Verteilungsgerechtigkeit

Enormer Reichtum als Gefahr: Ökonomen fordern Vermögensobergrenze

Im aktuellen Sozialbericht des Sozialministeriums fordern die Autoren Fessler und Schürz eine Vermögensobergrenze. Denn große Vermögen gehen dem Bericht zufolge mit einem „Übermaß an Macht“ einher, was langfristig die Demokratie zerstört. Auf der anderen Seite stehen 210.000 Menschen in Österreich, die sich nicht mal den Mindestlebensstandard leisten können.

1,3 Millionen Menschen in Österreich sind armutsgefährdet – das ist jede siebte Person in Österreich. 15 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze und 210.000 Menschen können sich nicht mal den europäischen Mindestlebensstandard leisten. Das zeigt der am Dienstag veröffentlichte Sozialbericht des Sozialministeriums.

Rund zwei Prozent der Bevölkerung sind laut dem Bericht „erheblich materiell und sozial benachteiligt“. Diese Menschen haben wenig bis gar keine Ersparnisse. Unerwartete, große Ausgaben können sie oft nicht stemmen. Auch das Heizen der Wohnung ist für Menschen ohne Ersparnisse und geringem Einkommen keine Selbstverständlichkeit. Das wirkt sich auch negativ auf die Gesundheit aus. Hinzu kommt, dass Armutsbetroffene von vielen sozialen Aktivitäten ausgeschlossen sind. Kinder können seltener an Schulfahrten teilnehmen und keine Freunde nach Hause einladen, schildert eine der Studienautorinnen, Nadja Lamei von der Statistik Austria.

Für eine Milliarde Euro müsste man 1.900 Jahre ohne Pause arbeiten

Auf der anderen Seite stehen einige wenige besonders Reiche, bei denen sich der Großteil des Vermögens konzentriert. Das kritisieren Pirmin Fessler und Martin Schürz, die beide als Volkswirte bei der Österreichischen Nationalbank arbeiten, in ihrem Kapitel zu Privateigentum. Ihnen zufolge gefährden zu große Vermögen die Demokratie, weil sie „mit einem Übermaß an Macht“ einhergehen. In einer Demokratie gilt jedoch das Prinzip politischer Gleichheit. Die Autoren sprechen deshalb von „Überreichtum“.

Die Dimensionen des Überreichtums von Superreichen veranschaulichen die Autoren an folgendem Beispiel:

„Unter der Annahme, dass ein Mensch einen beachtlichen Stundenlohn von 60 EUR hat, von Geburt an Tag und Nacht arbeitet, keine Steuer bezahlen muss und auch nichts für Konsum ausgibt, würde das Einkommen nach einem Jahr 525.600 EUR betragen. Nach hundert Jahren durchgehender Arbeit ohne Schlaf und Pause hätte man 52 Mio. EUR. 1 Mrd. EUR würden erst nach etwa 1.900 Jahren erreicht werden.“

Die reichsten Menschen unserer Gesellschaft besitzen mehrere Milliarden Euro. Das Beispiel zeigt: Vermögen und Leistung haben nichts miteinander zu tun. Auch wer sein Leben lang arbeitet und gut verdient, wird nie so reich wie ein Milliardär – außer man erbt.

Superreiche werden immer reicher

Reiche können Politik und Medien zu ihren Gunsten beeinflussen

Durch Parteispenden oder Inserate können Superreiche die Politik und die Medien entscheidend beeinflussen. Dadurch sind sie zum Teil mächtiger als Politiker, wie zum Beispiel Abgeordnete. Anders als diese wurden Superreiche aber nicht von der Bevölkerung gewählt. Im Sozialbericht heißt es:

„Eine zu starke Vermögenskonzentration kann dazu führen, dass sehr vermögende Personen durch ihren Einfluss auf Medien, Politik und Wissenschaft nicht nur den demokratischen Diskurs verzerren und dominieren, sondern bereits das Aufkommen gewisser Debatten effektiv verhindern können.“

Vermögende Personen können die öffentliche Meinung also in ihrem Sinne beeinflussen – und tun das auch. So ist es etwa kein Wunder, dass eine Vermögenssteuer in 69 Prozent aller Journalist:innen-Kommentaren in österreichischen Tageszeitungen abgelehnt wird. Und das, obwohl sich die Bevölkerung mit einer deutlichen Mehrheit für Vermögenssteuern ausspricht. An dieser Kluft zwischen öffentlicher und veröffentlichter Meinung wird der demokratiegefährdende Einfluss von großen Vermögen besonders deutlich.

„Vermögen wird, wenn es hoch genug ist, für die Ausübung gesellschaftlicher Macht, für das Erlangen von gesellschaftlichem Status und für dynastisch orientiertes Erben genutzt“, schreiben die Autoren Fessler und Schürz.

Sie verweisen auch darauf, dass vermögende Personen ihr Geld oft von einem Ort zum anderen schieben können, und sich damit Vorteile verschaffen: „Beispielsweise können sie Geschäftsmittel für private Zwecke verwenden, etwa Firmenwagen für persönliche Fahrten, Geschäftsessen, die auch private Treffen sind, oder die Nutzung von Firmenräumlichkeiten für private Veranstaltungen. Dadurch können sie ihre Lebenshaltungskosten über das Unternehmen abwickeln und somit ihre persönlichen Ausgaben senken.“ Ein aktuelles Beispiel, das in der Studie genannt wird, sind die Privatjet-Flüge und Jagdkosten von Rene Benko. Sie machten gemeinsam über 2,6 Millionen Euro aus. Benko ließ sich die Kosten von seiner Unternehmensgruppe Signa bezahlen – die wiederum bekam Millionen Euro Steuergeld durch Corona-Förderungen.

Vermögen und sein Einfluss auf das Klima

Studienautoren fordern Vermögensobergrenze

Fessler und Schürz fordern daher eine Vermögensobergrenze. Es geht um „eine Limitierung der Vermögenskonzentration und der damit einhergehenden sozialen und ökologischen Probleme“. Denn neben der Gefahr für die Demokratie belastet Überreichtum auch in besonderem Maß die Umwelt. Die Superreichen stoßen mit ihrem Luxusleben viel mehr CO₂ aus, als Personen mit niedrigem und mittleren Einkommen.

Bei der Vermögensobergrenze geht es den Studienautoren nicht um eine konkrete Zahl: „Jeder Zahlenwert – ob 50 Mio. oder 1 Mrd. Euro – wird sicherlich zu kontroversen Diskussionen führen“. Vielmehr gehe es um das „Verständnis, dass extreme Vermögenskonzentration gesellschaftliche Ungleichgewichte und Machtasymmetrien fördert, die die demokratischen und marktwirtschaftlichen Grundprinzipien untergraben“.

 

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 59%, 1489 Stimmen
    59% aller Stimmen 59%
    1489 Stimmen - 59% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 384 Stimmen
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    384 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 13%, 316 Stimmen
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    316 Stimmen - 13% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 223 Stimmen
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    223 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 4%, 111 Stimmen
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12. März 2024
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Victor Strauch

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