Bildung

Für 3.450 Kinder fehlt jetzt die Nachmittagsbetreuung

Seit Februar müssen Eltern in Oberösterreich für ihre Kindergartenkinder eine Gebühr von 42 bis 110 Euro pro Monat für die Betreuung am Nachmittag bezahlen. In vielen Gemeinden wurden mehr als die Hälfte der Kinder abgemeldet und Kinder-Gruppen haben bereits geschlossen.

Mindestens 3.450 Kinder sind bereits ohne Nachmittagsbetreuung

Seit der Einführung der Kindergarten-Steuer in Oberösterreich wurden 1.800 Kinder von der öffentlichen Nachmittagsbetreuung abgemeldet, ungefähr doppelt so viele haben die Nachmittagsbetreuung reduzieren müssen. Die Rechercheplattform „Addendum“ nach einer Befragung aller 442 oberösterreichischen Gemeinden spricht von 3.45o Kinder.

Die zuständige Landesrätin Christine Haberlander (ÖVP) wollte im August 2018 Zahlen vorlegen. Keine Zahlen gibt es von den zahlreichen privaten Betreuungseinrichtungen. Der Zahl der abgemeldeten Kinder könnte also auch um einiges höher ausfallen.

In zahlreichen Gemeinden sind offenbar mehr als die Hälfte der Kinder abgemeldet worden. Für den Herbst wird nun befürchtet, dass es zu weiteren Schließungen von Kindergruppen kommen wird, weil sich deren Betrieb mit zu wenigen Kindern nicht mehr auszahlt.

Angepeilte Steuereinnahmen werden nicht erreicht

Die oberösterreichischen ÖVP-FPÖ Regierung hatte durch die Gebühren zusätzliche Steuereinnahmen von 13 bis 15 Millionen Euro erhofft. Daraus wird wohl nichts, da den Gemeinden nun zusätzliche Kosten entstehen, bestätigt auch Edith Bürgler-Scheubmayr, Geschäftsführerin der Caritas für Kinder und Jugendliche.  Teilweise zahlen die Gemeinden nun Tagesmütter oder übernehmen die Gebühren für die Nachmittagsbetreuung.

Kinderbetreuungsgebühr – Wer muss was zahlen

Braucht man an 5 Tagen Kinderbetreuung am Nachmittag zahlt man zwischen 42 und 110 Euro pro Kind im Monat. 3 Prozent des Brutto-Familieneinkommens beträgt der Beitrag laut “Elternbeitragsverordnung 2018” – obwohl die Kinderbetreuung in Oberösterreich zu den schlechtesten in Österreich gehört. Eltern zahlen zwar weniger, wenn sie nicht jeden Nachmittag die Betreuung für ihre Kinder nutzen, allerdings sieht die Verordnung lediglich eine 2-, 3- oder 5-Tages-Betreuung vor. Wer also die Betreuung an nur einem Tag (oder an vier Tagen) nutzt, zahlt einen Tag drauf.

Viele Eltern sind verunsichert

Viele Eltern sind verunsichert, auch Simone Grochar Sie hat zwei Kinder: ihre Tochter ist fünf Jahre alt, der Sohn zwei, und während die Fünfjährige im Kindergarten ist, ist ihr Bruder in einer Krabbelstube. Ob sie auch in Zukunft Nachmittagsbetreuung für ihre Kinder hat, weiß sie nicht.

Simone pendelt aus einer kleinen Gemeinde nach Linz – das ist eine Stunde Fahrtzeit pro Richtung. Sie war bereits auf ihre Familie und Tagesmütter angewiesen, um ihre Kinder versorgt zu wissen und gleichzeitig arbeiten zu können. Fällt jetzt die Nachmittagsbetreuung aus, kann sie ihren Job kaum mehr machen.

Die Schwierigkeiten sind nicht neu: Die Betreuung war in Oberösterreich immer schon schlecht. Jetzt wird es noch schwerer:

„Ohne Nachmittagsbetreuung kann ich nur mehr drei Stunden in der Arbeit sein – mit 2 Stunden Fahrtzeit rechnet sich das nicht. Ich müsste meine 25 Stunden auf 15 kürzen. “, sagt Grochar.

Ob sie im Herbst Nachmittagsplätze für ihr Kind in der Krabbelstube hat, kann ihr niemand sagen. Was sie ihrem Chef sagen soll, weiß sie nicht.

Auch Mindestgröße von Gruppen wird hinaufgesetzt

Dass es keine Nachmittagsbetreuung geben wird, liegt nicht nur an den Abmeldungen: Die Landesregierung hat auch die Anzahl an Kindern, die es braucht, um einen Gruppe zu eröffnen, erhöht. Eine klare Regelung gab es bis zur neuen Verordnung nicht, doch in der Realität waren etwa sieben Anmeldungen notwendig.

