Wie wäre es ein reicher weißer Mann zu sein? Taylor Swift beantwortet diese Frage in ihrem neuesten Musikvideo “The Man” etwa so: Sie würde es sich wohl selbst sehr leicht machen und andere schlecht behandeln, ohne es zu merken. Sie verarbeitet dabei nicht nur ihre eigene Erfahrung, sondern auch viele Anspielungen auf die Popkultur.
Die Musikerin Taylor Swift arbeitet gerne mit Easter Eggs – zu deutsch: Ostereiern. Das heißt, es gibt viele Hinweise auf Menschen und Ereignisse, die sie in ihrem Musikvideo anspricht. So geht es in ihrem Video um Serena Williams, Kayne West und die Einführung des Frauenwahlrechts – aber das erkennt man nur dann, wenn man die Hinweise entdeckt. Im Internet überschlagen sich die Fan-Theorien. Wir haben die Referenzen für euch analysiert.
1. Leonardo DiCaprio und “The Wolf of Wall Street”
I couldn’t love the reference more #TheManMusicVideo pic.twitter.com/wchbzQEGg2
— fin ⸆⸉ (@taylordwetrust) February 27, 2020
Während sich Taylor Swift am Anfang ihrer Karriere kaum politisch äußerte, setzt sie seit einigen Jahren ihre Bekanntheit ein, um auf Missstände in der Musikindustrie, in der Politik und für Frauen aufmerksam zu machen. In dem Video “The Man” tritt Taylor Swift als ein Mann namens Tyler auf. Im Video gibt es mehrere stilistische Ähnlichkeiten zu dem Film “The Wolf of Wall Street”. Der Film, in dem Leonardo DiCaprio einen korrupter New Yorker Börsenmakler spielte, ist das ultimative Beispiel für rücksichtslose, mächtige Männer. DiCaprio bekommt dann in einer späteren Strophe auch eine eigene Zeile gewidmet:
“They would toast to me, oh / ‘Let the players play’/ I’d be just like Leo, in St Tropez.”
Zu Deutsch: “Sie würden mir zuprosten, oh / ‘Lasst die Macker spielen’ /Ich wäre genau wie Leo in St. Tropez”. Dabei ist er auf einer Yacht mit mehreren jungen Models zu sehen. DiCaprio ist dafür bekannt, auf Yachten Partys zu feiern und das vor allem mit Models, die noch keine 25 Jahre alt sind.
2. Manspreading, Klatschpresse und der Klimawandel
“What Man Won the Year of Celebrity Dating?”, schreibt eine Zeitung, die Tyler in der U-Bahn liest. Dabei sitzt er natürlich sehr breitbeinig da. Daneben finden sich in der Zeitung Titel wie “Year’s Most Electable CEOs,” “Men Love Sports”. Taylor Swifts Liebesleben wurde stetig von Klatschblättern und Boulevardzeitungen kommentiert und kritisiert – während ihre männlichen Kollegen für ihr ausschweifendes Dating-Verhalten gerne gefeiert werden.
Im Hintergrund befindet sich ein Poster mit der Überschrift “Man vs Waste” und dem Claim “Mother Nature Doesn’t Stand A Chance”. Einerseits ist das ein Kommentar an die Eliten und Regierungen, die Profite über den Umweltschutz stellen und den Klimawandel ignorieren. Andererseits kann man auch das mit gender-kritischem Ton lesen: Während Männer heroisch in den Kampf gegen die Vermüllung ziehen, ist die leidende Natur eine metaphorische Frau.
3. Taylor Swift: Kritik an Musikindustrie
In einer Szene uriniert Tyler in einer U-Bahnstation gegen eine Wand , auf der die Titel von Swifts bisherigen Alben getagged sind. Daneben sieht man ein Schild, auf dem steht: “Missing. If found return to Taylor Swift.” Auf einem weiteren Schild ist ein “Scooter-Verboten”-Schild abgebildet. Auch das ist eine Kritik: Denn Musikproduzent Scooter Brown hatte zuvor das Label Big Machine Records gekauft und mit ihm auch die sogenannten Masters von Swifts ersten sechs Alben. Das führte zu einem riesigen Urheberrechtsstreit zwischen Brown und Swift, der damit endete, dass Swift ihre eigenen Songs nicht mehr spielen durfte, von denen sie einige auch selbst geschrieben hat.
4. Der Streit zwischen Taylor Swift Kanye West
Ein weiteres Easter Egg: Der Flur, den Tyler nach einem One Night Stand entlanggeht und High Fives verteilt. Das ähnelt laut Fans dem Haus von Kim Kardashian und Kanye West. West und Swift haben seit dem Eklat bei den MTV Video Music Awards 2009 eine ebenso problematische wie medienwirksame Beziehung. Taylor Swift gewann damals den Preis für “Best Female Video”; West hätte den Preis Beyoncé gegönnt – und verkündete das lautstark. Er kam während Swifts Dankesrede auf die Bühne und unterbrach die damals 19-Jährige. Der Streit fand eine weitere Eskalation, als West sie in seinem “Famous”-Video “Bitch” nannte.
5. Zahlenspiel
Ebenfalls ein Easter Egg: In der Halle sind insgesamt 19 Hände zu sehen. Diese sollen für den 19. Zusatzartikel der Verfassungen der USA stehen. Der Artikel beinhaltet die Einführung des Frauenwahlrechts in den USA.
6. World’s Greatest Dad
In dem Musikvideo nimmt Tyler ein Kind in die Arme, nachdem er zuvor die ganze Zeit am Handy war, und wird sofort als “der beste Vater der Welt” gefeiert. Swift zeigt mit dieser Szene, wie ungleich die gesellschaftlichen Erwartungen an Mütter und Väter auch heute noch sind.
7. Das Tennis-Drama
In einer Szene des Videos spielt die Hauptfigur Tennis bei einer “Wohltätigkeitsveranstaltung für Frauen.” Tyler wird wütend und schreit den Schiedsrichter an. Das ist eine Anspielung darauf, dass Serena Williams für ihre Reaktion auf die Entscheidung des Schiedsrichter beim U.S. Open-Finale 2018 bestraft wurde, obwohl männliche Tennisspieler in der Vergangenheit regelmäßig ihrer Wut freien Lauf ließen – ohne bestraft zu werden.
7. Taylor Swift als Regisseurin
Am Ende sieht man das Set des Videos: Es stellt sich heraus, dass Swift die ganze Zeit über Regie führte. Tyler fragt sie, wie er sich gemacht hat. Swift parodiert dabei das Feedback, das viele Frauen in der Unterhaltungsbranche vor allem im Gespräch mit ihrem männlichen Kollegen erhalten. “Könntest du versuchen, sexier zu sein? Vielleicht etwas sympathischer?”, sagt sie zu Tyler, während sie seine weibliche Kollegin lobpreist: “Großartige Arbeit, Loren. Das war erstaunlich!”