Die FPÖ bekommt ein Wirtschaftsprogramm. Noch ist es zwar nicht fertig und geheim, aber der „trend“ durfte das Halbfertigprodukt anschauen und beurteilte, was das Ziel des Programmes ist. Ergebnis: eine Vorbereitung auf Schwarz-Blau. Was es sonst noch ist: Ein Programm gegen Staat und ArbeitnehmerInnen.
Wer den Bericht im „Standard“ liest, wird nicht mit der Einschätzung, dass sich die FPÖ zurzeit „staatstragender“ präsentiert, übereinstimmen. Ganz im Gegenteil: Es ist auffällig, wie brachial die Strache-FPÖ ihr Wirtschaftsprogramm gegen die Mittelschicht, gegen ArbeitnehmerInnen, PensionistInnen und den Staat und seine sozialen Leistungen in Stellung bringt.
Das Programm beruht auf einer Ideenwelt, die eher einfach gestrickt ist, die Hauptaussage ist: Der Staat ist schlecht. Und Abgaben, die öffentliche Infrastruktur und staatliche Leistungen ermöglichen, werden abgelehnt. Das geht dann so:
Ebenso werden staatliche Strukturen abgelehnt, die eine öffentliche Versorgung und Verwaltung ermöglichen:
Gut aus Sicht der FPÖ sind:
Das FPÖ-Papier ist ein Wünsch-dir-was für die Bessergestellten und Unternehmen, die weniger Steuern zahlen wollen. Die Mittelschicht würde dabei draufzahlen, weil die radikalen Kürzungsprogramme zulasten der Mehrheit der Bevölkerung gehen.
Die FPÖ will bei den Krankenhäusern, beim öffentlichen Verkehr, bei den Sozialversicherungen, generell bei staatlichen Leistungen rund 20 Milliarden Euro einsparen. Richtiger gesagt: Die FPÖ will Leistungen streichen.
Sehr konkret wird die FPÖ bei einem Thema, das sie „Halbierung des staatlichen Verwaltungsaufwands“ nennt – und mit dem sie nahtlos an die Schließungswellen der blau-schwarzen Regierung der Jahre 2000 bis 2006 anschließt und diese noch sehr viel weiter treiben will.
Die FPÖ beziffert den Verwaltungsaufwand des Staates mit vier Prozent des BIP, das sind rund 14 Milliarden Euro. Da geht es um Öffentliche Verwaltung, Auswärtige Angelegenheiten, Verteidigung, Justiz, öffentliche Sicherheit und Ordnung und die Sozialversicherung.
Wie halbiert man nun den „Verwaltungsaufwand“ von 14 Milliarden auf sieben? Anders als die FPÖ den Leuten weismachen will, geht das nicht, indem man bei den Kugelschreibern und Büroklammern spart; denn was da als „Aufwand“ bezeichnet wird, sind zum allergrößten Teil Löhne von MitarbeiterInnen bei der Polizei, beim Finanzamt, im Gesundheitswesen, in den Gerichten und Behörden.
Was die FPÖ fordert, läuft darauf hinaus, die etwa die Hälfte der 350.000 MitarbeiterInnen im öffentlichen Dienst loszuwerden. Hier geht es also um 175.000 Beamte und Vertragsbedienstete. Sollte sich die FPÖ damit durchsetzen, müsste man sich auf eine nie dagewesene Kündigungs- und Schließungswelle einstellen: bei Polizeidienststellen, Gerichten, Finanzämtern, Einrichtungen der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung,…
Das Wirtschaftsprogramm ist aber auch deswegen interessant, weil es die inneren Machtverhältnisse in der FPÖ abbildet.
Wie der „trend“ schreibt, trägt das Papier die Handschrift der FPÖ-Abgeordneten Axel Kassegger (Wirtschaftssprecher) und Hubert Fuchs (Finanzsprecher), mitgeholfen hat auch der „eher wirtschaftsliberale“ OÖ-FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner. Dieser soll vor allem Positionen der Industriellenvereinigung eingebracht haben.
Aus dem Programm kann man genau herauslesen, wer in der FPÖ das Sagen hat und wer nur redet. So hat zwar FPÖ-Obmann Heinz Christian Strache in den letzten Jahren das Soziale entdeckt und trägt mitunter recht offensiv Forderungen vor – etwa das die Pensionen stärker erhöht gehören oder das Pflegegeld steigen müsse. Im neuen Wirtschaftsprogramm gibt es dafür aber kein Geld.
So müssen heute alte Menschen, die Pflege brauchen, oft ihr gesamtes Erspartes dafür aufwenden – sie zahlen also eine hundertprozentige Erbschaftssteuer. Doch das stört die FPÖ nicht. Diesen Menschen würde es helfen, wenn ihr Pflege durch eine Erbschaftssteuer auf hohe Vermögen finanziert werde würde. Das lehnt die FPÖ aber ab.
Die FPÖ-interne Aufgabenverteilung kann man auch im Parlament beobachten. Im November 2016 gab es ein Expertenhearing im Budgetausschuss; die FPÖ hat dafür ihre Allzweckexpertin Barbara Kolm, die Leiterin des ein wenig obskuren und sehr neoliberalen Hayek-Instituts, nominiert. Und dann entfaltet sich das übliche FPÖ-Spiel: Vorneweg schimpft Strache, dass die Pensionserhöhung nur um die Inflationsrate „eine Schande“ sei; dann kommt Kassegger, und zeigt mit seinen Fragen an seine Expertin, worum es der FPÖ wirklich geht: Wie kann man die Ausgaben der öffentlichen Hand, etwa auch die Pensionsausgaben verringern? Wie lange können wir uns das Pensionssystem noch leisten?
Kolm war kaum überrascht von den Fragen und nicht um eine Antwort verlegen: Zehn Milliarden jedes Jahr für die Pensionen seien „nicht tragbar“. Vorbilder fand sie dann gleich auf ganz anderen Kontinenten, nämlich in Asien und vor allem in Lateinamerika. Weil es dort „weniger Regulierung“ gebe und „die Gesetzesflut nicht so hoch“ sei. Sie hielt es aber für schwierig, dass man in Österreich dahin komme, zumal nur eine Regierungspartei dahin wolle (gemeint war wohl die ÖVP).
Es ist kein Wunder, dass die Leiterin eines Instituts, das Friedrich Hayek im Namen trägt, ein Faible für Südamerika hat. Immerhin haben die Hayek-Anhänger der 70er Jahre südamerikanische Militärdiktaturen als ihr bevorzugtes Experimentierfeld auserkoren, um ungestört ihre neoliberalen Wirtschaftsmodelle im Maßstab eins zu eins zu erproben – nach der Ausschaltung und Unterdrückung von demokratischen Parteien, Organisationen und Institutionen.
Und dass die FPÖ ihre Vorbilder auch in dieser Art autoritärem Kapitalismus sucht, wundert wohl auch nur den, der glaubt, Strache hätte tatsächlich soziale Anliegen im Sinn, wenn er Sozialstaat sagt.
Was in den Köpfen der FPÖ-Politiker vorgeht, die ausgerechnet Lateinamerika als Vorbild nehmen, erschließt sich niemandem. Von den annähernd 600 Millionen Menschen, die in Lateinamerika leben, sind mehr als zehn Prozent so arm, dass sie hungern müssen und weitere 30 Prozent haben gerade so viel, dass es für die tägliche Mahlzeit reicht, aber darüber hinaus an allem fehlt – eine breite Mittelschicht gibt es dort nicht.
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