Nun braucht es zehn Kinder im Kindergarten bzw. sechs Kinder in der Krabbelstube. In Niederösterreich, das ebenfalls Gebühren einhebt, sind nur drei Anmeldungen für eine Krabbelstube notwendig. Im Ballungsraum Wien sind Mindestgrößen für Gruppen kein Thema  – Kinderbetreuung-Gebühren gibt es dort auch keine.

Nicht nur Betreuungsplätze, auch Arbeitsplätze gehen verloren

Gruppen schließen heißt MitarbeiterInnen kündigen. Zumindest werden aber Stunden gekürzt. Das ist nicht nur für die betroffenen KinderbetreuerInnen ein Problem. Gruppen zu planen, ist mit den strengeren Regeln gerade in kleineren Gemeinden kaum mehr möglich. Schließlich sind Kündigungsfristen einzuhalten und auch die Reduktion von Stunden können in laufenden Verträgen nicht einseitig verordnet werden.

Familienbonus ist weg, bevor er da ist

Während der Familienbonus für 2019 versprochen wurde, belastet das schwarz-blau-regierte Oberösterreich Familien bereits mit Februar diesen Jahres. Wenn die Familien Nachmittagsbetreuung nutzen wollen, bleibt unterm Strich nur jenen Familien etwas vom Familienbonus, die über dem Durchschnitt verdienen. Das liegt auch daran, dass bei der Kindergartensteuer das Familieneinkommen herangezogen wird, aber nur ein Elternteil die Steuergutschrift nutzen kann. Dass der Familienbonus nur Besserverdienern was bringt und finanziell schwächeren Familien leer ausgehen, hat kontrast.at bereits berichtet.

Beispiel 1: Familieneinkommen liegt bei 3.700 Euro brutto
Das Familieneinkommen liegt bei 3.700 Euro brutto, das entspricht dem Median-Einkommen von Oberösterreichs Familien. Verdient ein Elternteil 1.300 Euro und der andere Elternteil 2.400 Euro, dann erhält die Familie ab über den Familienbonus 1.500 Euro mehr. Für den Kindergarten muss sie aber 1.210 Euro im Jahr zahlen. Von den versprochenen 1.500 Euro bleiben letztlich nur 290 Euro – monatlich sind das 15 Euro.
Beispiel 2: Familieneinkommen 3.100 Euro brutto
Das Familieneinkommen liegt bei 3.100 Euro brutto, das Einkommen ist zwischen den Elternteilen gleicher verteilt. Ein Elternteil verdient 1.700 Euro brutto, der andere 1.400 Euro. Der Familienbonus wird ausschließlich vom höheren Vermögen abgezogen, die 1.400 Euro liegen unter der Grenze und werden nicht entlastet. Das bringt der Familie 483 Euro mehr im Jahr. Allerdings muss sie für die Nachmittagsbetreuung 1.023 Euro im Jahr zahlen. Unterm Strich verliert die Familie 540 Euro im Jahr.
Beispiel 3: Alleinerzieherin 1.400 Euro brutto
Eine Alleinerzieherin verdient 1.400 Euro. Ihr Einkommen ist zu niedrig für den Familienbonus, sie bekommt keine Entlastung. Trotzdem muss sie 462 Euro für die Kinderbetreuung zahlen.

 

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 58%, 1637 Stimmen
    58% aller Stimmen 58%
    1637 Stimmen - 58% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 436 Stimmen
    15% aller Stimmen 15%
    436 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 348 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    348 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 258 Stimmen
    9% aller Stimmen 9%
    258 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 5%, 134 Stimmen
    5% aller Stimmen 5%
    134 Stimmen - 5% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2813
12. März 2024
×
Von deiner IP-Adresse wurde bereits abgestimmt.

Neue Artikel

So weit hinten wie noch nie: Österreich stürzt bei Pressefreiheit auf Platz 32 ab

Reporter ohne Grenzen (ROG) veröffentlichen jedes Jahr ein Ranking, wie es um die weltweite Pressefreiheit…

3. Mai 2024

AK-Wahlen: Sozialdemokratie gewinnt – Regierungsparteien verlieren

Die Fraktion der sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG) gewinnen trotz leichtem Minus die AK-Wahlen klar. In sieben…

3. Mai 2024

Die Familie Lopez aus Haslach: Bestens integriert, trotzdem abgeschoben!

2021 kam die Familie Lopez nach Haslach in Oberösterreich. Die Mutter fand schnell Arbeit als…

2. Mai 2024

Fast eine halbe Million Österreicher haben nicht genug zu essen

Armut in Österreich: Fast eine halbe Million Menschen können sich nicht genug zu essen leisten.…

2. Mai 2024

1. Mai – Seine Geschichte und Bedeutung für unsere Arbeitsbedingungen, Arbeitszeiten und faire Löhne

Am 1. Mai wird auf der ganzen Welt der Tag der Arbeit gefeiert. Der Feiertag…

30. April 2024

Niederösterreich: So halbiert eine rote Gemeinde den Strompreis für alle

In der Gemeinde Trumau wird bald Realität, was sich viele lange erträumt haben: Strom zum…

30. April 2024