Niemand will sie – und doch sind unsere Schränke voll davon. Kleidungsstücke, die unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt werden, gehören zu unserem Alltag. Wie können wir dem ein Ende setzen? Ein paar Vorschläge zum Welttag für menschenwürdige Arbeit.
Die Zahlen sind überwältigend: weltweit sind 40 Millionen Menschen von Moderner Sklaverei betroffen, der Großteil davon sind Frauen. Es gibt 152 Millionen Opfer von Kinderarbeit. Diese Erhebungen liefern den besten Beleg, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt. Dahinter steckt System. Ob bei der Produktion unserer Kleidung oder dem Anbau der Baumwolle: große transnationale Konzerne schrecken bei ihrer Suche nach billiger Arbeit auch vor Menschenrechtsverletzungen nicht zurück. Freiwillige Selbstverpflichtungen und die so genannte Corporate Social Responsibility (CSR) mögen für die Unternehmen gut klingen – aber sie greifen nicht.
Verbindliche Regeln für Konzerne
Um den menschenunwürdigen Aktivitäten ein Ende zu bereiten, gibt es Ansätze auf unterschiedlichen Ebenen:
Auf globaler Ebene
Noch in diesem Monat wird in Genf ein UN-Abkommen zur Verantwortung von Konzernen verhandelt. Vor drei Jahren hat der UN-Menschenrechtsrat eine Arbeitsgruppe mit dem Ziel eingesetzt, sich auf Regeln für transnationale Konzerne zu einigen (Treaty on transnational corporations and other business, TNC-Treaty). Diese Initiative ist eine große Chance, um rechtliche Lücken zu schließen und globale Instrumente zu schaffen, die Unternehmen zur Verantwortung ziehen. Österreich muss sich hier einbringen und zum Gelingen des Abkommens beitragen.
Auf europäischer Ebene
Freihandelsabkommen zielen in erster Linie darauf ab, so genannte „Handelshemmnisse“ und Zölle zu verringern und Investitionen zu erleichtern. Wichtig ist aber, zukünftige Abkommen so zu gestalten, dass soziale und ökologische Mindeststandards verbindlich eingehalten werden müssen. Verbindliche Standards, z.B. im Bereich des ArbeiternehmerInnenschutzes und der Umwelt, sollten vertraglich festgeschrieben sein.
Liefer- und Produktionsketten überprüfen – sonst droht Verkaufsverbot
Frankreich hat es vorgezeigt: einzelne Länder können Unternehmen für ihre Auslandsaktivitäten in die Verantwortung nehmen. Der Plan A nimmt sich das zum Vorbild, für Österreich hat Sozialminister Stöger bereits ein konkreter Vorschlag auf den Tisch gelegt: Importeure von Bekleidung und Schuhen müssen ihre Produktions- und Lieferketten überprüfen. Wenn sie das nicht machen, kann im Ernstfall ein Verkaufsverbot verhängt und der Unrechtsgewinn aus Kinder- und Zwangsarbeit abgeschöpft werden.
Mit diesen Strafzahlungen könnten wiederum Betroffene unterstützt werden. Die Vorteile liegen auf der Hand: kleine HändlerInnen werden nicht belastet (nur Importeure, also die big player), KonsumentInnen haben mehr Gewissheit, wie ihre Bekleidung hergestellt wurde, und Opfer werden entschädigt.
Es ist Aufgabe der Politik, transnationalen Unternehmen Rahmenbedingungen und klare Grenzen zu setzen
Es liegen also konkrete Schritte auf dem Tisch. Der Verweis auf UNO und EU ist wichtig, er entbindet die Politik aber nicht von der Aufgabe, im eigenen Land aktiv zu werden.
Klar ist aber auch: ob diese Schritte gesetzt werden, hängt von wirtschaftlichen Interessen ebenso ab wie von politischen Machtverhältnissen. Die Frage lautet nicht: können wir Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich machen – sondern wollen wir. So gut und wichtig das wachsende Angebot „fairer Mode“ auch ist, wir könne die Frage „Menschenrechtsverletzungen ja/nein“ nicht zu einer individuellen Kaufentscheidung machen. Es ist die Aufgabe der Politik, und damit von uns allen, transnationalen Unternehmen Rahmenbedingungen und klare Grenzen zu setzen.
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Sebastian Schublach arbeitet am Karl-Renner-Institut zu Globalisierung, Internationaler Politik und Entwicklungszusammenarbeit. Allen, die sich für Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie interessieren, empfiehlt er die Clean Clothes Kampagne (CCK)
Als, Südwindmitglied (vorstand) bin ich über diesen Artikel höchst erfreut,ich wünschte mir, dass diese Denkweise viel stärker in die SPÖ Wirtschaftspolitik eingeht. Ich erlebe auch, dass klare radikale Forderungen stärker von jungen menschen angenommen werden als die agierenden Politiker das annehmen. gerda huber
Liebe Fr. Dr.Huber, danke für Ihren Kommentar. Es gibt viele, die das sehr ähnlich sehen. Und die Tatsache, dass manche dieser Vorschläge Eingang in das aktuelle Wahlprogramm gefunden haben, ist doch ein gutes Zeichen. Wir bleiben an diesem wichtigen Thema auf jeden Fall dran!
Liebe Grüße, Sebastian Schublach