Europa

So hilft Finanzminister Schelling den Multis beim Steuertricksen

Flickr/Franz Johann Morgenbesser - CC BY-ND 2.0

Selbst nach den Paradise Papers blockieren einige Mitgliedsstaaten ein gemeinsames Handeln gegen Finanzkriminalität in der EU. Österreich ist unter ihnen. Finanzminister Schelling verhindert einfache Maßnahmen, die den großen Steuertricksern ihre Praxis erheblich erschweren könnten. Und es ist nicht das erste Mal, dass er das tut.

Groß angelegte Steuervermeidung richtet enormen Schaden an. Das ist durch die geleakten Paradise Papers wieder offensichtlich geworden. Multinationale Konzerne schleusen in Europa jährlich fast 70 Milliarden Euro Steuern an den Staaten vorbei – in Österreich sind es etwa 1,5 Milliarden Euro.

Steuertricks: Multis zahlen ein Drittel weniger Steuern

Dafür bauen die großen Player aufwendige Konstruktionen und verschieben ihre Gewinne in Länder, wo die geringsten Steuern zu zahlen sind. So gelingt es ihnen, bis zu einem Drittel weniger Steuern zu zahlen als kleine und mittlere Betriebe.

Das übt im europäischen Wettbewerb Druck auf andere aus, diese Steuerlücken ebenfalls zu nutzen. Der französische Ökonom Gabriel Zucman spricht von einer „mächtigen Industrie“ aus Vermögenden, Anwaltsfirmen, Steuerberatern und großen Wirtschaftstreuhändern, die sich seit den 1980er Jahren entwickelt hat. Und er sagt über diese Praktiken:

„Manche sind legal, doch die meisten gehen auf Kosten der Steuereinnahmen anderer Länder. Bezahlen müssen es dort vor allem die sozial Schwächeren.“

EU will rasch Maßnahmen gegen Steuertricks

Angesichts dessen wollen die EU-Kommission, das Europäische Parlament und die meisten Mitgliedsstaaten jetzt Maßnahmen beschließen. Bereits am 14. November will man sich auf neue Regeln einigen, die es der Steuervermeidungs-Industrie schwer machen sollen.

Doch dieses Treffen wird jetzt blockiert. Und zwar von Luxemburg, Großbritannien, Malta, Zypern, Irland und eben auch Österreich, wie der Standard berichtet. Österreich stellt sich damit auf die Seite der Steuersumpf-Ländern und positioniert sich gegen jene Staaten, die rasch handeln wollen. Das sind Frankreich, Italien, Spanien und Schweden.

Schelling gegen Transparenz bei Trusts

Konkret geht es um Register, die Hintermänner von Trusts und anderen intransparenten Konstrukten aufdecken sollen. Derzeit werden Trusts meist von Strohmännern geführt, die tatsächlichen Eigentümer können nur durch Leaks aufgedeckt werden – wie aktuell die Paradise Papers zeigen. Das soll sich nun ändern.

Doch Österrichs Finanzminister unterstützt das Vorhaben nicht:

„Österreich sieht den öffentlichen Zugang zum Register der wirtschaftlichen Eigentümer sehr kritisch, insbesondere aufgrund der rechtlichen Unsicherheiten, die mit einem öffentlichen Zugang verbunden sind.“

Schelling schützt Steuertrickser nicht zum ersten Mal

Es ist nicht das erste Mal, dass Schelling durch seine sanfte Haltung gegenüber Steuertricksern und -betrügern auffällt. So kämpft der Finanzminister auf europäischer Ebene seit langem dagegen an, dass multinationale Konzerne ihre länderweisen Umsätze, Gewinne und Steuern (Country-by-Country-Report) in öffentlichen Berichten bekannt geben müssen.

Derzeit müssen die Multis diese Daten nur den Finanzbehörden in den Staaten, in denen sie tätig sind, melden. Da die Informationen aber von großem öffentlichen Interesse sind und auch Druck auf die Konzerne ausüben würden, wäre eine generelle Veröffentlichung wichtig. Für die Öffentlichkeit wäre dann leicht erkennbar, ob Firmen ihre Steuern auch dort zahlen, wo Geschäfte gemacht werden.

Österreich auch gegen Steueroffenlegung

Finanzminister Schelling hat sich im letzten Jahr mehrmals gegen die Initiative der EU-Kommission gestellt – mit wechselnden und teilweise abstrusen Begründungen.

