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Im Durchschnitt wirft jede Europäerin und jeder Europäer jedes Jahr Lebensmittel im Umfang von zwei vollen Einkaufswägen weg. Eine neue EU-weite Richtlinie will dem nun ein Ende setzen: Bis 2030 sollen die Lebensmittelabfälle in der EU um 30 Prozent weniger werden. Damit dieses Ziel erreicht wird, werden insbesondere die Hersteller und Supermärkte in die Verantwortung genommen.
Trotz gestiegener Preise bleibt die Verschwendung von Lebensmitteln hoch: Pro Kopf landen jährlich bis zu 131 Kilogramm noch genießbarer Nahrungsmittel im Müll. Um dem einen Schlussstrich zu setzen, hat das Europäische Parlament eine überarbeitete Abfall-Rahmenrichtlinie beschlossen. Das Ziel: Die Abfälle in Haushalten, Gastronomie und Einzelhandel bis 2030 um 30 Produzent zu reduzieren.
Im Oktober 2025 ist die Richtlinie in Kraft getreten. Konkret verpflichtet sie die EU-Mitgliedstaaten, bis Juni 2027 nationale Regeln einzuführen, die Hersteller sowohl von Lebensmitteln als auch für Textilien dazu anleiten, Abfälle zu reduzieren. Wie diese Ziele erreicht und Vorgaben umgesetzt werden, obliegt den einzelnen Staaten.

„Wir müssen endlich Schluss machen mit der Kultur des Wegwerfens, ob bei Kleidung oder Lebensmitteln“, begrüßt der sozialdemokratische Europaabgeordnete Hannes Heide die EU-Richtlinie.
Weniger Verschwendung, mehr Unterstützung für Sozialmärkte: Das plant die EU
Der Versuch, Lebensmittel zu retten, hat auch eine Kehrseite: Gemeinnützige Organisationen und Sozialmärkte verzeichnen in den letzten Jahren einen Rückgang der Lebensmittelspenden. Supermärkte verkaufen nämlich immer häufiger bald ablaufende Ware zum reduzierten Preis. Gleichzeitig gewinnen Plattformen wie „Too Good To Go“ an Beliebtheit. Dabei handelt es sich um eine App, die überschüssige Lebensmittel aus Handel, Gastronomie und Betrieben in Form von Überraschungspaketen verkauft.
Vor allem frische Waren wie Gemüse und Gebäck sind in den Sozialmärkten Mangelware. Aber auch Eier, Mehl, Nudeln oder Reis sind in den Regalen oft eine Rarität.
Mithilfe der neuen Abfallrahmenrichtlinie soll sich aber auch das zum Positiven ändern. Denn sie zielt unter anderem darauf ab, das Spenden von Lebensmitteln zu vereinfachen. Künftig müssen die Mitgliedstaaten rechtliche Hürden abbauen und Anreize schaffen, damit überschüssige, genießbare Lebensmittel einfacher an gemeinnützige Organisationen weitergegeben werden können.
Außerdem müssen Lebensmittelhändler mit mehr als 400 m² Verkaufsfläche quartalsweise melden, wie viele Lebensmittel weggeworfen und wie viele gespendet wurden. Welche Maßnahmen die Spendenbereitschaft erhöhen, bleibt den Ländern überlassen.
Bereits jetzt setzen einige europäische Staaten dabei auf Steuererleichterungen. In Portugal können bis zu 140 % des Warenwerts für Spenden steuerlich abgesetzt werden. Frankreich und Spanien gewähren Steuergutschriften von 60 % bzw. 35 % für Spenden. In Österreich will das Finanzministerium einen Null-Steuersatz für Lebensmittelspenden einführen.
Verwirrendes Haltbarkeitsdatum treibt Lebensmittelverschwendung an
Der größte Teil der Lebensmittelabfälle entsteht in den Haushalten. Knapp 58 % der weggeworfenen Lebensmittel stammen von privaten Haushalten. Dabei steigen die Lebensmittelabfälle auf Verbraucherebene vor allem durch Spontankäufe aufgrund von Sonderangeboten, XXL- Verpackungsgrößen, fehlenden Lagerungsmöglichkeiten und der Ablehnung von „unschönem“ Obst- und Gemüse.

Laut einer Studie der EU-Kommission sind bis zu 10 % aller Lebensmittelabfälle auf ein falsch verstandenes Haltbarkeitsdatum zurückzuführen. „Mindestens haltbar bis“ heißt nicht „schädlich ab“, sondern lediglich, dass Geschmack oder Frische leicht nachlassen können. „Zu verbrauchen bis“ hingegen kennzeichnet tatsächlich verderbliche Ware, was vor allem bei Fleisch und Milchprodukten angewendet wird. Die Umstellung auf ein Verfallsdatum würde von der Industrie einen weniger großen Zeitpuffer bis zur Verderblichkeit einfordern. Eine Reform oder Abschaffung des Ablaufdatums hätte große Wirkung gezeigt, wurde jedoch nicht in die Richtlinie aufgenommen.
Verpasste Chancen in der Landwirtschaft
Obwohl sich in der landwirtschaftlichen Produktion viele Lebensmittelabfälle vermeiden ließen, spart die neue Richtlinie diesen Bereich weitgehend aus: Konkrete Reduktionsziele fehlen, vorgesehen ist lediglich eine Überprüfung im Jahr 2027.
„Wer Verschwendung wirklich eindämmen will, darf die Landwirtschaft nicht ausklammern. Auch hier brauchen wir klare Zielvorgaben“, kritisiert Heide.




































