Ibiza-U-Ausschuss

Blümel rücktrittsreif: Finanzminister entschlägt sich 35 Mal im U-Ausschuss

Der Ibiza-U-Ausschuss geht in seine letzte Runde und zum dritten Mal wurde am Donnerstag Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) als Auskunftsperson befragt. Blümel sollte zu den jüngst aufgetauchten Chats sowie den Aktenlieferungen Stellung nehmen. Doch der Minister entschlug sich bei allen relevanten Fragen und verweigerte 35 Mal die Antworten – nach über 80 Erinnerungslücken bei der ersten und 9 Entschlagungen bei der zweiten Befragung. 

„Wessen Lippen schweigen, der schwätzt mit den Fingerspitzen“, heißt es bei Sigmund Freud. Für den österreichischen Finanzminister Gernot Blümel muss man das Zitat des Gründers der Psychoanalyse ein wenig abändern: „Wessen Lippen schweigen, der schwätzt mit seinen Entschlagungen“.

35 Mal hat sich Finanzminister Blümel bei seiner dritten Befragung im parlamentarischen U-Ausschuss entschlagen – auf so gut wie alle relevanten Fragen wollte er keine Antwort geben. Doch so eine Entschlagung „spricht“ auch: In einem U-Ausschuss ist man zur wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet. Falsche Beweisaussagen sind mit einer Strafe von bis zu drei Jahren Freiheitsentzug bedroht. Gegen Bundeskanzler Kurz wird wegen Verdachts auf Falschaussage im U-Ausschuss gerade ermittelt.

Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung

Wenn sich eine Auskunftsperson durch eine Antwort selbst belasten müsste, darf sie sich entschlagen. Das regelt § 43.1. in der Geschäftsordnung des parlamentarischen U-Ausschusses: Eine Aussage darf verweigert werden, wenn „deren Beantwortung die Privatsphäre der Auskunftsperson oder eines Angehörigen (§ 72 StGB) betreffen oder für sie oder einen Angehörigen die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung nach sich ziehen würde“.

Gefahr strafrechtlicher Verfolgung – von diesem Paragraph hat Finanzminister Blümel am 7. April im Parlament neun Mal Gebrauch gemacht, am 24. Juni ganze 35 Mal. Für eine Privatperson ist das ein selbstverständliches Recht, für einen Finanzminister brisant:

Die Frage ist nicht, ob das Entschlagungsrecht im U-Ausschuss ein Grundrecht ist – das ist es. Die Frage ist, ob ein Finanzminister, der sich auf jede relevante Frage entschlägt, weil er sich mit der Antwort der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung aussetzen könnte, im Amt bleiben kann.

Blümels Entschlagungen beschränkten sich nicht nur auf das laufende Casinos-Verfahren, in dem er als Beschuldigter geführt wird. Auch bei Fragen rund um die Bestellung von Thomas Schmid zum Chef der Staatsholding ÖBAG, zu den Aktenlieferungen und der Demontage des früheren ÖVP-Vizekanzlers Reinhold Mitterlehner entschlug sich der Finanzminister.

Entschlagungen im U-Ausschuss zur Aktenlieferung

Die Befragung begann mit Erkundigungen zu den Aktenlieferungen aus dem Finanzministerium. Blümel entschlug sich bereits bei der ersten Frage. Erstmals in der Geschichte der Republik musste jetzt der Bundespräsident dafür sorgen, dass der Finanzminister eine Entscheidung des Verfassungsrichters einhält und alle relevanten Akten an den U-Ausschuss liefert. Doch zu den genauen Vorgängen der Aktenlieferung wollte Blümel nichts sagen – er entschlug sich sowohl auf Fragen nach dem Ablauf der Lieferung, als auch nach der Entscheidung zur Geheimhaltungsstufe 3. Diese Geheimhaltungsstufe verbietet es den Abgeordneten, Kopien zu machen oder über die Akten zu sprechen – sie macht die Arbeit im Ausschuss schwierig. „Haben Sie denen diese Weisung gegeben?“, will die Grüne Abgeordnete Tomaselli wissen. Blümel reagierte mit Entschlagung.

Blümel hat außerhalb des U-Ausschusses immer wieder erzählt, dass er beim Liefern der Akten alles korrekt gemacht habe. Im Ausschuss unter Wahrheitspflicht entschlug er sich dazu. Sogar auf die Frage, ob das Bundeskanzleramt von Sebastian Kurz in die Aktenlieferung des Finanzministers involviert war. 

Entschlagungen zur Budgetaufstockung für Kurz 2016

Es ging auch um die Chats aus dem Jahr 2016: Thomas Schmid hatte als hoher Beamter im Finanzministerium dafür gesorgt, dass Kurz als damaliger Außenminister 100 Mio. Euro Sonderbudget bekam. „Kurz kann jetzt Geld scheißen“, schrieb Schmid an Blümel und dass er sich jetzt vor Mitterlehner fürchte, denn der „wird flippen“. Blümel antwortete darauf: „Mitterlehner spielt keine Rolle mehr.“ Die FPÖ wollte von Blümel wissen, welche Wahrnehmungen er zu den Vorgängen habe und was Schmid meinte, als er schrieb, dass ihm Kurz etwas schulde.

„Mitterlehner spielt keine Rolle mehr“, wusste Gernot Blümel schon 2016.

Blümel wehrte die Frage ab, er hielt sie für unzulässig, weil der Untersuchungszeitraum erst 2017 beginnt. Der Verfahrensrichter widersprach ihm: Es gehe um Vorbereitungshandlungen auf die künftige Regierung Kurz. Die Frage sei zulässig – Blümel entschlägt sich.

Der Finanzminister entschlug sich darüber hinaus zur Frage der Bestellung von Thomas Schmid zum ÖBAG-Chef, zur Frage, ob das ÖVP-Finanzministerium sich für die Novomatic in Italien in einer Steuersache stark gemacht hat und zu allen Fragen nach möglichen Novomatic-Spenden.

Blümel hat keine Mail-Adresse

Eine der wenigen Fragen, die Blümel bereit war zu beantworten, war die nach seiner Mailadresse. Blümel, immerhin Finanzminister, hat nicht nur keinen Laptop, sondern auch keine eigene E-Mailadresse in seinem Finanzministerium. Sendet man eine Mail an gernot.bluemel@bmf.gv.at kommt eine Fehlermeldung zurück. Blümel bestätigt das gegenüber dem SPÖ-Abgeordneten Krainer: „Ich habe aktuell keine E-Mailadresse im Finanzministerium.“ 

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1625 Stimmen
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  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 431 Stimme
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12. März 2024
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Patricia Huber

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