  • Im Mai 2016 lehnte Schelling die Veröffentlichung der Daten internationaler Konzerne ab, weil dies einen Bruch des Völkerrechts darstellen würde. Würden die Steuerbehörden die Daten veröffentlichen, wäre das tatsächlich völkerrechtlich relevant. Nur: Niemand fordert das. Die Konzerne würden die Berichte selbst veröffentlichen, nicht die Steuerbehörden.
  • Für Schelling reicht es, wenn die europäischen Finanzämter Einblick in die Steuerdaten erhalten. Da die meisten Steuervermeidungs-Tricks allerdings legal sind, würde das kaum etwas bringen. Konzerne kommen dann unter Druck, wenn die Öffentlichkeit sieht, wie Gewinne mittels Briefkastenfirmen in Länder mit niedrigen Steuern verschoben werden. Wissen lediglich die Finanzämter davon, ändert sich nur wenig.
  • Schelling behauptet, dass die Veröffentlichung von Finanzberichten „den Wettbewerb verzerren“ würde – das widerspricht den bisherigen Erfahrungen. Für Banken und Rohstoffkonzerne besteht bereits eine derartige Veröffentlichungs-Pflicht. Und eine Studie von PriceWaterhouseCoopers kommt zu dem Schluss, dass der Wettbewerb durch die Offenlegung keineswegs verzerrt wird.

Die eigentliche Wettbewerbsverzerrung besteht derzeit für kleine und mittlere Unternehmen, die ihre Gewinne nicht einfach verschieben können und bis zu einem Drittel mehr an Steuern zahlen – das wiederum scheint Schelling nicht zu stören.

XXXLutz: Schelling kennt die Steuertricks aus erster Hand

Schellings Haltung mag vielleicht auch daran liegen, dass er selbst von 1992 bis 2011 in führenden Positionen beim Möbelgeschäft XXXLutz tätig war – als Geschäftsführer und Aufsichtsrat. Der Betrieb etablierte im Jahr 2007 ein Modell, um Steuern zu sparen: Eine maltesische Tochterfirma verrechnete den Marken des Lutz-Konzerns Lizenzen, für die sie in Malta unter Ausnutzung einer Steuergutschrift nur 5 % Steuern zahlte. Auf diese Weise ersparte sich das Unternehmen Millionen an Steuern in Österreich.

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Steuerbetrüger kosten die EU so viel wie die Gesundheitssysteme aller Staaten - Kontrast.at
7. Februar 2019 18:25

[…] Transparenzinitiative, bei der Konzerne ihre länderweisen Umsätze, Gewinne und Steuern (Country-by-Country-Report) in öffentlichen Berichten bekannt geben müssen, hat der ÖVP-Finanzminister […]

trackback
EU zahlt Beraterhonorare an große SteuerSteuertrickser - Kontrast.at
13. Juli 2018 15:37

[…] richtet enormen Schaden an. Multinationale Konzerne schleusen in Europa jährlich fast 70 Milliarden Euro Steuern an den Staaten vorbei – in Österreich sind es etwa 1,5 Milliarden […]

Auch hier gehört das her:
Auch hier gehört das her:
23. März 2018 02:04

Woher kamen SCHELLING und LÖGER?
Aha!
Dann erklärt diesen dämlichen Wäh-
lern endlich einmal, dass sie sich vorher zu
interessieren haben, wen sie dort oben hi-
nein wählen.

Dafür ist die Recherche der vorherigen
Arbeitgeber leider unerlässlich. Nämlich
der, der von Großbetrieben, Banken od.
von Versicherungen kommt, wird niemals
für den Bürger da sein, niemals!

Wer das nicht kapiert und begriffen hat,
dürfte über die Hauptschule nie hinaus-
gekommen sein, basta.

