Das Fernseh-Format „Die Lebensretter“ wird am Donnerstag im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgestrahlt. Die Sendung ist eine offizielle Kooperation zwischen dem Bundekanzleramt, der Kronen Zeitung und dem ORF. In der Jury der Show sitzt der Regierungssprecher und Sebastian Kurz bekommt einen großen Auftritt. Medienforscher finden das bedenklich.
Eine eigene Fernsehsendung für den Bundeskanzler. Der ORF strahlt am 20. Dezember unter dem Titel „Die Lebensretter“ eine große Gala aus. Im Rahmen dieses Events darf Bundeskanzler Sebastian Kurz öffentlichkeitswirksam „Österreichs Heldinnen und Helden“ auszeichnen. Die Veranstaltung fand eigentlich bereits vergangenen Sonntag statt, wird aber seit Tagen medial ausgeschlachtet. Teams oder Einzelpersonen aus Flugrettung, Bergrettung, Wasserrettung, Polizei, Feuerwehr sowie Feuerwehrtaucher gehören ebenso zu den Preisträgern wie ein zwölfjähriger Bub.
Dass Regierungschefs eine eigene TV-Sendung im Hauptabendprogramm bekommen, ist eher ungewöhnlich. Medienbeobachter kritisieren die Vorgehensweise.
„Die Imagepflege des Bundeskanzleramtes ist legitim, aber nicht auf Kosten der ORF-Berichterstattungskriterien. Der ORF ist zu Ausgewogenheit verpflichtet“, erklärt etwa Medienforscher Fritz Hausjell. „Da geht es um einen positiven Imagetransfer von Menschen, die Leben retten, hin zu einem Politiker, der mit ihnen auf der Bühne stehen darf.“
Die Kosten liegen laut Schätzungen bei über 300.000 Euro – alles Geld der Gebührenzahler, das der Kanzler für seine Zwecke nützt. Und alles ist perfekt durchinszeniert: Seit Tagen portraitieren die ORF-Landesstudios die Preisträger. Am 17. Dezember kam Sebastian Kurz noch einmal in allen neun Bundesländernachrichten mit einem eigenen Beitrag vor und als krönender Abschluss wird die Veranstaltung noch im Hauptabendprogramm auf ORF 2 ausgestrahlt. Der Plan: maximale mediale Reichweite für den Kanzler.
Das Bundeskanzleramt und die ÖVP haben dabei die Finger im Spiel. Das beginnt schon beim Auswahlverfahren. Die Gewinner wurden von einer „hochkarätigen“ Jury ausgewählt, wie es vonseiten des ORF heißt. Spannend: Dazu zählen etwa Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal, wie auch seine Mitarbeiterin Lilly Kunz aus dem Bundeskanzleramt.
Vor einigen Wochen sorgte schon eine andere Sendung des ORF für Aufregung: In einer Folge des Formats „Europa backstage“ besuchten ORF-Reporter Vizekanzler Heinz-Christian Strache im Fitness Center und filmten ihn beim Schwitzen. Das wurde selbst ORF-Journalisten zu bunt.
„Es herrscht großer Ärger in den Redaktionen“, kritisierte ORF-Redakteursvertreter Dieter Bornemann. „Der Inhalt entspricht einer unkritischen Belangsendung.“
Im Abspann wird zudem nicht einmal ein redaktionell Verantwortlicher des ORF genannt. Der Redakteursvertreter forderte daraufhin die Einhaltung „journalistischer Qualitätskriterien“ für „alle ORF-Programme“.
Die ÖVP- und FPÖ-Vertreter im ORF-Stiftungsrat setzen den öffentlichen Rundfunk zurzeit unter Druck. Sie wollten etwa das ORF-Budget für das Jahr 2019 blockieren – und damit zeigen, wer das Sagen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat. „Vorweihnachtlich gemütliche Stimmung ist nicht zwingend zu erwarten“, gab der oberste schwarze ORF-Funktionär, Thomas Zach, die Marschroute vor.
„Es hat eine brutale Neuorganisation im Unternehmen gegeben, und es gibt sie nach wie vor“, macht sich ORF-Zentralbetriebsratvorsitzender Gerhard Moser Sorgen über den Zugriff der Regierung auf den ORF. „Führungspositionen wurden nach den Wünschen der türkis-schwarz-blauen Regierung neu vergeben, oft ohne Bedarf und entsprechende Auswahlverfahren“, berichtet Moser.
Die FPÖ in Person von Stiftungsrat Norbert Steger würde sich um eigene politische Interessen kümmern statt um das Wohl des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Auch Journalisten werden vonseiten der Regierung immer wieder angegriffen – wie beispielsweise ZIB2-Moderator Armin Wolf. Oder auch Susanne Schnabl, Moderatorin des Politmagazins „Report“. Sie habe Innenminister Kickl zu kritische Fragen gestellt, meinten schwarze und blaue Stiftungsräte nach einem Interview zum BVT-Skandal im Sommer. Patricia Pawlicki, Moderatorin der Sendung „Hohes Haus“, wollte die FPÖ überhaupt gleich absetzen lassen, nachdem sie ÖVP-Nationalratspräsident Sobotka kritische Fragen zur Koalition mit der FPÖ stellte.
Das alles überrascht nicht. Ein Teil der FPÖ-Medienstrategie wurde durch den oberösterreichischen Landesrats Elmar Podgorschek öffentlich. Bei einer Veranstaltung der AfD in Thüringen, dokumentiert auf einem Video, erklärte er:
Trotz begleitender Berichterstattung in der Kronen Zeitung hatte „Österreichs Heldinnen und Helden“ nur 419.000 Zuseher. Das entspricht einem Marktanteil von mageren 15%. Eine Woche davor, zur gleichen Sendezeit, hatte „Am Schauplatz“ 647.000 Zuschauer und einen Marktanteil von 23 Prozent.
Die Krimi-Serie „Die Rosenheim Cops“, welche vor der Kurz-Show ausgestrahlt wurde, hatte 818.000 Zuseher (Marktanteil 28%). Auch die Zeit im Bild 2, die nach der Show ausgestrahlt wurde, hatte mit 583.000 mehr Zuseher und mit 25% einen größeren Marktanteil.
ORF-Quoten vom 20. Dezember 2018
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