Medien & Kritik

FPÖ-Ministerien sponsern Zeitschrift für rechte Verschwörungen und Antisemitismus

„Tendenziell antisemitisch“ und „voller verschwörungstheoretischer Positionen“ – das ist das Monats-Magazin „alles roger?“ von Ronnie Seunig und Roland Hofbauer. Zuletzt hat man sich auf George Soros eingeschossen. Aktuell wird das Magazin mit Inseraten aus gleich zwei FPÖ-Ministerien finanziert: Dem Vizekanzleramt von Heinz-Christian Strache und dem Innenministerium von Herbert Kickl.

Seit 2015 ist „alles roger?“ in Vertrieb und wird gelegentlich gratis verteilt. Laut Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) verbreitet das Heft „verschwörungstheoretische Positionen“. Das Mauthausen Komitee Österreich klassifiziert „alles roger?“ als tendenziell antisemitisch. Die Artikel über George Soros aus der aktuellen Mai-Ausgabe zeigen, dass diese Beschreibungen zutreffen.

Und ebendiese Ausgabe von „alles roger?“ enthält auch gleich zwei „entgeltliche Einschaltungen“ blauer Ministerien: Kickls Innenministerium wirbt für den Eintritt in den Polizeidienst, Vizekanzler Straches Ministerium für den Erwerb des Österreichischen Sport- und Turnabzeichens. Das Innenministerium leistet sich sogar eine A4-Seite im Heft. Ein Inserat auf einer A4-Seite bei einer kolportierten Auflage von 200.000 Stück dürfte um die 15.000 Euro wert. (Im Vergleich: Die Zeitschrift Woman hat eine Auflage von rund 156.000 Stück, ein Inserat dort kostet etwa 16.000 Euro). „Alles roger“ veröffentlicht leider keine Mediadaten auf seiner Homepage, wie es bei anderen Magazinen üblich ist.

Inserat des Vizekanzleramtes in „alles roger?“ im Mai 2018

 

Inserat des Innenministeriums in „alles roger?“ im Mai 2018

Wie viel Steuergeld genau in die Mai-Ausgabe der rechten Zeitschrift geflossen ist, müssen Strache und Kickl bald in einer parlamentarischen Anfrage beantworten. SPÖ-Chef Christian Kern überlegt rechtlich gegen die Inseraten-Praxis der FPÖ-Ministerien vorzugehen, weil hier „antisemitische Hetze mit österreichischem Steuergeld finanziert“ wird.

Die Mär vom „Soros-Plan“ gepaart mit antisemitischen Codes

Aktuell hat sich „Alles roger?“ auf den gebürtigen Ungar George Soros eingeschossen und stellt ihn als dunklen Verschwörer im Hintergrund des Weltgeschehens dar. Soros sei der „Lenker der Masseneinwanderung“ (S. 11). Dabei bedient sich das Heft großzügig an antisemitischen Anspielungen – Verweise auf Soros’ jüdische Herkunft und vermeintliche „Rothschild-Verbindungen“ inklusive:

Soros sei „Liebkind mächtiger Kreise wie der Rothschilds“ (S. 9). Grundlage seines Aufstiegs sei eine „Anschub-Finanzierung“ der „britischen Rothschild-Banker“. Seither arbeite er „eng mit der Familie Rothschild zusammen“ (S. 10) und habe ein „metastasenartiges Netzwerk“ gesponnen.

Gudenus und Hofer erzählen Verschwörungsgeschichten

Das passt gut zur Mär vom „Soros-Plan“, die Johann Gudenus (FPÖ) und Norbert Hofer (FPÖ) verbreiten. So hat Gudenus behauptet, Soros habe NGOs finanziert, die „für die Massenmigration“ nach Europa mitverantwortlich seien, weil diese nicht „zufällig in dem Ausmaß passiert“ wären. Dafür gebe es „stichhaltige Gerüchte“, wie Gudenus meint.

Auch Norbert Hofer, mittlerweile Verkehrsminister, erklärte, welche Gefahr von Soros ausgeht: „Soros steuert mit Sicherheit einiges auf der Welt, auch die Flüchtlingsströme. Das weiß man“, so Hofer 2017 im „alles roger?“-Interview.

Wer hinter dem Magazin steckt

Das Heft „alles roger?“ wurde von Ronnie Seunig gegründet. Dieser leitet das Einkaufszentrum „Excalibur“ an der österreichisch-tschechischen Grenze. Seunig ist eine schillernde Figur: Bis 2002 war er FPÖ-Mitglied, sympathisierte mit dem Haider-Flügel und trat nach Knittelfeld aus der Partei aus. 2003 bemerkte ein „trend“-Journalist während eines Interviews, dass auf Seunigs Zimmerdecke ein dunkles Gemälde von Adolf Hitler im Profil abgebildet ist. Darauf angesprochen antwortete Seunig:

Es war nicht alles schlecht, und obwohl man es nicht sagen darf, war zum Beispiel seine Beschäftigungspolitik wirklich gut, das stimmt einfach.

Und Seunig ergänzte, dass es nicht Hitler war, der den Zweiten Weltkrieg initiiert hat – man habe ihn lediglich provoziert, so seine Deutung.

Seunig und Chefredakteur Roland Hofbauer lassen sich zudem gerne bei rechtsextremen Veranstaltungen blicken, etwa beim Kongress „Verteidiger Europas“.

Verbindung zwischen „alles roger?“ und der FPÖ

Im Magazin finden sich Homestories über „Identitäre“ und Interviews mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache oder dem damaligen FPÖ-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer. Beide Politiker haben – als Dankeschön – Werbung für das Magazin gemacht.

Die politische Sympathie ist eindeutig. Fehlt es an InterviewpartnerInnen, kauft das Magazin Beiträge von Agenturen aus dem Ausland. Dabei kommt es auch vor, dass gefälschte Interviews veröffentlicht werden.

Pikantes Detail am Rande: Einer der Kolumnisten ist Peter Westenthaler, der ab August wegen missbräuchlicher Verwendung von einer Millionen Euro Fördergeld seine bedingte Haft antreten muss.

Zum Weiterlesen:

Weltverschwörungswahn, powered by BMI (Forschungsgruppe FIPU)

„Zur Info“: Hinter diesen 3 Magazinen steckt die FPÖ (Kontrast.at)

Warum uns Gudenus & die FPÖ über George Soros belügen (Kontrast.at)

Wie FPÖ-Medien ihre Leser manipulieren (Kontrast.at)

Die gesammelten „Einzelfälle“ der FPÖ seit Regierungseintritt (Kontrast.at)

Mit wem vernetzt sich die FPÖ in Aistersheim? (Kontrast.at)

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 59%, 1478 Stimmen
    59% aller Stimmen 59%
    1478 Stimmen - 59% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 382 Stimmen
    15% aller Stimmen 15%
    382 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 311 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    311 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 221 Stimme
    9% aller Stimmen 9%
    221 Stimme - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 4%, 110 Stimmen
    4% aller Stimmen 4%
    110 Stimmen - 4% aller Stimmen
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12. März 2024
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