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„Die Regierung hätte Konzern-Gewinne abschöpfen müssen” – Ex-Nationalbank-Chef Nowotny im Interview

Ex-Notenbank-Chef Nowotny im Interview// Quelle: Gryffindor/CC BY 2.5

Ex-Notenbank-Chef Nowotny im Interview// Quelle: Gryffindor/CC BY 2.5

Victor Strauch Victor Strauch
in Wirtschaft und Finanzen
Lesezeit:3 Minuten
27. September 2024
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Ex-Nationalbank Gouverneur Ewald Nowotny kritisiert die ÖVP-Grünen-Regierung aufgrund der monatelang hohen Inflation scharf. Man hätte in die Preise eingreifen müssen – so wie es andere Länder vorgezeigt haben, so der Wirtschaftsprofessor. Die Senkung der Konzerngewinnsteuer (KÖSt) war ein Fehler und die Übergewinne der Banken und Energiekonzerne hätte man abschöpfen müssen. Darüber und über die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank hat er im Kontrast-Interview gesprochen.

Kontrast: Herr Nowotny, in den letzten zwei Jahren gab es in ganz Europa eine extrem hohe Inflation. Auf die gestiegenen Preise hat die Europäische Zentralbank (EZB) mit Zinserhöhungen reagiert. War das aus Ihrer Sicht sinnvoll?

Ewald Nowotny: Die EZB hat ja als ihr zentrales Mandat die Sicherung der Preisstabilität. Daher ist es klar, dass die EZB auf hohe Inflationsraten reagieren muss. Das hat sie auch getan. Meines Erachtens wäre es günstiger gewesen, etwas früher zu beginnen, aber dafür nicht so abrupt. Jetzt ist es aber geschehen und es hat dazu beigetragen, dass die Inflation zurückgegangen ist.

Natürlich waren die Zinserhöhungen nicht der einzige Faktor. Denn die Inflation war ja primär verursacht durch die Angebotsseite. Die Zinspolitik wirkt aber nur auf die Nachfrageseite. Über die verringerte Nachfrage hat es aber doch zur Inflationsdämpfung geführt. Mittlerweile sind wir in der Situation, wo wir wieder Preisstabilität erwarten können. Deshalb hat die EZB im Juni damit begonnen, die Zinsen zu senken.

Sie sagten eben, die Zinserhöhungen wirken nur auf die Nachfrageseite. Aus dem Grund meinen viele Ökonom:innen, dass die hohen Zinsen die Wirtschaftskrise verschlimmert und gegen die Inflation wenig geholfen haben.

Nowotny: Es ist klar, dass Zinserhöhungen einen negativen Effekt auf die Nachfrage haben. Dadurch wirken sie aber auch inflationsdämpfend. Die Kunst besteht darin, hier eine richtige Kombination zu finden, dass ich einerseits die Inflation senke, andererseits einen nicht zu schweren Wirtschaftseinbruch habe. Das ist das Ziel einer sogenannten sanften Landung – also eine Preisstabilisierung ohne massive Krise. In den USA dürfte eine solche sanfte Landung gelingen. Ich hoffe, dass sie auch in Europa gelingt. Derzeit aber, glaube ich, sind die Chancen gut.

Österreich hatte monatelang die höchste Inflation in Westeuropa. Hätte man vonseiten der Politik mehr gegen die Inflation tun müssen?

Nowotny: Ja, absolut.

Ich glaube, man hat in Österreich, und zwar aus ideologischen Gründen, sich lange geweigert, direkt in die Märkte einzugreifen.

Andere Staaten haben das schon getan. Daher haben wir sehr viel länger eine vergleichsweise hohe Inflation gehabt. Man hat zum Beispiel nicht in die Mietzinssätze eingegriffen, obwohl Mieten einen erheblichen Anteil an der Inflationsentwicklung hatten. Es hat ja auch Vorschläge gegeben, auch von der SPÖ, dass man zum Beispiel bei Grundnahrungsmitteln oder auch bei Energie direkt in die Preise eingreift. Das hat man alles nicht getan. Stattdessen hat man die Märkte durchschlagen lassen und massive Beihilfen gegeben. Das hat aber dazu geführt, dass wir über lange Zeit eine höhere Inflationsrate hatten. Gleichzeitig ist dadurch das Budgetdefizit entsprechend gestiegen. Hier hat die Politik sicherlich nicht die beste Variante gewählt. 

