Europa

Wie Konservative und Liberale europäische Maßnahmen gegen Steuerbetrug durchlöchern

Die „Panama Papers“ haben mit einem Schlag das enorme Ausmaß an schmutzigen Steuertricks deutlich gemacht, das globale Multis und Superreiche  betreiben. Im EU-Parlament wurde in Folge ein Untersuchungsausschuss gegen Steuerbetrug eingerichtet. Gezeigt hat sich: Ohne die Handlanger der Konzerne wäre Steuerpiraterie nicht möglich. Daher soll ihnen ein Riegel vorgeschoben werden. Jetzt liegt ein EU-Vorschlag zur verpflichtenden Veröffentlichung der gezahlten Steuern pro Land vor, doch Konservative und Liberale setzen alles daran, die Maßnahmen zahnlos zu machen.

Die Handlanger der Konzerne beim Tricksen mit der Steuer sind die sogenannten Finanzintermediäre – also WirtschaftsprüferInnen, AnwältInnen und Banken. Alleine in den Panama Papers sind unglaubliche 14.000 Finanzintermediäre involviert. Knapp jeder fünfte davon sitzt in der EU. Wirtschaftsprüfungsunternehmen sind die bedeutendsten Akteure im System der Steuervermeidung. Allen voran die sogenannten „Big Four“: Deloitte, Ernst&Young, KPMG und PwC. Sie machen ein Geschäft daraus, multinationale Konzerne darin zu beraten, wie sie ihr Geld am besten vor den Steuerbehörden verstecken können.

Diese Unternehmen sind dabei so schamlos, dass sie teilweise sogar eine Art Erfolgsgarantie für ihre miesen Steuertricks abgeben:  So vermarktet PWC seine Steuervermeidungsstrategien mit einer Erfolgswahrscheinlichkeit von 75 Prozent. Das heißt: Nur jeder vierte Steuertrick wird als ungesetzlich eingestuft.

Die Intermediäre agieren munter im Graubereich zwischen legaler Steuervermeidung und illegaler Steuerhinterziehung und Steuerbetrug. Will man gegen die Handlanger der Multis vorgehen, besteht die Schwierigkeit, überhaupt mit gesetzlichen Maßnahmen ansetzen zu können.

Geldwäsche-Richtlinie reicht gegen Steuerbetrug nicht aus 

Erste gesetzliche Schritte, um die dreiste Beihilfe beim Steuertricksen einzudämmen, sind bereits gesetzt. Seit der 3. EU-Geldwäsche-Richtlinie gilt etwa die „Know-Your-Customer Policy“: Banken sind dazu verpflichtet, ihre KundInnen zu kennen und zu wissen, woher ihr Geld kommt. Der Panama Untersuchungsausschuss hat aber gezeigt, dass diese selbstauferlegten Verpflichtungen nicht ausreichen.

Außerdem flossen trotz Know-Your-Customer Policy jahrelang Milliarden an Schwarzgeldern von russischen Konten über Briefkastenfirmen in die EU. In diese sogenannte „russische Geldwaschmaschine“ sind immerhin auch 88 österreichische Banken involviert. Etwa die Wiener Meinl Bank – wie auch die Zeitschrift Dossier berichtete. Egal, ob in Lettland, Irland oder in der Wiener Meinl Bank – kriminelles Geld wird offenbar mit Hilfe unserer Banken gewaschen.

EU-Kommission will Transparenz bei Finanzintermediären

Die EU-Kommission hat jetzt einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, in dem Finanzintermediäre dazu verpflichtet werden sollen, aggressive Steuerplanungsmodelle an die Behörden zu melden. So könnten im Rahmen des europäischen automatischen Informationsaustausches zwischen den Behörden nationale und europäische Steuerhinterziehung und Steuerpiraterie frühzeitig erkannt werden .

Der Vorschlag der Kommission ist grundsätzlich sinnvoll: Nur mit verpflichtender Transparenz kann den Handlangern der Multis das Handwerk gelegt werden. Laut Kommissionsvorschlag sollen diese Informationen aber nicht veröffentlicht werden –  nach wie vor hätte also nicht jeder und jede die Möglichkeit herauszufinden, welches Unternehmen sich davor drückt, seinen fairen Steuerbeitrag zu leisten.

