Im Jahr 2022 sind ältere Mietverträge in Altbauwohnungen gleich drei Mal erhöht worden: Der Kategorie-Mietzins wurde im April, im Juni und erneut im November um je fast 5,5 % erhöht. Die Mieter:innen zahlen damit um saftige 17,5 % mehr Miete als im Vorjahr. Die Regierung hätte das verhindern können – hat sie aber nicht. Auch bei jüngeren Mietverträgen im Altbau droht nach einer rund 6-prozentigen Erhöhung 2022 erneut ein Anstieg von 8,6 % im April 2023.
Im April 2022 sind die Mieten für Bewohner:innen im Altbau und in Gemeindewohnungen erstmals gestiegen: Die sogenannten „Richtwertmieten“ wurden um 5,8% erhöht. Grund ist die automatische Anpassung der Wohnungsmiete an den Verbraucherpreis-Index (VPI), also die Inflation. 755.000 Mieterinnen und Mieter in Österreich waren davon betroffen. ÖVP und Grüne hätten diese Erhöhungen per Beschluss aussetzen können, wie im Corona-Jahr 2021. Immerhin ist auch in diesem Jahr eine Krise – obendrein mit der schlimmsten Inflation seit 70 Jahren. Doch ÖVP und Grüne bestanden auf die Erhöhung.
Stattdessen steht 2023 erneut eine Erhöhung an – und die wird noch dramatischer ausfallen: Die Richtwertmieten werden ab 1. April 2023 um fette 8,6 Prozent steigen, wie die AK berechnet. Das entspricht für eine Wohnung durchschnittlich 490 Euro Mehrkosten mehr im Jahr. In Vorarlberg werden Familien für eine 90 m2-Wohnung sogar rund 960 Euro mehr im Jahr bezahlen müssen. Die AK spricht von einem „Preisschock“ und fordert Einmal-Mieterhöhung im Jahr plus Mietendeckel bei zwei Prozent und ein Ende der Befristungen.
Doch das war noch nicht alles. Auch die Kategorie-Mieten wurden angehoben. Im April und im Juni wurden nämlich auch die sogenannten Kategorie-Mieten im Altbau teurer – jeweils um fast 5,5 %. Direkt betroffen sind rund 252.000 Mieter:innen, deren Mietverträge vor dem 28. Februar 1994 abgeschlossen wurden. Am 1. April stieg die Kategorie- A-Miete von 3,60 auf 3,80 Euro/m². Zwei Monate später wurde sie auf 4,01 Euro/m² angehoben. Das läppert sich. Doch das war noch nicht alles.
Weil die Inflation aber weiter anzog – und damit auch der Verbraucherpreis-Index – folgte die dritte Kategorien-Mieterhöhung im November 2022. Elke Hanel-Torsch von der Mietervereinigung rechnet vor, dass Mieten dann in Summe um 17,5 % teurer sein werden als im letzten Jahr. Auf ähnliche Zahlen kommt die Arbeiterkammer: Laut AK bedeuten drei Erhöhungen für einen durchschnittlichen Miethaushalt – etwa 70 m² – Mehrkosten von 450 Euro im Jahr.
Sie appelliert an die Regierung, diese Erhöhung nicht zuzulassen und dafür zu sorgen, dass sie ausgesetzt wird. Langfristig soll das Mietrechtsgesetz als Ganzes reformiert werden. Nur so kann man laut Hanel-Torsch verhindern, dass dann zeitversetzt einfach nächstes Jahr die doppelte Erhöhung auf die Mieter:innen zukommt.
Die Miete für Wohnungen, die nach diesem Zeitpunkt angemietet wurden, werden hingegen mit dem Richtwertmietzins berechnet. Seit 1. April 2022 gelten für das Burgenland 5,61 Euro pro Quadratmeter, Wien 6,15 Euro, Niederösterreich 6,31 Euro, Oberösterreich 6,66 Euro, in Kärnten 7,20 Euro, Tirol 7,50 Euro, Steiermark 8,49 Euro, Salzburg 8,50 Euro, und Vorarlberg 9,44 Euro pro Quadratmeter.
Die Vorsitzende der Wiener Mietervereinigung, Elke Hanel-Torsch, warnt vor einer regelrechten „Teuerungsspirale“: „Steigen die Mieten, steigt dadurch wiederum die Inflationsrate. Wenn die Regierung weiterhin nichts unternimmt, steht uns in Kürze gleich die nächste Erhöhung ins Haus.“
Mit der Anhebung der Kategorie-Mieten steigen auch die Betriebskosten für alle Österreicherinnen und Österreicher, denn das Honorar für die Hausverwaltung wird für alle Mietverträge aus dem Kategorie-Mietzins berechnet. Über den Umweg der Betriebskosten werden durch die Erhöhung insgesamt 2 Millionen Mieter:innen zur Kasse gebeten.
Seit dem Jahr 1980 ist das Hausverwalterhonorar übrigens durch die gesetzlichen Anhebungen um 1.300 Prozent gestiegen.
Die SPÖ will die Mietpreise stabilisieren und fordert daher, die Erhöhung von Kategorie- und Richtwertmieten bis 2025 gesetzlich auszuschließen – es wäre eine dreijährige Mietpreisbremse. Zusätzlich wollen die SozialdemokratInnen neuen Mietpreisindex, mit dem die Steigerung auf 2 Prozent pro Jahr gedeckelt wird.
In Österreich sind insgesamt 1,22 Millionen Menschen armutsgefährdet – das sind fast 14 Prozent der Bevölkerung. Oder: Jede 7. Person. Deren Haushaltseinkommen liegt unterhalb der sogenannten Armutsgefährdungsschwelle, die 1.300 Euro für eine erwachsene Person beträgt. Ein Viertel der Armutsgefährdeten sind minderjährige Kinder: 291.000 an der Zahl.
Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) hat in einer Studie erhoben, dass im untersten Einkommens-Zehntel das Haushaltseinkommen die Konsum-Ausgaben nur zu 68 Prozent deckt. Das bedeutet: Die ärmsten Haushalte müssen jeden Monat auf Ersparnisse zurückgreifen – oder sich verschulden – um ihre Ausgaben decken zu können.
Beim zweiten Einkommens-Dezil decken die Einnahmen nur 87 Prozent des Konsums, beim dritten Einkommens-Dezil nur 94 Prozent. Erst ab dem 4. Einkommens-Zehntel können die Haushalte mit ihren Einkommen ihre Ausgaben decken.
[Der Artikel wurde am 25. August 2022 veröffentlicht und am 17. Jänner 2023 aufgrund der drohenden Richtwert-Mieterhöhungen aktualisiert.]
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