich die ÖVP wieder auf Schwarz-Blau aus. 

Monatelang hat die FPÖ in Niederösterreich betont, dass Johanna Mikl-Leitner auf keinen Fall Landeshauptfrau von Niederösterreich bleiben darf. Für den FPÖ-Niederösterreich Vorsitzenden Udo Landbauer ist sie nämlich „die Mutter der Impfpflicht“ und „die Mutter des tiefen Staates“. Landbauers Wahlkampf war eine regelrechte Anti-Mikl-Leitner-Kampagne. „Sie steht für strukturelle Korruption, eiskalte Manipulation und skrupellosen Machtmissbrauch“, forderte die FPÖ die Landeshauptfrau bereits vor den Wahlen schon zum Rücktritt auf. Auch nach der Wahl beteuerte Landbauer, dass er Mikl-Leitner als Landeshauptfrau „selbstverständlich“ ausschließe. Jetzt wird Mikl-Leitner doch Landeshauptfrau – und zwar in einem Bündnis mit der FPÖ.

ÖVP brach die Verhandlungen mit der SPÖ ab

Angekündigt hat sich das schon in den Verhandlungen mit der SPÖ, bei denen die ÖVP offenbar nicht sehr engagiert bei der Sache war. Die SPÖ sollte auf Wunsch der ÖVP noch ihre 28-Seiten an Forderungen für die Verhandlungen abspecken. SPÖ Niederösterreich-Chef Sven Hergovich hat daraufhin fünf Koalitionsbedingungen öffentlich gemacht: Kostenloser Kindergarten, Heizkosten-Deckel, eine Anstellung für pflegende Angehörige, eine Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose und die Wiederbelebung vernachlässigter Gemeinden. Doch da waren die Gesprächskanäle von der ÖVP bereits blockiert. Mikl-Leitner hat die Verhandlungen gestoppt.

„Dieses vorsätzlich herbeigeführte Scheitern missbraucht die ÖVP jetzt als Alibi für eine Koalition mit der FPÖ“, sagt der niederösterreichische SPÖ-Landesgeschäftsführer Wolfgang Zwander in einer Aussendung.

FPÖ-Chef Landbauer wird Landeshauptfrau-Stellvertreter in Niederösterreich – zuvor versprach er, Mikl-Leitner als Landeshauptfrau zu verhindern.

Formaler Trick soll Landbauer nicht zum Lügner machen

Schon zu Beginn der Verhandlungen hat Mikl-Leitner betont, dass sich die ÖVP der FPÖ in vielen inhaltlichen Dingen näher fühle als der SPÖ. Offenbar hat sie auch bereits während den Verhandlungen mit der SPÖ eine Zusammenarbeit mit der FPÖ vorbereitet. Etwa durch eine Änderung der Stimmzettel zur Landeshauptfrau-Wahl im Landtag, die der FPÖ zugutekommen sollte. Die Krone berichtete, dass die neuen Stimmzettel mit „Ja“ und „Nein“ Option der FPÖ die Stimmenthaltung ermöglichen werden. So können die Freiheitlichen weiß wählen, womit ihre 14 Stimmen abgezogen werden (es bleiben 42 Stimmen) und die 23 Abgeordneten der ÖVP für die Wahl von Mikl-Leitner reichen.

Durch diesen Trick kann die FPÖ Mikl-Leitner zur Landeshauptfrau machen, ohne sie im formalen Sinn zu wählen.

Die FPÖ-Wähler überzeugt diese Strategie offenbar nicht – zumindest im Internet toben die Fans und fühlen sich betrogen. Doch Mikl-Leitner reicht es: Trotz fortgesetzter Herabwürdigung und Ablehnung bringt sie die FPÖ an die Macht – und tauscht Selbstachtung und Verantwortung für Österreich gegen einen billigen Koalitionspartner.

Mikl-Leitner sichert sich mit großen Zugeständnissen an die FPÖ ihren Landeshauptfrau-Sessel.

Auch Mikl-Leitner schloss Landbauer bereits aus

Die ÖVP wiederum wird Udo Landbauer ohne Tricks zum Landeshauptfrau-Stellvertreter wählen, sagt Mikl-Leitner. Einen rechtsaußen Vertreter der FPÖ, der schon oft für Aufsehen gesorgt hat. Zuletzt sprach er sich gegen die Menschenrechte als „nicht mehr passend“ aus. Bei der letzten Landtagswahl 2018 dominierte die Affäre um ein Liederbuch mit NS-Gedankengut seiner Burschenschaft die Schlagzeilen („Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million“). Mikl-Leitner meinte damals noch:

„Ich werde nicht dabei zusehen, wie durch einen sorglosen Umgang mit Antisemitismus und unserer Geschichte der Ruf Niederösterreichs geschädigt wird, das als modernes Land der Offenheit und Toleranz bekannt ist. Das hat sich Niederösterreich nicht verdient.“

Jetzt hat sie Landbauer zu ihrem Stellvertreter gemacht. Im Regierungspakt findet sich ein Bekenntnis zum Auto und zum Verbrennungsmotor, die Absage an eine flächendeckende LKW-Maut, einen Heizkostenzuschuss und Pflegeschecks. Über einen Corona-Fonds sollen Corona-Strafen in Höhe von 30 Millionen Euro zurückgezahlt werden.

Weitere neue freiheitliche Regierungsmitglieder sind die Kremser Stadträtin Susanne Rosenkranz, Ehefrau von Volksanwalt Walter Rosenkranz, und Christoph Luisser, Mödlinger Bezirksparteiobmann und geschäftsführender Gemeinderat in Biedermannsdorf. Waldhäusl, bisher als Landesrat für Asyl, Integration und Tierschutz zuständig, wird Zweiter Landtagspräsident.

Grünes Licht aus den Parteigremien

Die Landesparteivorstände von ÖVP und FPÖ haben am Freitagvormittag einstimmig grünes Licht für das Arbeitsübereinkommen gegeben. Die tagelangen Verhandlungen waren in der Nacht auf Freitag abgeschlossen worden. Die konstituierende Sitzung des Landtages findet nächsten Donnerstag statt. Bereits am Mittwoch sprachen sich mehrere niederösterreichische Künstler und der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), Oskar Deutsch, offen gegen eine Zusammenarbeit zwischen ÖVP und FPÖ aus. Am Tag der konstituierenden Landtagssitzung plant SOS Mitmensch eine Aktion auf dem Landhausplatz. Auch der ÖVP-EU-Abgeordnete Karas kritisiert die Koalition: „Als Niederösterreicher bedauere ich, dass es zu einer Einigung mit der FPÖ gekommen ist. Landbauer und Waldhäusl übertrumpfen einander mit Gedankengut, das mit dem Menschenbild der ÖVP unvereinbar ist. Um Erhard Busek zu zitieren: Mit dieser FPÖ ist kein Staat zu machen.“

Doch auch im Bund wächst die Nähe zwischen ÖVP und FPÖ. Seit Monaten nähert sich die ÖVP den Inhalten der FPÖ an, die Grundsatzrede von Karl Nehammer hat die FPÖ-Ausrichtung bestärkt. Die FPÖ konnte Mikl-Leitner vorführen und herabsetzen, sie kann

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1616 Stimmen
    58% aller Stimmen 58%
    1616 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 428 Stimmen
    15% aller Stimmen 15%
    428 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 339 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    339 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 252 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    252 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 130 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    130 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2765
12. März 2024
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Kontrast Redaktion

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