Konservative und Liberale durchlöchern Maßnahmen

Gerade die Veröffentlichung von Steuerdaten ist es aber, die genügend Druck auf Unternehmen ausüben könnte, um Steuertricks und Steuerbetrug zu unterlassen. Dazu liegt ein weiterer europäischer Vorschlag am Tisch: Das öffentliche Country-by-Country-Reporting. Firmen mit einem Umsatz von über 750 Millionen Euro sollen künftig öffentliche Berichte erstellen. Diese enthalten für jedes Land die Anzahl der Mitarbeiter, den Umsatz, den Gewinn und die Höhe der gezahlten Steuer.

Die Verhandlungen zum Bericht der EU-Abgeordneten Evelyn Regner zur öffentlichen länderweisen Berichterstattung laufen im Europaparlament auf Hochtouren: Im Mai wurde ein Kompromisspaket geschnürt, das eine weltweite und echte Offenlegung der gezahlten Steuern vorsah. Die Multis sollen für jedes Land der Welt berichten, und nicht nur – wie etwa die Kommission vorsah – nur für die EU-Mitgliedstaaten plus den Ländern auf der Liste der Steuersümpfe.

Seither wird der Vorschlag von der Europäischen Volkspartei (EVP) und den Liberalen (ALDE) durchlöchert. So verlangen sie Ausstiegsklauseln, durch die globale Multis in Absprache mit Ländern von den Verpflichtungen zur Steuertransparenz einfach ausgenommen werden können – argumentiert wird das mit der Wettbewerbsfähigkeit. Dabei besteht die eigentliche Wettbewerbsverzerrung derzeit für kleine und mittlere Unternehmen: Sie können ihre Gewinne nicht einfach verschieben zahlen dadurch bis zu einem Drittel mehr an Steuern.

Für Unternehmen wie Starbucks oder Amazon wird es ein Leichtes sein, mit einzelnen Regierungen unbegrenzte Ausnahmen zu vereinbaren und von der Offenlegung ausgenommen zu werden. Liberale und EVP hätten die Transparenz-Regeln damit völlig zahnlos gemacht. Die Aufweichung der Regeln würde den Entwurf zu einer „lahmen Ente“ machen, schreibt das Nachrichtenmagazin Politico:

„Dieses parlamentarische Drama kann wirkliche Konsequenzen haben. Wenn die [von Konservativen und Liberalen geforderten, Anm.] Änderungen durchgehen, heißt das: Steuerhinterzieher können sich zurücklehnen, entspannen und ihre Zigarren weiterhin mit 100 Dollar Scheinen anzünden.“

Die Abstimmung im Europäischen Parlament findet am 7. Juli in Straßburg statt. Die ÖVP wird im EU-Parlament Farbe bekennen müssen, ob sie für Transparenz und Rechenschaft der Multis steht oder nur groß davon reden möchte. Wie sich die Europaabgeordneten der ÖVP in ihrer Fraktion verhalten werden, ist unklar. Finanzminister Schelling hat sich im letzten Jahr mehrmals gegen die verpflichtende Veröffentlichung der gezahlten Steuern pro Land ausgesprochen – mit wechselnden und teilweise abstrusen Begründungen. Beim Spitzentreffen der europäischen Konservativen war Sebastian Kurz geladen. Doch über die Bekämpfung der Steuerhinterziehung der Multis auf europäischer Ebene hat er kein Wort verloren.

Besonders interessant wird auch sein, wie die neue ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger abstimmen wird: Es wird auch an Köstinger liegen zu beweisen, ob hinter der „neuen ÖVP“ nicht die alte Klientelpolitik für Superreiche und Steuertrickser steckt.

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 59%, 1477 Stimmen
    59% aller Stimmen 59%
    1477 Stimmen - 59% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 382 Stimmen
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    382 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 309 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    309 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 220 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    220 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 4%, 110 Stimmen
    4% aller Stimmen 4%
    110 Stimmen - 4% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2498
12. März 2024
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