Wirtschaft und Finanzen

Das gehört zum Raiffeisen-Imperium: Medien, Lebensmittelmarken und Industriebetriebe

Raiffeisen ist mehr als nur eine Bankengruppe – sie ist ein zentraler Akteur in Österreichs Wirtschaft und Politik. Mit einem dichten Netzwerk an Beteiligungen und engen Verbindungen zur ÖVP übt Raiffeisen erheblichen Einfluss aus, der weit über das Bankwesen hinausgeht. Die strategische Platzierung in Schlüsselbranchen wie Versicherung, Lebensmittelproduktion, Medien und Immobilien macht Raiffeisen zu einem der mächtigsten Akteure im Land. Hier ein Überblick, was zu Raiffeisen gehört.

Raiffeisen: Mehr als nur eine Bank

Den meisten Menschen ist Raiffeisen vor allem als Bankengruppe bekannt, die in Österreich mit über 1.600 Filialen präsent ist. Mit einer Bilanzsumme von über 400 Milliarden Euro ist sie nicht nur die größte Bankengruppe des Landes, sondern auch politisch einflussreich. Die Raiffeisenbankengruppe hat eine genossenschaftliche Struktur, in der lokale Raiffeisenbanken die übergeordneten Landesbanken besitzen, und diese wiederum sind Eigentümer der Raiffeisen Bank International. Dadurch entsteht ein dichtes Netzwerk, das viele Unternehmen in unterschiedlichen Branchen umfasst. Von der Produktion von NÖM-Joghurt bis zur Herausgabe der Zeitung Kurier – Raiffeisen findet man überall.

International sorgt die Raiffeisenbank immer wieder für Schlagzeilen. Denn außerhalb Österreichs ist sie nämlich mit Tochterbanken vertreten, so auch in Russland. Dort ist sie seit dem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine eine der letzten verbliebenen westlichen Großbanken und zudem die profitabelste Auslandstochter der Raiffeisen. Diese will sie verkaufen, um die Milliardengewinne aus Russland heimzuholen. Die letzten Jahre waren für die Raiffeisen besonders lukrativ: Alleine 2024 bekamen die Aktionäre über 410 Millionen Euro an Dividenden ausbezahlt.

Die Raiffeisenbank besitzt zahlreiche Marken – oder hat Beteiligungen im Lebensmittel-, Industrie-, Medien- und Immobilienbereich.

Raiffeisen: „Hausbank“ der Volkspartei

Die engen Verbindungen zwischen Raiffeisen und der ÖVP sind kein Geheimnis. Ehemalige ÖVP-Politiker besetzen Schlüsselpositionen in Raiffeisen-Unternehmen, und auch umgekehrt gibt es zahlreiche Beispiele für Raiffeisen-Manager, die in die Politik gewechselt sind. Auch finden sich unter den aktiven Abgeordneten zum Nationalrat oder in den Landtagen eine Reihe von Beschäftigungsverhältnissen. So haben 11 Abgeordnete – also fast 16% – Verbindung zur Raiffeisen selbst, oder einer ihrer Tochtergesellschaften. Sie sitzen in Vorständen, Aufsichtsräten, oder waren in der Bank angestellt. 

Besonders bemerkenswert ist die Rolle von Raiffeisen als Kreditgeber der ÖVP. Wie der Falter 2019 berichtete, erhielt die Volkspartei für den Wahlkampf 2017 Millionenkredite zu günstigen Konditionen. Im Rechenschaftsbericht der ÖVP von 2021 sticht Raiffeisen zudem mit 60.000 Euro an Sponsorengeldern sowie einer Spende einer kleineren, lokalen Raiffeisenbank hervor, die an die ÖVP geflossen sind.

Private Vorsorge- und Versicherungsgeschäft: Uniqua und Valida

Abseits des Bankgeschäfts ist die Raiffeisengruppe mit einer der größten Versicherungen Österreichs, der Uniqua, und der betrieblichen Vorsorgekasse Valida in der Finanzbranche vertreten. Verflechtungen zur ÖVP gibt es namhaft, wechselte ausgerechnet der Vorstandsvorsitzende der Uniqua, Hartwig Löger, 2017 direkt als Minister ins Finanzministerium. Ähnlich beim ehemaligen ÖVP-Finanzsprecher im Parlament, der vor und zeitweise während seines Polit-Engagements Valida-Vorstandschef war.

Vom Nöm-Joghurt bis zum efko-Essiggurkerl

Doch der Einfluss von Raiffeisen endet nicht bei der Finanzbranche. Der Konzern dominiert auch die österreichische Lebensmittelindustrie. Der Raiffeisen-Verband begann als eine kleine Genossenschaft für Landwirte und hat sich zu einem internationalen Konzern entwickelt. Heute kontrolliert Raiffeisen 90 % der Frischmilchproduktion in Österreich und besitzt führende Lebensmittelunternehmen. Raiffeisen übt – gemeinsam mit der ÖVP – starken Einfluss auf die Landwirtschaft aus, was faire Milchproduktion und angemessene Preise erschwert.

