Jeden Freitag düst ein Haufen Kinder von Barcelona vor Schulbeginn auf ihren Rädern durch die Stadt – ohne auf Autos aufpassen zu müssen, denn: Eine Stunde lang dürfen sie morgens die Straßen als Radwege nützen. Für Autos sind diese dann ganz gesperrt. Kinder und Eltern radeln bei Musik und guter Laune zur Schule. Das Modell nennt sich “BiciBus” und ist überaus erfolgreich.
Was in Amerika die gelben Schulbusse sind, ist in Barcelona der Bicibús. Jeden Freitagmorgen schiebt sich seit ein paar Wochen eine bunte Fahrrad-Kolonne durch die Straßen. Schulkinder und ihre Eltern dürfen an diesem Wochentag die Straße als erweiterte Fahrradspur nutzen. Die Autos müssen erst mal stehen bleiben – ein fairer Ausgleich in einer Stadt, die sich jahrzehntelang dem motorisierten Verkehr untergeordnet hat.
Jeden Freitag gibt es nun organisierten Morgensport ganz ohne Abgase und ohne Motor-Lärm. Denn was mit fünf Kindern und deren engagierten Eltern begann, hat sich innerhalb weniger Wochen zu einem organisierten „Morgensport-Event“ entwickelt. Eine Party auf Rädern, könnte man sagen. Mit Musik und einer extra installierten Polizei-Eskorte flitzen die Schulkinder über den Asphalt. Der Polizeiwagen fährt voraus, die Kids strampeln fleißig hinterher. Aus den Musikboxen an den Fahrradanhängern der Eltern tönt Gute-Laune-Musik und auch die Passanten freuen sich klatschend über die quirlige Fahrrad-Kolonne.
Der Bicibús gibt den Kindern Unabhängigkeit und die Eltern wissen, dass die Kleinen zumindest an einem Wochentag gefahrlos zur Schule radeln können. Los geht’s bei der Markthalle Sant Antoni im Eixample Bezirk. Circa hundert Kinder finden sich dort jede Woche zur morgendlichen Party auf Rädern ein.
Radfahren in Barcelona – Vorbild für ganz Spanien?
Dass so viele Kinder mit dem Rad in die Schule fahren können, hätte bis vor kurzem wohl niemand in Barcelona geglaubt. Die Stadt hat sich die längste Zeit dem Autoverkehr unterworfen. Nur selten sieht man mutige Radfahrerinnen oder Radfahrer im Stadtbild. Niemand will sich so wirklich durch die teils vierspurigen Stadtstraßen kämpfen müssen. 1.400 km Autostraßen stehen etwa 240 km Fahrradwegen gegenüber. Breite Familienradwege gibt es ebenfalls nicht. Das Problem besteht in ganz Spanien. FahrradfahrerInnen sind im Gegensatz zu anderen europäischen Großstädten eher selten gesehen. Doch mit der Eroberung des Asphalts in Barcelona scheint sich das nun langsam zu ändern. Vielleicht führt der selbstorganisierte Fahrradkonvoi zu einem größeren Umdenken.