Ernst Preissl
Ernst Preissl
25. November 2017 14:13

Wir Arbeiter, Angestellte, Pensionisten müssen jeden Euro versteuern, und die Konzerne verschieben die Gewinne ins Steuerparadies und zahlen fast keine Steuer.
So wie man lesen konnte die Wahlspende von 434000.- € vom Inhaber einer Motorradmarke (natürlich für die schwarz türkisen) war nur ein Klacks.

flodur
flodur
21. November 2017 17:49

Er, der Nochfinanzminister, wird wissen warum er auf Seiten des Mammon steht, denn ohne Grund entscheidet sich niemand für eine gewisse Handlung. Dies weist die Lehre der Logik folgerichtig aus; – alles andere ist wider die Vernunft…

Friedrich
Friedrich
17. November 2017 23:01

Also, Steuerhinterziehung funktioniert ja nicht nur bei den Konzernen – diese ist oft auch gezielt gewollt. Hat jemand von euch schon mal überlegt warum Lagerhaus, Bauhaus, Hornbach, Obi u.s.w. überhaupt existieren können, wenn wir doch alle diese Leistungen bei Fachfirmen kaufen sollten?? Die Hälfte der Einfamilienhäuser in Österreich würde nicht existieren, würde Steuerhinterziehung in Form von Pfusch bzw. Schwarzarbeit nicht alltäglich sein.
Und was bedeutet dies: Mehrwertsteuer für den Staat, Arbeitsplätze in den Baumärkten, Grundsteuern, Grunderwerbssteuern u.s.w. Also ehrlich Leute, jeder von uns versucht Steuern zu vermeiden wenn es irgendwie möglich ist. Es liegt an jedem selber wo er einkauft. Eigentlich dürfte niemand bei Amazon, Zalando oder im Internet einkaufen. Den damit schädige ich den Staatshaushalt genauso. Also Leute denkt mal nach.

Der Suchende :-)
Der Suchende :-)
17. November 2017 22:14

Wenn man nachdenkt von welcher Lobby er gekommen ist, und wahrscheinlich gar nicht anders kann/darf wundert es mich auch gar nicht. außerdem sind es ja die Politiker der Staaten und nicht die Konzerne, welche Steuerhinterziehung forcieren.
Wichtiger ist natürlich das Thema Rauchverbot neu zu diskutieren, obwohl es niemanden mehr Geld ins Börserl bringt.
Österreich hat gewählt, und nun müssen es alle ausbaden.
Soviel zur Wahl der Veränderung und wahren Partei des kleinen Mannes.
Danke an diese über 50% der Wähler:

PS:
Ich versuche stets das Positive zu sehen, doch bei türkis/blau weiß ich nicht, wo ich zu suchen beginnen soll.
Wäre für jeden Tip dankbar

HELM AB
HELM AB
15. November 2017 05:19

Österreich leistet sich einen Finanzminister der selber Stiftungsherr ist. Auch der Hartlauer Löwe hat sein Vermögen in Stiftung und wurde vom Steuerzahler gerettet, ähnlich der Pierer.
Die Reichen haben gespart, jetzt sind mal die anderen dran!

trackback
Wird der Kampf gegen Steuerbetrug im EU-Parlament durchlöchert?
23. Juni 2017 11:58

[…] im letzten Jahr mehrmals gegen die verpflichtende Veröffentlichung der gezahlten Steuern pro Land ausgesprochen – mit wechselnden und teilweise abstrusen Begründungen. Beim Spitzentreffen der europäischen […]

trackback
Eine Geschichte voller Missverständnisse: Finanzminister Schelling und die Steuergerechtigkeit - Kontrast Blog
10. Juni 2017 11:15

[…] präsentiert. Bislang ist er in dieser Frage durch eine zögerliche bis blockierende Haltung aufgefallen. Zudem hängen ihm die aggressiven Steuervermeidungspraktiken aus seiner Zeit als Geschäftsführer […]

Norbert Schuster
Norbert Schuster
24. Mai 2017 20:01

http://www.demokratie-direkt.at Hier finden sie detaillierte Infos zur Konzernbesteuerung.

Franz Kasper
Franz Kasper
13. Mai 2017 09:09

„Steuerverschiebungen“! Bin in dieser Sache ein Greenhorn, aber wie hoch der genau Umsatz von XXLutz oder anderen Konzernen ist,wird doch von der Behörde zu eruieren sein.Ein Gesetz, die Steuern für diese Umsätze im Inland in voller Höhe zu entrichten müsste doch auch möglich sein.Wo liegt da das Problem??

