Der von Innenminister Kickl begonnene Umfärbe-Krieg zwischen Schwarz und Blau lähmt das BVT. Eine Ermittlerin gegen Rechtsextreme wird unter Druck gesetzt und ausländische Geheimdienste schränken die Zusammenarbeit ein. Das alles kurz vor der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft.
Recherchen des Wochenmagazins Falter zeigen, was das Vorgehen Kickls gegen unliebsame Beamte beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) angerichtet hat: Das Amt ist quasi lahmgelegt. Interne Mails, die der Wochenzeitung vorliegen, zeigen, wie schlecht es um den österreichischen Geheimdienst bestellt ist. So soll es nach den Hausdurchsuchungen zu Folgendem gekommen sein:
Doch das ist nicht das Einzige, das die Sicherheitslage Österreichs gefährdet. Im Zuge der Ermittlungen wurde auch ein Datenträger mit dem gesamten Kommunikationsnetzwerk zwischen dem BVT und europäischen Geheimdiensten beschlagnahmt. Strenggeheime Informationen von Partnerdiensten liegen also bei der Staatsanwaltschaft auf. So könnte schließlich Nordkoreaner Einsicht in den Akt erhalten.
Nordkorea könnte sich nämlich als Geschädigter am BVT-Prozess beteiligen. Damit würde es Akteneinsicht bekommen.
Besonders brisant: Vor Gericht liegt eine Festplatte mit dem gesamten „Netzwerk Neptun“. Hinter diesem Geheimdienst-Code verbirgt sich die vollständige Kommunikation zwischen dem BVT und ausländischen Partnergeheimdiensten. Wer diese Dokumente einsehen kann, hat also Zugang zu geheimen Informationen der europäischen Nachrichtendienste.
Außerdem finden sich im BVT-Akt die Namen von 300 teilweise verdeckt arbeitenden Geheimdienst-Mitarbeitern. Diese könnte nun enttarnt werden.
Die Wurzeln dieser – für den BVT peinlichen – Situation liegen im Jahr 2016. Die Österreichische Staatsdruckerei fertigte 20.000 biometrische Pass-Vorlagen für die Volksrepublik Nordkorea an. Der BVT organisierte die Weitergabe von 30 dieser Reisepass-Rohlinge an einen anderen Geheimdienst. Diese Weitergabe war möglicherweise rechtswidrig und Nordkorea könnte somit als geschädigte Partei am Verfahren teilnehmen.
Über diese Situation sind die anderen europäischen Geheimdienste natürlich stark beunruhigt. Um weiteren Schaden abzuwenden, hinterfragen sie nun die Zusammenarbeit mit dem BVT. Schon vorher war z.B. der deutsche Bundesnachrichtendienst (BNB) besorgt über die Lage des österreichischen BVT. Vor allem der Einfluss der FPÖ hat sie skeptisch gemacht. Schließlich haben die Freiheitlichen einen Freundschaftsvertrag mit der Partei „Einiges Russland“ von Vladimir Putin unterzeichnet. Damit könnte Österreich kurz vor der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs den Zugang zu internationalen Informationsnetzwerken verlieren.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Ermittlungen die Arbeit der Beamten erschweren. So vergleicht der Systemadministrator des BVT, Norbert B., in internen Mails das Vorgehen bei den Ermittlungen mit Stasi-Methoden. Außerdem würde die Justiz politisch instrumentalisiert, um die Machtverhältnisse beim Geheimdienst zu verändern. Die Polizei sei in seinen privatesten Bereich eingedrungen und hat sogar das Kinderzimmer seiner Tochter durchsucht – das obwohl B. nur Auskunftsperson und kein Beschuldigter ist.
Norbert B. dazu in einer Mail an den Generalsekretär des Justizministeriums Christian Pilnacek.:
„Als langjähriger Beamter des Innenministeriums fühle ich derzeit eine sehr starke Ohnmacht (…). Teilweise werden hier Institutionen missbraucht, um eine Gewaltenverschiebung in Österreich anzustreben.“
Doch B. ist nicht der einzige, der sich unter Druck gesetzt fühlt. Sibylle G., Österreichs führende Ermittlerin gegen die Nazi-Szene, bekommt seit den Haussuchungen beim BVT Drohungen aus rechtsextremen Kreisen. Von ihr wurden großen Datenmengen beschlagnahmt, darunter auch Informationen über Identitäre und Burschenschafter. Jetzt scheinen ihre Vorgesetzten mit Konsequenzen zu drohen und eine baldige Pensionierung nahezulegen. Das schreibt sie in einer Mail an die Staatsanwaltschaft, in der sie auch die Rückgabe der beschlagnahmten Daten über Rechtsextreme thematisiert.
Ihre Vorgesetzten handeln scheinbar im vorrauseilenden Gehorsam gegenüber Kickl und erwarten sich dadurch eine bevorzugte Behandlung.
Kickl hat nämlich ein Problem mit Sibylle G. Schließlich verfasste sie einen kritischen Bericht über den Kongress der Verteidiger Europas. Auf diesem rechtsextremen Kongress sprach auch schon Herbert Kickl, damals noch als FPÖ Generalsekretär. Außerdem hat sie unzensuriert.at wegen antisemitischer und rechtsextremer Ansichten beobachtet. Der Pressesprecher des Innenministers war bis zu seiner Bestellung dort Chefredakteur.
Die oben geschilderte Situation macht die Dringlichkeit eines Untersuchungsausschusses deutlich. Der Regierung ist die Aufklärung kein echtes Anliegen. Im Vorfeld des U-Ausschusses liefert das Innenministerium nur spärlich Akten und auch diese noch großenteils geschwärzt. Das Vorgehen Kickls könnte den Verfassungsgerichtshof noch beschäftigen. Schließlich gibt es von dem ein zwei Jahre altes Urteil, das die Schwärzung untersagt.
Die BVT-Affäre im Überblick gibt es hier.
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