Gesundheit & Leben

SPÖ und Ärztekammer: Regierung muss 350 Mio. Kürzung für Spitäler zurücknehmen

Trotz weltweiter Corona-Pandemie stellt die Regierung den Spitälern im Jahr 2021 um 350 Millionen Euro weniger zur Verfügung. Zur Einordnung: So viel kosten rund 3.000 Ärztinnen und Ärzte für ein Jahr. Heimische Mediziner warnen bereits jetzt vor Versorgungsengpässen.

In der Corona-Krise geht es vor allem darum, die Spitalskapazitäten vor einer Überlastung zu schützen. Der wichtigste Grund für einen zweiten Lockdown wäre schließlich die drohende Überlastung der Spitäler – also wenn es mehr Corona-Fälle gäbe, die im Spital behandelt werden müssen, als die Spitäler versorgen können.

Rendi-Wagners Mutter musste als Covid-Patientin auf die Intensivstation

Aktuell liegen 841 Covid-Patienten im Krankenhaus auf einer Normalstation und 161 Patienten auf der Intensivstation – 627 Intensivbetten sind noch frei. Auch die Mutter der SPÖ-Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner war eine von ihnen – sie musste vor kurzem wegen einer Covid-Erkrankung auf die Intensivstation, wurde aber mittlerweile wieder entlassen.

„Sie ist den ÄrztInnen und PflegerInnen dort so dankbar“, sagt Rendi-Wagner. „Das wichtigste ist, dass wir unsere Spitäler jetzt stärken und nicht schwächen“.


Spitälern fehlen 350 Mio. Euro

Neue Analysen des Budgets zeigen aber, dass den Spitälern nächstes Jahr 350 Mio. Euro fehlen werden. Für die Krankenanstalten-Finanzierung aus dem Budget des Bundes sieht die SPÖ ein Minus von 170 Millionen Euro. Dazu kommt noch ein Minus von 180 Millionen aufgrund zu viel bezahlter Vorabpauschalen, die die Länder nun zurückzahlen müssen.

Corona Intensivbetten-Auslastung

Die SPÖ fordert die Regierung daher auf, die Kürzungen von insgesamt 350 Mio. Euro zurückzunehmen und die Finanzierung der heimischen Spitäler zu garantieren. Unterstützung bekommt sie von der Ärztekammer:

„Eine Reduktion des Gesundheitsbudgets bedeutet weniger Personal in den Spitälern. Das sollte unbedingt korrigiert werden, weil wir brauchen dringend mehr Personal“,

sagt der Präsident der Ärztekammer Thomas Szekeres in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Rendi-Wagner.


Auch der medizinische Direktor des Wiener Gesundheitsverbundes, Michael Binder warnt: „Wiens Spitäler brauchen 140 Millionen mehr, haben aber 87 Mio. Euro weniger Einnahmen.“

Ärztekammer fordert mehr Budget

Gesundheitsminister Anschober hat diese Zahlen als „nicht nachvollziehbar“ genannt. Das Finanzministerium verweist darauf, dass die Finanzierung des Gesundheitswesens Teil des Finanzausgleichs sei. Doch SPÖ und Ärztekammer fordern eine sofortige Ausfallshaftung im Budget. „Die Regierung muss die gesetzliche Kopplung der Spitalsfinanzierung an die Einnahmen und das Wirtschaftswachstum aufheben. Sonst kommt es zu einem Rückfahren des Gesundheitssystems mitten in einer Pandemie“.

Umgerechnet über 1.000 Ärzte weniger

Die Spitäler werden die Kürzungen nicht so einfach wegstecken können. Zur Größenordnung: Ein Spitalsarzt kostet jährlich rund 120.000 Euro – mit 350 Mio. können also 2.917 Ärztinnen und Ärzte finanziert werden – oder eben nicht.

Heimische Mediziner warnten jedenfalls diese Woche vor Versorgungsengpässen. Die durchschnittliche Zeit der Intensivbehandlung von Corona-Patienten sei „mehr als das Doppelte einer durchschnittlichen Behandlungsdauer“. Wenn gleichzeitig viele Corona-Patienten in den Spitäler behandelt werden, wären diese erheblich belastet.

Kürzungen im Detail

Bei einer ersten Betrachtung des Budgets wirkt es so, als hätte die schwarz-grüne Regierung das Gesundheitsbudget sogar um 600 Millionen Euro aufgestockt. Dieses Geld ist aber für Impfstoff, Testungen und Contact Tracing vorgesehen. Die Kürzungen bei den Spitälern ergeben sich aus einem anderen Budgetposten: Österreichs Spitäler werden je zu einem Drittel vom Bund, der ÖGK und den Bundesländern bezahlt. Der Betrag richtet sich nach dem Abgaben-Aufkommen. Diese sind durch die Corona-Arbeitslosigkeit aber eingebrochen. 

Im Herbst 2021 werden die Länder außerdem 180 Millionen Euro an die Sozialversicherung zurückzahlen müssen. Das liegt auch an der Pandemie: Die Sozialversicherung muss jeden Monat eine vorläufige Pauschale an die Länder überweisen. Die Annahmen für die Pauschale 2020 war eine Ausgabensteigerung von 3,7 Prozent. Tatsächlich gab es aber nur eine Steigerung von 1,1 Prozent. Grund dafür ist, dass während des Lockdowns viele Vorsorgeuntersuchungen und Operationen aufgeschoben oder nicht durchgeführt wurden. Die Sozialversicherung hat damit zu viel überwiesen und die Länder müssen zurückzahlen. 

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