Es ist ein bekanntes Bild: Bundeskanzler Kurz, Vizekanzler Kogler und die Minister Anschober und Nehammer treten vor die Presse und verkünden neue Corona-Maßnahmen. Ein Minister ist zuständig, drei sind es nicht – ein Virologe oder Experte für öffentliche Gesundheit wird den Österreichern nicht vergönnt. Die Konferenzen sind eine politische Inszenierung und untergraben immer mehr das Vertrauen. Die Regierung wälzt die Verantwortung aber auf die Bevölkerung ab und kriegt selbst wenig zustande.
Einer der wichtigsten Corona-Berater der Regierung, der Rot-Kreuz Bundesrettungskommandant Gerry Foitik, kritisiert in einem internen Schreiben des Corona-Krisenstabes die Regierung scharf: Die Kommunikation funktioniert nicht. Viele Menschen wollen die Maßnahmen nicht mehr mittragen und können sie nicht verstehen.
Das liegt wohl auch daran, dass die Pressekonferenzen der Regierung zu einem politischen Schauspiel verkommen sind. Fast überall auf der Welt kennt die Bevölkerung die Chefvirologen ihres Landes. Sogar in Trumps Amerika erklären Experten wie Fauci die Maßnahmen. Doch für die österreichische Bundesregierung geht es scheinbar beim Corona-Managment auch darum, politisches Kleingeld zu waschen. Eine Mail, die der Sprecher des Landeshauptmannes von Kärnten, Peter Kaiser, veröffentlicht hat, zeigt, wie weit die Regierung dabei geht. Das Finanzministerium schickte eine neue Corona Verordnung zur vorab Prüfung an Vertreter der ÖVP geführten Bundesländer aus.
Rote Bundesländer konnten an der Verordnung nicht mitwirken, auf die Bedürfnisse von Wien, dem Burgenland und Kärnten wird keine Rücksicht genommen, denn die Bevölkerung hat „falsch“ gewählt.
Aber nicht nur die Kommunikation ist problematisch, auch die Maßnahmen selbst lassen zum Teil ratlos zurück: Es gibt kaum einen nachvollziehbaren Grund, warum private Treffen auf sechs Personen reduziert werden sollen – in Großraumbüros aber weiter 30 Menschen ohne Maske sitzen dürfen. Die Regierung ruft die Bevölkerung zur Kontaktreduktion auf, hat aber noch immer keine Home-Office Regelung für Beschäftigte fertig. Nur einer von vielen Fehlern des virologischen Quartetts aus Kurz, Kogler, Nehammer und Anschober.
Maßgeblich für das Corona-Chaos ist Sebastian Kurz verantwortlich, obwohl er fachlich gar nicht zuständig ist. Aber natürlich überall dabei, wo eine Kamera steht. Die Verkündung von Corona Maßnahmen musste einmal sogar verschoben werden, weil der Kanzler durch ein EU-Treffen verhindert war. Mit seinen Auftritten stiftet der Kanzler aber oft Verwirrung. Eine unabhängige Expertenkommission hat mittlerweile festgestellt, dass die Pressekonferenz von Kurz zu Ischgl zu unkontrollierten Abreisen und damit zur massenhaften Verbreitung des Virus über ganz Europa beigetragen hat.
Die Pressekonferenz zu Ischgl war ein folgenschwerer Fehler, blieb aber bei Weitem nicht der einzige:
Der eigentlich zuständige Gesundheitsminister Anschober darf bei den Pressekonferenzen nur noch nebensächliches sagen, seitdem er Kurz im Beliebtheitsranking überholt hat. Aber auch realpolitisch bleibt das Wesentliche auf der Strecke: Seit Langem ist nachgewiesen, dass die Gesichtsvisiere deutlich schlechter die Verbreitung der Corona-Viren unterbinden als Masken. Genauso lange redet Anschober darüber, dass diese verboten werden sollen. Geschehen ist bis heute nichts. Am Montag kündigte der Minister an, an einer Verordnung für Pflegeheime zu arbeiten, bei der auch die Mitarbeiter geschult werden sollen. Wir haben also 8 Monate nach Beginn der Pandemie noch immer kein vollständiges Konzept, wie mit der besonders gefährdeten Gruppe der Menschen in Pflegeheimen umgegangen werden soll.
Gleichzeitig lässt Anschober zu, dass den Spitälern im kommenden Jahr 130 Millionen Euro fehlen, weil der Bund seine Zuschüsse kürzt.
Auch Anschobers Parteichef Vizekanzler Kogler macht keine gute Figur. Er bittet Unternehmen, wieder mehr auf Homeoffice zu setzen. Der Beamtenminister hat es aber bis heute nicht geschafft, das für seinen Zuständigkeitsbereich zu erledigen: Für den öffentlichen Dienst gibt es weder Homeoffice-Regelungen noch entsprechendes Equipment für die Mitarbeiter. Kein Wunder, dass die Grünen im Wien-Wahlkampf lieber mit Anschober warben.
Nehammer ist im Quartett die Rolle des „Bad Cops“ zugeteilt. Er ermahnt die Bevölkerung und hat einen Hauptschuldigen für die Pandemie: Die Stadt Wien. Wenn Cluster in Wien auftreten, wird eilig eine Pressekonferenz einberufen – wenn in ÖVP geführten Bundesländern die Lage ernst wird, schweigt Nehammer. Auch dass die Bundeshauptstadt im Vergleich zu anderen internationalen Metropolen gut dasteht, ignoriert der Minister. Nehammer ist nicht nur der „Bad Cop“, sondern auch ein schlechter Innenminister. Sein Ministerium ist für die Meldungen der Neuinfektionen verantwortlich und erst am Wochenende geschah ein schwerer Fehler. Es wurden falsche Infektionszahlen an Medien gespielt. Zufällig wurden die Zahlen für Wien um 229 Fälle übertrieben.
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