Klarerweise mussten die Gewerkschaften wegen der hohen Inflation auch höhere Löhne fordern, sodass wir jetzt tatsächlich das Problem haben, dass wir sowohl wegen der Energiepreise, aber auch wegen der Lohnkosten Schwierigkeiten haben mit der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, speziell im Bereich der Industrie. Das zeigt sich auch jetzt schon. Gerade im Industriebereich sind die Produktionsrückgänge deutlich und wir sehen, dass in dem Bereich leider auch die Arbeitslosigkeit steigt. 

Ewald Nowotny war von 2008 bis 2019 Gouverneur der Österreichischen Nationalbank/ Im Kontrast-Interview spricht er über Zinspolitik und wie dei regierung auf die hohen Preise hätte reagieren müssen
Ewald Nowotny war von 2008 bis 2019 Gouverneur der Österreichischen Nationalbank/ Im Kontrast-Interview spricht er über Zinspolitik und wie dei regierung auf die hohen Preise hätte reagieren müssen

Wer hat am meisten von diesem Nichteingreifen der Politik profitiert?

Nowotny: Vereinzelt hat es massive, quasi wirtschaftspolitisch verursachte Gewinne gegeben. Das ist klarerweise der Energiebereich. Das war auch der Bankenbereich. Jetzt kann man sagen, dass diese Bereiche vorher, gerade in Zeiten der Nullzinsen, eher Probleme gehabt haben. Aber per Saldo glaube ich, dass diese massive Gewinnentwicklung ein Problem darstellt.

Deshalb hätte man die Gewinne teilweise abschöpfen sollen, solange das noch möglich gewesen wäre.

Im Übrigen glaube ich, dass man generell sehen muss, dass sich in den letzten Jahren die Gewinnausschüttungen der Unternehmen massiv erhöht haben.

Es war daher auch ein großer Fehler, zum Beispiel die Körperschaftssteuer zu senken.

Das hatte keinerlei positiven Wachstumseffekt, sondern hat nur die Gewinne der Unternehmen gesteigert. Das führte zu höheren Dividenden bzw. Aktienrückkäufen und damit zu mehr Vermögen für die Aktionäre.

Zur Person
Ewald Nowotny war von 2008 bis 2019 Gouverneur der Österreichischen Nationalbank. Davor war er Generaldirektor und Sanierer der Bawag-PSK. Er ist Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien und war 21 Jahre lang Abgeordneter im Nationalrat für die SPÖ.

Regierung schenkt Konzernen täglich 2,7 Mio. Euro – Körperschaftssteuer erklärt

Parlament Das Thema "Zinspolitik" im Parlament

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16. Oktober 2024 21:37

können die doch nicht belasten. Tsss! Sonst verarmen sie, wie Sie hier sehen; ja Ironie!

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In keinem Land der Eurozone ist Vermögen so ungleich verteilt wie in Österreich. Die reichsten 1 Prozent besitzen 41 Prozent des gesamten Vermögens, während die ärmere Hälfte Österreichs zusammen nur 3 Prozent des Vermögens besitzt. Der Großteil der Superreichen ist nicht durch harte Arbeit oder kluge Geschäftsideen zu Reichtum gekommen, sondern hat sein Vermögen geerbt. Auf diese gigantischen Erbschaften zahlen sie außerdem keinen Cent Steuern. Der Sozialökonom Stephan Pühringer argumentiert, dass diese Ungleichheit Gift für unsere Gesellschaft ist. Immer mehr Geld und Macht sind in der Hand von einigen wenigen konzentriert, während der Rest der Bevölkerung durch eigene Arbeit kaum mehr zu bescheidenem Wohlstand kommt. Zitat: Das Verhältnis zwischen Superreichen und dem Rest der Bevölkerung ist komplett aus dem Lot geraten. Gigantische Vermögen werden ohne jegliche Leistung oder Besteuerung vererbt. Das gefährdet den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Stephan Pühringer

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