Selbst nach den Paradise Papers blockieren einige Mitgliedsstaaten ein gemeinsames Handeln gegen Finanzkriminalität in der EU. Österreich ist unter ihnen. Finanzminister Schelling verhindert einfache Maßnahmen, die den großen Steuertricksern ihre Praxis erheblich erschweren könnten. Und es ist nicht das erste Mal, dass er das tut.
Groß angelegte Steuervermeidung richtet enormen Schaden an. Das ist durch die geleakten Paradise Papers wieder offensichtlich geworden. Multinationale Konzerne schleusen in Europa jährlich fast 70 Milliarden Euro Steuern an den Staaten vorbei – in Österreich sind es etwa 1,5 Milliarden Euro.
Dafür bauen die großen Player aufwendige Konstruktionen und verschieben ihre Gewinne in Länder, wo die geringsten Steuern zu zahlen sind. So gelingt es ihnen, bis zu einem Drittel weniger Steuern zu zahlen als kleine und mittlere Betriebe.
Das übt im europäischen Wettbewerb Druck auf andere aus, diese Steuerlücken ebenfalls zu nutzen. Der französische Ökonom Gabriel Zucman spricht von einer „mächtigen Industrie“ aus Vermögenden, Anwaltsfirmen, Steuerberatern und großen Wirtschaftstreuhändern, die sich seit den 1980er Jahren entwickelt hat. Und er sagt über diese Praktiken:
„Manche sind legal, doch die meisten gehen auf Kosten der Steuereinnahmen anderer Länder. Bezahlen müssen es dort vor allem die sozial Schwächeren.“
Angesichts dessen wollen die EU-Kommission, das Europäische Parlament und die meisten Mitgliedsstaaten jetzt Maßnahmen beschließen. Bereits am 14. November will man sich auf neue Regeln einigen, die es der Steuervermeidungs-Industrie schwer machen sollen.
Doch dieses Treffen wird jetzt blockiert. Und zwar von Luxemburg, Großbritannien, Malta, Zypern, Irland und eben auch Österreich, wie der Standard berichtet. Österreich stellt sich damit auf die Seite der Steuersumpf-Ländern und positioniert sich gegen jene Staaten, die rasch handeln wollen. Das sind Frankreich, Italien, Spanien und Schweden.
Konkret geht es um Register, die Hintermänner von Trusts und anderen intransparenten Konstrukten aufdecken sollen. Derzeit werden Trusts meist von Strohmännern geführt, die tatsächlichen Eigentümer können nur durch Leaks aufgedeckt werden – wie aktuell die Paradise Papers zeigen. Das soll sich nun ändern.
Doch Österrichs Finanzminister unterstützt das Vorhaben nicht:
Es ist nicht das erste Mal, dass Schelling durch seine sanfte Haltung gegenüber Steuertricksern und -betrügern auffällt. So kämpft der Finanzminister auf europäischer Ebene seit langem dagegen an, dass multinationale Konzerne ihre länderweisen Umsätze, Gewinne und Steuern (Country-by-Country-Report) in öffentlichen Berichten bekannt geben müssen.
Derzeit müssen die Multis diese Daten nur den Finanzbehörden in den Staaten, in denen sie tätig sind, melden. Da die Informationen aber von großem öffentlichen Interesse sind und auch Druck auf die Konzerne ausüben würden, wäre eine generelle Veröffentlichung wichtig. Für die Öffentlichkeit wäre dann leicht erkennbar, ob Firmen ihre Steuern auch dort zahlen, wo Geschäfte gemacht werden.
Finanzminister Schelling hat sich im letzten Jahr mehrmals gegen die Initiative der EU-Kommission gestellt – mit wechselnden und teilweise abstrusen Begründungen.
Die eigentliche Wettbewerbsverzerrung besteht derzeit für kleine und mittlere Unternehmen, die ihre Gewinne nicht einfach verschieben können und bis zu einem Drittel mehr an Steuern zahlen – das wiederum scheint Schelling nicht zu stören.
Schellings Haltung mag vielleicht auch daran liegen, dass er selbst von 1992 bis 2011 in führenden Positionen beim Möbelgeschäft XXXLutz tätig war – als Geschäftsführer und Aufsichtsrat. Der Betrieb etablierte im Jahr 2007 ein Modell, um Steuern zu sparen: Eine maltesische Tochterfirma verrechnete den Marken des Lutz-Konzerns Lizenzen, für die sie in Malta unter Ausnutzung einer Steuergutschrift nur 5 % Steuern zahlte. Auf diese Weise ersparte sich das Unternehmen Millionen an Steuern in Österreich.
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