„Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s allen gut“, ist die österreichische Version der sogenannten „Trickle-Down These“. Die behauptet nämlich, dass Begünstigungen für Konzerne und Vermögende zwar zuerst für die Reichen etwas bringen, es von dort aber wieder an alle durch Löhne und Wirtschaftswachstum zurückfließe. „Nach unten sickert“, was die deutsche Bedeutung von „Trickle-Down“ ist. Doch das ist falsch, sagt eine englische Studie, die 18 OECD-Länder – auch Österreich – untersuchte und keinen Zusammenhang fand. Sie rät zu höheren Vermögenssteuern in der Corona-Krise.
Besonders seit den 1980er Jahren stieg der Druck auf Steuersenkungen für die Reichsten, die Forderung zeigte Wirkung: Lagen die durchschnittlichen Vermögenssteuern in Europa Anfang der 1980er Jahre noch bei über 60 Prozent, liegen sie heute bei der Hälfte. Auch in Österreich haben sich die Unternehmenssteuern in den letzten 40 Jahren mehr als halbiert. Diese Steuersenkungen haben die Einkommensungleichheit vergrößert, mit allen Nachteilen, die das bringt. Bei den unteren Einkommenschichten kam davon nichts an – das ist das Ergebnis einer Untersuchung der London School of Economics zu 50 Jahren Steuersenkungen für Reiche und Unternehmen in 18 OECD-Ländern.
„Steuersenkungen für Reiche erhöhen ihren Einkommensanteil, aber es hat kaum einen Effekt auf die wirtschaftliche Entwicklung“, sagen die Studienautoren David Hope and Julian Limberg vom King’s College London. Die massiven Steuersenkungen haben weder ein höheres Wirtschaftswachstum, noch niedrige Arbeitslosenzahlen gebracht.
„Die Steuern für Reiche niedrig zu halten, ist wirtschaftlich nicht begründet“, sagte Hope. Auch auf individueller Ebene sind Steuersenkungen kein Leistungsanreiz: Spitzenverdiener arbeiten nicht mehr oder angestrengter, wenn sie weniger Steuern zahlen. Diese Erkenntnisse sind gerade angesichts der Corona-Krisenkosten relevant, wie die Studienautoren betonen.
Limberg hofft, dass ihre Ergebnisse berücksichtigt werden, wenn es um höhere Steuern für die Vermögende geht, um die Krisenkosten und den Wiederaufbau nach Corona zu finanzieren.
„Unser Ergebnis unterstützt wohl Regierungen, die die öffentlichen Finanzen reparieren wollen. Um die wirtschaftlichen Folgen von höheren Steuern auf Vermögen müssen sie sich jedenfalls keine Sorgen machen“, sagte Limberg.
Argentinien und Spanien haben bereits höhere Vermögensabgaben beschlossen, um die Kosten der Krise zu finanzieren und Geld für Gesundheitsausgaben und Investitionen zu bekommen. In Österreich sind 73 Prozent der österreichischen Bevölkerung für Vermögenssteuern und 72 für eine Erbschaftssteuer. Zahlreiche Initiativen wie der Lastenausgleich von Attac oder die Millionärssteuer der SPÖ fordern einen größeren Beitrag der Reichsten bei den Krisenkosten. Doch im Parlament sind die Mehrheitsverhältnisse andere: Nur eine Minderheit von 36 Prozent der Abgeordneten unterstützen höhere Steuern für Vermögende, die große Mehrheit aus ÖVP, FPÖ und Neos sind dagegen und verhindern einen Beschluss.
Ganz im Gegenteil: Österreichs Reichste wie Rene Benko oder Johannes Graf bekommen vom Staat in der Krise großzügig Steuergelder für ihre Unternehmen – Ökonomen sprechen sogar von einer Überförderung ihrer Branchen – statt selbst einen Teil zum Lastenausgleich beizutragen. Graf und Benko konnten beide ihr Vermögen 2020 durch Dividendenausschüttungen im zig Millionen erhöhen, davon fließt nichts an die Allgemeinheit zurück, solange es keine Vermögenssteuern gibt.
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