Johannes Strohner
Johannes Strohner
Reply to  Franz Kasper
23. Mai 2017 15:38

Das Problem besteht darin dass diese Unternehmen Ausgaben an Tochterunternehmen in Niedrigsteuerländern dem Finanzamt präsentieren, in Extrenfällen (z.B. Google, Amazon…) gibt das Unternehmen fast genau die Summe an jene Tochterunternehmen als Ausgaben an, die dem Gewinn des Geschäftsjahr entspricht, kein Einkommen = keine Steuer.
Macht man nun Druck auf jene Konzerne die diese Praktiken anwenden, drohen diese mit Abwanderung in Länder in denen diese Methoden widerstandslos anerkannt werden, und damit gehen nicht nur die Exportumsätze runter sondern zeitgleich die Arbeitslosenzahlen rauf.
Um diesr Art Steuerhinterziehung zu stoppen müssten alle Nationen der Welt, synchron ihre Gesetze anpassen.

Norbert Schuster
Norbert Schuster
Reply to  Johannes Strohner
24. Mai 2017 20:36

Das Argument der Abwanderung ist auch weit hergeholt, denn die Konzerne wandern sicher nicht ab, denn sie wollen ihre Waren ja hier verkaufen. Starbucks seinen Kaffee, XXXLutz und Ikea ihre Möbel, McDonalds seine Burger, Google & Facebook ihre Werbung, Apple seine Handys und Computer, usw. Also das greift nicht wirklich und der Staat sollte sich hier nicht drohen lassen und das ganz relaxed nehmen. Leider hängen unsere Politiker zum Teil am Gängelband der Wirtschaft…

Johannes Strohner
Johannes Strohner
Reply to  Franz Kasper
23. Mai 2017 15:48

Umsatzsteuer ist ein Durchlaufposten den am Ende nur der Endverbraucher zahlt, die Steuer um die es geht ist die Einkommensteuer.

Norbert Schuster
Norbert Schuster
Reply to  Johannes Strohner
24. Mai 2017 20:46

Genauer geht’s um die Körperschafssteuer. Die fällt bei Konzernen (Gesellschaften) an.
Umsatzsteuer-Betrug ist innerhalb der EU auch ein Thema, aber da geht’s um wesentlich weniger als bei den Gewinnsteuern. Laut OECD-Studie beträgt der Steuerentfall durch derartige Verschiebungen alleine in der EU rund 1 Billion (1000 Milliarden) Euro. Auf Ö gerechnet wären dies 25 Mrd Mehreinnahmen. Also da geht’s schon um beträchtliche Summen!

josef.haider
josef.haider
Reply to  Franz Kasper
12. November 2017 21:33

Das Problem sind die Wähler: sie wählen mehrheitlich Parteien, die die Interessen der Konzerne vertreten.

Weigel Hermann
Weigel Hermann
Reply to  Franz Kasper
15. November 2017 15:17

Wenn man es will ! ist es möglich.

Sandra Huber
Sandra Huber
11. Mai 2017 13:49

Diese legalen Steuerverschiebungen und letztendlich Steuerhinterziehungen sind wirklich fatal. Nur-es nützt nichts, wenn dies alles aufgezeigt wird und NICHTS dagegen unternommen wird
dasselbe gilt für die Vermögenssteuer: alle reden davon-NICHTS passiert

Martina Hödl
Martina Hödl
11. Mai 2017 13:30

Wir Kundinnen und Kunden haben es in der Hand, multinationale Konzerne, die wenig Steuern zahlen, auch ein wenig zu „steuern“: Seitdem ich weiß, dass XXX Lutz so wenig Steuern zahlt, kaufe ich dort gar nichts mehr!

Wir arbeitende Menschen sollten das auch einmal öffentlich kommunizieren, dass es extrem unfair ist, wenn reiche multinationale Unternehmen sich das Geld von uns KundInnen holen, aber sie selber dem Staat möglichst wenig Steuern zahlen. Daher zahlen wir dann doppelt:-(((
Und dass ein Finanzminister so etwas unterstützt, finde ich eine Frechheit!!!!
DIE EU muss etwas gegen UNFAIRNESS tun!

Josef Lorenz
Josef Lorenz
Reply to  Martina Hödl
15. November 2017 20:10

„Unser“ Finanzminister ist durch diesen Bericht gefordert, seine „Un-Befangenheit offenzulegen und wenn ein eindeutiges Ja herauskommt umgehend zurückzutreten und Selbstanzeige zu erstatten… wahrscheinlich ein Wunsch ans Christkind! Eine Frage noch: Warum werden hier die übrigen Parlamentsparteien nicht aktiv???

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