Der Bildungswissenschafter Stefan Hopmann von der Universität Wien beobachtet das österreichische Bildungssystem seit Jahren. Zum neue Pädagogikpaket von Heinz Faßmann sagt er im Ö1-Interview: Soziale Unterschiede werden größer, der Rest ist Symbolpolitik. Hier seine 3 wichtigsten Argumente:
FPÖ und ÖVP führen die Ziffernnoten ab der zweiten Klasse Volksschule wieder ein. Das wird negative Folgen für viele Schüler haben, warnt der Bildungsexperte Hopmann. Denn Ziffernnoten bei so jungen Kindern dienen schlussendlich dazu, die soziale Herkunft von Schülern zu markieren. Und nicht die Schüler beim Lernen zu unterstützen.
„Es geht einfach darum zu suggerieren, es gebe so etwas wie objektive Leistungen und Unterschiede in der Schule würden durch objektive Leistungen hergestellt. Das soll auch durch irgendwelche Notenbeilagen erzeugt werden. Aber wir wissen natürlich aus der Schulgeschichte, aus der Schulpraxis, auch aus der Schulforschung, dass das de facto nichts anderes ist als eine soziale Aufteilung.“
Es gibt zahlreiche Schulsysteme, die ohne Noten auskommen. Die PISA-Vorzeigeländer Finnland und Schweden etwa verzichten auf Noten. Stattdessen konzentriert man sich auf das Lernen selbst.
„Auch in Norwegen gibt es schon lange keine Schulnoten mehr, und man kann den Kindern dort nicht vorwerfen, dass sie weniger leisten“, so Hopmann.
Neben den Noten sollen Volkschulkinder auch wieder durchfallen können. Doch laut Hopmann gibt es in der Bildungsforschung einen Konsens, dass „Sitzenbleiben keinem nützt, sondern langfristig schlechte Schulkarrieren begründet“.
Die Ergebnisse der Schulforschung sind eindeutig: Sitzenbleiben hilft denen, die ein Jahr wiederholen müssen, nicht. Sondern schadet. Auch wenn Sitzenbleiben als Fördermaßnahme gedacht ist – sie hat den gegenteiligen Effekt. Wer ein Schuljahr wiederholt, lernt infolge langsamer, bringt schlechtere Leistungen und fühlt sich in der Schule unwohl. Anstatt Kinder konkret zu fördern, gibt der Staat Geld dafür aus, dass ein schwacher Schüler noch schwächer wird.
Das Wiedereinführen von Leistungsgruppen in den Mittelschulen – „Standard“ und „Standard-AHS“ – ist für Hopmann „de facto nichts anderes als eine soziale Aufteilung“ und die Schaffung „sozialer Trennwände„.
„Eine Regierung, die eine Sozialpolitik macht, die viele Kinder in Armut stößt, sodass sie in der Schule kaum Erfolgschancen haben, sichert sozusagen ihre Klientel vor den Nebenfolgen ihrer Sozialpolitik ab, indem sie wieder die Guten ins Töpfchen und die Schlechten ins Kröpfchen unterteilt. Das ist wahrscheinlich auch der Hauptzweck.“ (Stefan Hopmann, Bildungswissenschaftler an der Universität Wien)
Schulen brauchen weder Leistungsgruppen noch mehr law and order-Politik. Hopmann wünscht sich mehr Flexibilität, um den Unterricht an die Bedürfnisse von Schülern anzupassen. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Ausgaben für Schulen steigen müssen.„Was wesentlich wäre, ist, wenn jede Schule ihren Unterricht so gestalten könnte, wie die Kinder, die nun mal da sind und dazu bräuchte es sehr viel mehr Entscheidungs- und Bewegungsfreiheit an den Schulen als gegenwärtig.“ (Stefan Hopmann, Bildungswissenschaftler an der Universität Wien)
Zum Weiterlesen:
Schulnoten schaden dem Lernen: Schlechte Noten machen ängstlich, gute Noten bequem und risikoscheu (Kontrast)
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„Sitzenbleiben schadet dem Lernerfolg“ (Interview mit Stefan Hopmann, derStandard)
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