ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss

Thomas Schmid will Kronzeugenstatus – Hausdurchsuchungen bei Rene Benkos Signa Gruppe

Es ist ein kleines innenpolitisches Erdbeben, als die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft am Dienstag, dem 18. Oktober 2022 veröffentlicht, dass Thomas Schmid den Kronzeugenstatus beantragen will. Seit April hat der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium in 15 (!) ganztägigen Einvernahmen sein Wissen über mutmaßliche Korruption bekannt gegeben. Seine Aussagen werden nun in den offiziellen Akt übernommen und sind damit bald für alle Beschuldigten einsehbar. Zeitgleich fanden in Innsbruck bei der Signa Gruppe des Kurz Intimus Rene Benko Hausdurchsuchungen statt. Beobachter vermuten einen Zusammenhang. 

„Eine Bombe“ nennt es der Innenpolitik-Redakteur Fabian Schmid auf Twitter. Seine Einschätzung ist wohl nicht übertrieben. Thomas Schmid, der Ex-Generalsekretär und ehemalige ÖBAG-Chef, will um den Status als Kronzeuge ansuchen. 15 Tage lang hat Schmid seither bei der WKStA ausgepackt, und sich den Fragen der Staatsanwälte gestellt. Der Inhalt ist der Öffentlichkeit unbekannt – noch. Denn die Protokolle werden dem Akt zur Causa um die Casinos hinzugefügt. Damit haben alle 45 Beschuldigten (natürliche Personen und Verbände) Einsicht in die Protokolle – ein ziemlich großer Personenkreis. Ermittelt wird wegen des Verdachts der Untreue, der falschen Beweisaussage, des Missbrauchs der Amtsgewalt, der Bestechlichkeit, der Bestechung und der Verletzung des Amtsgeheimnisses. Seit April liegen die Einvernahmen bereits bei der WKStA – bisher wurden keine Informationen „geleakt“. Die ÖVP hatte der WKStA immer wieder vorgeworfen, Erkenntnisse an die Medien zu spielen.

 

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft lässt die „Bombe“ platzen: Thomas Schmid packt aus und will den Kronzeugenstatus. (Screenshot)

Thomas Schmids Chats

Im Zuge der Ibiza-Untersuchungen konfiszierte die WKStA Thomas Schmids Handy – und seine Backups. 300.000 Nachrichten konnten wiederhergestellt werden, die mitunter große politische Sprengkraft besaßen. So wurde die Inseratenkorruption des „Beinschab-Österreich-Tools“ bekannt, die letztlich auch zum Rücktritt des ehemaligen Bundeskanzlers Sebastian Kurz geführt hatten. Auch in anderen Themenbereichen lieferten die Chats Einblicke in die Machenschaften der türkisen ÖVP. So wurde etwa besprochen, wie man flächendeckende Kinderbetreuung in Österreich verhindern könnte oder kirchliche Vertreter unter Druck setzen könnte. Zur Erinnerung: Hier geht es zu den „Best-of“ der Schmid-Chats.

Hausdurchsuchungen bei der Signa Gruppe in Innsbruck

Zeitnah mit der Veröffentlichung der WKStA kam es zu Hausdurchsuchungen in Innsbruck. Dort wurde bei der Signa Gruppe nach Unterlagen gesucht. Anscheinend hat es mit einem Immobiliendeal in Wien zu tun – doch das konnte noch nicht bestätigt werden. Der Kurz-Förderer Rene Benko ist Mehrheitseigentümer der Signa-Gruppe und im Jahr nach Erstellung des Ibiza-Videos bei der Kronen Zeitung eingestiegen.

Der Fall: Kika-Leiner

Auf Twitter mutmaßen manche, dass es bei der Hausdurchsuchung um den Mega-Immobilien-Deal aus 2018 gehen könnte. Damals übernahm Benkos Signa den kriselnden Möbelhändler Kika-Leiner vom südafrikanischen Konzern Steinhoff. Benko hatte seit Jahren geplant, in den österreichischen Möbelmarkt einzusteigen. Als Kika-Leiner 2017 in die Krise schlittert, wittert Benko seine Chance und übernimmt zunächst den großen Leiner-Flagshipstore auf der Mariahilfer Straße. Ende Juni 2018 übernimmt Benkos Signa schließlich alle 68 Filialen der Kika-Leiner-Kette.

Für alle Immobilien legt Signa rund 450 Millionen Euro auf den Tisch und verpflichtet sich, 100 Millionen Euro Sanierungsbetrag zu zahlen. Bei diesem Deal hatte Benko einen wichtigen Unterstützer: den damaligen ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz. Er soll in engem Kontakt mit Benko gestanden sein und sich für den Einstieg des Milliardärs in den österreichischen Möbelmarkt eingesetzt haben.

Kurz und Benko standen auch abseits der Kika-Leiner-Übernahme in Kontakt. Benko hat den ÖVP-Chef in Wirtschaftsfragen beraten. Kurz wiederum half dem Konzernchef bei seinen Geschäftsanbahnungen, etwa in den Vereinigten Emiraten. Das österreichische Wirtschaftsmagazin Trend zählte Benko zum „innersten Kreis“ und Netzwerk von Kurz‘ Förderern.

„Und in den Häf’n schick i euch a!“

Einstweilen ist man auf Twitter durchaus hämisch:

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1785 Stimmen
    58% aller Stimmen 58%
    1785 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 16%, 475 Stimmen
    16% aller Stimmen 16%
    475 Stimmen - 16% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 368 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    368 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 286 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    286 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 150 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    150 Stimmen - 5% aller Stimmen
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12. März 2024
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Jakob Zerbes

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