Egal, ob man Gemüse verkaufen oder Getreide zu Mehl verarbeiten möchte – oft führt der Weg zu einem Raiffeisen-Unternehmen. Über die Leipnik-Lundenburger Invest AG, die vollständig der Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien gehört, besitzt der Konzern Unternehmen wie AGRANA, cafe+co und Good Mills. Damit dominiert Raiffeisen die Zucker- und Mehlproduktion in Österreich.

So ist „Finis Feinstes“, das meistverkaufte Mehl des Landes, ein Produkt von Raiffeisen.

Auch Kaffeemaschinen in Büros und der bekannte Wiener Zucker stammen von der Leipnik-Lundenburger Invest AG. Kurz nach seinem Abschied aus der Politik wurde Ex-Vizekanzler und ÖVP-Finanzminister Josef Pröll Vorstandsvorsitzender des Konzerns, der jährlich über 1 Milliarde Euro umsetzt.

Auch Knabbernossi, Maresi-Milch und Inzersdorfer-Dosengulasch gehören zum Raiffeisen-Imperium. Die Raiffeisenbank Oberösterreich ist über eine Stiftung in der Lebensmittelindustrie aktiv und besitzt den milliardenschweren Konzern Vivatis AG. Dieser ist wiederum auch an der Weinkellerei Lenz Moser beteiligt. Apropos Kellerei, mit dem Wiener Rathauskeller ist auch ein Wiener Gastrobetrieb Teil des Konzerns, sowie das Café Schwarzenberg. Über eine andere Konstruktion ist die Raiffeisenbank Oberösterreich auch Eigentümer der Firma Eferdinger Konserven – besser bekannt als Efko.

Gemeinsame Wohnbaufirma von Raiffeisen und ÖVP

Neben Gastro-Locations zählen auch einige Thermen und Hotels zu den Beteiligungen der Raiffeisenbanken, wie die Therme Geinberg, das Tauern-Spa oder der Aqua Dome in Tirol. Außerdem ist die Raiffeisenbank auch ein bedeutender Akteur auf dem österreichischen Wohnungs- und Immobilienmarkt. Doch Raiffeisens Einfluss beschränkt sich nicht nur auf die Finanzierung von Bauvorhaben durch Kredite. Über verschiedene Tochtergesellschaften ist die Bank direkt als Immobilienunternehmen tätig.

Ein Beispiel ist die Oberösterreichische Raiffeisenbank, die mehrheitlich an der OÖ Wohnbaugesellschaft beteiligt ist, einem Unternehmen, das sich dem gemeinnützigen Wohnbau widmet. Wobei das Finanzamt dieser “OÖ Wohnbau” die Gemeinnützigkeit entziehen wollte, da das eigentliche Kerngeschäft zunehmend zum Nebengeschäft wurde. Statt Wohnungen baute das Unternehmen zunehmend Schulen, Ämter und Feuerwehrhäsuer. Die personellen Verbindungen zur Politik sind dabei unübersehbar: 2022 übernahm ein ehemaliger ÖVP-Vizebürgermeister aus Linz, der zuvor als Bundesrat und Landtagsabgeordneter für die ÖVP tätig war, die Leitung des Unternehmens, die mehr als 25.000 Wohnungen verwaltet. Bemerkenswert ist, dass neben Raiffeisen auch die ÖVP selbst über eine Stiftung als Eigentümerin an diesem Unternehmen beteiligt ist.

Beteiligungen in Industrie und Medien: Von Voestalpine bis zum Kurier

Raiffeisen ist auch in der österreichischen Industrie ein bedeutender Akteur. Die Raiffeisenholdings aus Ober- und Niederösterreich sind an einigen der wichtigsten Unternehmen des Landes beteiligt. Dazu zählen der Stahlproduzenten Voestalpine, der Aluminiumhersteller AMAG, der Baukonzern Strabag und der oberösterreichische Energieversorger Energie AG. 

Doch Raiffeisens Präsenz endet nicht bei Industrieunternehmen. Der Konzern ist auch in der Medienlandschaft stark vertreten. So besitzt die Raiffeisen-Holding NÖ-Wien Anteile an der Tageszeitung Kurier (mehrheitlich) sowie der Wochenzeitung Profil. Über den Kurier hält die Raiffeisen somit auch Anteile am Radiosender Kronehit. An den Regionalzeitungen BVZ (Burgenländischen Volkszeitung) und NÖN (Niederösterreichsiche Nachrichten) hält Raffeisen ebenfalls 20 Prozent – der Rest gehört der Kirche. Die NÖN ist in Niederösterreich die meistgelesene Zeitung – noch vor der Kronen Zeitung. Die BVZ im Burgenland nur knapp dahinter.

Der Einfluss auf Österreichs Medienlandschaft könnte in Zukunft noch deutlich zunehmen. So kündigte Raiffeisen-Genereal Michael Höllerer im Juli 2024 an, die restlichen Teile am Kurier aufkaufen zu wollen. Auch die Übernahme von Anteilen an der Kronen Zeitung ist im Gespräch.

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7. August 2024
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