Während die ÖVP die Mietpreisbremse erfolgreich verhindert hat, führen Vermieter:innen kurzerhand selbst eine ein. Auch wenn sie eher die Ausnahme als die Regel darstellen, zeigen sie vor, dass sich Hauseigentümer:innen sehr wohl leisten können, nicht die volle Inflation an ihre Mieter:innen weiterzugeben. Wir haben mit einigen von ihnen über ihre Beweggründe gesprochen.
Für viele Menschen sind Mieten und Heizen eine große finanzielle Belastung geworden. Fast jeder Dritte hat Angst, die Wohnkosten nicht mehr bezahlen zu können. Die Mieterhöhungen treffen dabei nicht nur den privaten Wohnungsmarkt, in dem es keine Regelungen für die Mieten gibt, sondern auch den geschützten Wohnungsmarkt. Denn im Altbau gibt es zwar gedeckelte Mieten – wodurch sie meist günstiger sind, als bei privaten Neubauten – aber in fast allen Mietverträgen ist festgelegt, dass die Inflation an die Mieter:innen weitergegeben werden darf.
So kam es, dass im Altbau die Mieten in alten Verträgen vergangenes Jahr gleich drei Mal erhöht wurden – um insgesamt 17,5 %. Auch bei jüngeren Mietverträgen im Altbau stiegen die Mieten im April um 8,6 %. Und das, obwohl 2022 bereits eine rund 6-prozentige Erhöhung weitergegeben wurde.
Eine Mietpreisbremse hat die ÖVP verhindert – bei allen Chancen, die es gab. Und das, obwohl andere Länder, wie Spanien, Portugal, Frankreich oder Schottland vorzeigen, dass Eingriffe in den Markt nicht nur möglich, sondern auch inflationsdämpfend wirken.
Solidarität und Rentabilität: Deshalb verzichten Vermieter:innen auf eine Mieterhöhung
Doch einige Vermieter und Vermieterinnen aus verschiedenen Bundesländern wollen dabei nicht mitmachen. Sie verzichten auf Mieterhöhungen – teilweise oder sogar ganz. Kontrast hat mit einigen von ihnen gesprochen.
Die Beweggründe sind dabei verschieden. Einerseits ist diese Entscheidung von Mitgefühl und einem Gerechtigkeitssinn und einem solidarischen Gedanken geprägt. Andererseits hätten auch die Vermieter was davon, wenn verlässliche Mieter:innen nicht zum Ausziehen gezwungen werden. Vor allem, wenn dann die Wohnung überhaupt leer steht und gar keine Mieteinnahmen mehr gemacht werden.
Auch Hausverwalter Albrecht S. beobachtet dieses Phänomen. Er betreut Wohnungen in Wien und Niederösterreich. Ein Viertel der von ihm vertretenen Vermieter hat seit Mai 2022 auf eine Erhöhung von etwa 15 Prozent verzichtet.
„Die Motivation der betreffenden, von uns vertretenen, Eigentümern setzt sich einerseits aus sozialem Gewissen und andererseits dem Wunsch nach Stabilität zusammen. Sie wollen zuverlässige Mieter und Geschäftspartner behalten und sie nicht mit 3-4 Erhöhungen binnen kürzester Zeit belasten oder zum Wohnungswechsel zwingen. Sie sehen wohl neben der humanen Komponente das Risiko und den Aufwand einer eventuell nötigen Neuvermietung im Verhältnis zu ein paar Euro höheren Mieteinnahmen nicht gerechtfertigt“, erzählt er Kontrast.
Ein Entgegenkommen für Pensionistinnen
Auch im niederösterreichischen Gföhl haben die Vermieter einer Reihenhaussiedlung die Miete statt 6 nur um 3 Prozent erhöht. Insgesamt haben die Eigentümer seit Sommer 2021 auf die Hälfte der Mieterhöhungen verzichtet.
„Wir haben hier ja Alleinstehende, Singels, Frauen, Pensionistinnen, die sicher keine hohe Pension haben. Da wollen wir ihnen entgegenkommen“, sagt Leopold Ganser in der ZIB 1 vom 14. April 2023.
„Selbstverständlich ist es für andere Vermieter auch verkraftbar“, so der Hauseigentümer Ganser.
Auch Wohnexperte der AK Wien, Thomas Ritt stimmt dem zu: „In privaten Mietverträgen sind die Mieten in den letzten zehn Jahren doppelt so stark gestiegen wie die Inflation. In der Branche wurden massive Übergewinne gemacht. Diese Steigerungen jetzt zu deckeln, wäre verkraftbar.“ Die Arbeiterkammer fordert einen Deckel bei maximal 2 Prozent Erhöhung.