Frauen & Chancengleichheit

Österreichs unfaires Pensionssystem: Frauen bekommen 40,5 Prozent weniger Pension

Frauen bekommen um 40,55 Prozent weniger Pension als Männer – der Unterschied ist in Österreich so groß wie kaum wo sonst. Die Gründe dafür: niedrigere Gehälter, viel unbezahlte Arbeit, zu wenig Kinderbetreuungsplätze und zu niedrige Anrechnung von Karenzzeiten. 

Frauen bekommen in Österreich rund 40,55 Prozent – oder monatlich 877 Euro – weniger Pension als Männer. Im OECD-Durchschnitt haben Frauen um 26 Prozent weniger Pension, am geringsten ist der Unterschied in Estland mit unter 5 Prozent.

In Zahlen heißt das: Frauenpensionen liegen durchschnittlich bei 1.285 Euro und für Männer bei 2.162 Euro brutto. Der Unterschied liegt damit bei 40,55 Prozent oder 149 Tage. 2023 fällt somit der Equal Pension Day auf den 4. August, das ist jener Tag, an dem Männer bereits so viel Pension erhalten haben, wie Frauen erst bis Jahresende erhalten haben werden. Damit hat sich der Unterschied im Vergleich zum Vorjahr nur um einen einzigen Tag bzw. 0,5% verbessert. Geht die Angleichung in diesem Tempo weiter, müssen wir 127 Jahre (!) warten, bis Männer und Frauen gleich viel Pension bekommen, wie die SPÖ vorrechnet.

Grund für diese Schieflage ist die Lohnschere, denn der Lohn ist die Grundlage für die Pensionshöhe. Dazu kommt: Wenn Mütter (oder auch Väter) nach der Geburt Teilzeit arbeiten, bringt das zwar auch weniger Einkommen, aber richtig fällt es erst bei der Pension ins Gewicht.

Die Pensionsschere klafft doppelt so weit auseinander wie die Einkommensschere – trotz Mindestpension und Ausgleichszulage.

Vor dem Hintergrund der höchsten Inflation in ganz Westeuropa ist diese Situation besonders dramatisch. „Gerade jetzt bei der enormen Teuerung ist eine durchschnittliche Pension von knapp unter 1.300 Euro ein blanker Hohn, wenn man bedenkt, was Frauen immer noch unbezahlt leisten“, so SPÖ-Frauensprecherin Eva-Maria Holzleitner.

Altersarmut trifft vor allem Frauen

Oft haben Frauen eine so kleine Pension, dass sie davon nicht leben können. Entweder müssen sie auch im hohen Alter noch in Jobs arbeiten, oder – wenn das körperlich nicht mehr geht – sie stecken in Armut fest. Die Armutsgefährdungsgrenze für einen Ein-Personen-Haushalt liegt in Österreich bei 1.415 Euro – und damit deutlich über der typischen Frauenpension. Am höchsten ist das Risiko für Altersarmut unter alleinstehenden Pensionistinnen. Im Jahr 2021 waren von 232.000 Menschen in Altersarmut 157.000 Frauen. Auch prozentuell sind Frauen häufiger betroffen: 18 Prozent aller Frauen über 65 sind armutsgefährdet, bei den Männern sind es 11 Prozent. Insgesamt gibt es einen deutlichen Anstieg an in Armut lebender Pensionst:innen im Vergleich zu 2020, wobei der Anstieg von Armutsgefährdung bei Frauen mit einem Plus von 7,6% besonders groß ist.

Eine Ursache: Die Pensionskürzung von ÖVP und FPÖ aus 2003

Aber warum ist der Unterschied zwischen Frauen und Männern bei der Pension in Österreich selbst im Vergleich zum OECD-Schnitt so groß? Eine wesentliche Ursache für das Auseinandergehen der Pensionen ist die ÖVP-FPÖ-Pensionsreform aus dem Jahr 2003. Bis dahin galten die besten 15 Jahre als Berechnungsgrundlage für die Pensionshöhe. Seither wird das gesamte Berufsleben für die Pensionshöhe herangezogen – und da schlagen sich Jahre der Kinderbetreuung und die Teilzeit bei Frauen besonders schwer nieder.

Die schwarz-blaue Pensionsreform war die größte Pensionskürzung der zweiten Republik, aber es war vor allem eine Kürzung der Frauenpensionen.

Frauen verdienen weniger für ihre Arbeit, aber richtig groß wird der Unterschied erst in der Pension.

Für die Pensionshöhe ist sowohl die Einkommenshöhe als auch die Zahl der Beitragsjahre relevant. Bei beiden Faktoren schneiden Frauen schlechter ab. Denn Frauen weisen rund 10 Jahre weniger auf, die als Beitragsjahre eingerechnet werden.

Und: Teilzeitarbeit ist weiblich. Im letzten Jahr arbeiteten knapp mehr als jede 2. Frau Teilzeit. Bei Männern ist es nur jeder Achte. Der Hauptgrund für Frauen (für fast 40 Prozent), nicht Vollzeit zu arbeiten, sind Betreuungsaufgaben. Das hat Folgen, wenn Frauen ins Pensionsalter kommen und äußert sich auch bei Mindestpension und Ausgleichszulage.

Frauen werden schlechter bezahlt – auch das hat Folgen

Doch nicht nur Teilzeitjobs sind der Grund für die niedrigen Pensionen. Es sind insgesamt die niedrigeren Löhne und Gehälter, die Frauen bezahlt bekommen.

Selbst, wenn Frauen Vollzeit arbeiten, bekommen sie 13 Prozent weniger ausbezahlt als Männer.

Denn in Branchen, in denen viele Frauen arbeiten – etwa im Sozial-, Bildungs- und Handelsbereich – wird besonders schlecht bezahlt. Aber auch für die gleiche Arbeit bekommen Frauen immer noch deutlich weniger als Männer.

Damit ergibt sich, dass das durchschnittliche Vollzeit-Jahresgehalt von Männern bei 47.600 Euro brutto liegt, das von Frauen nur bei 41.600 Euro. Würde man Frauen in Teilzeit dazu rechnen, würde der Gehaltsunterschied übrigens sogar 55 Prozent betragen.

Viel zu wenig Kinderbetreuungsplätze

Dazu kommt, dass in vielen Regionen Österreichs Kindergärten und Schulen fehlen, deren Öffnungszeiten sich mit den Arbeitszeiten berufstätiger Eltern vereinbaren lassen. Für viele Kinder unter 6 Jahren gibt es in Österreich keinen Betreuungsplatz, der mit einem Vollzeitjob vereinbar ist. Ein Elternteil muss dann Teilzeit arbeiten oder ganz zu Hause bleiben – und das sind meist Frauen, da sie weniger verdienen oder weil es eben dem Rollenbild entspricht. Einen Rechtsanspruch auf ganztägige und flächendeckende Kinderbildung gibt es bis heute nicht.

Es sind zu großen Teilen Frauen, die die unbezahlte Arbeit zu Hause leisten – auch 2023. Damit sich die Pensionen angleichen, muss sich das ändern.

„Männer müssen die Hälfte der unbezahlten Arbeit übernehmen, das ist gar keine Frage. Männer müssen ihren Teil der Verantwortung übernehmen, sei es in der Kindererziehung, im Haushalt oder wenn ältere Angehörige gepflegt werden müssen“, sagte Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger.

SPÖ fordert höhere Anrechnung für Karenzzeiten und Lohntransparenz

Es gibt aber auch Verbesserungen: Etwa, dass Karenzzeiten seit August 2019 auch im Job voll anerkannt werden. Das bringt Müttern schnellere Gehaltssprünge und letztlich höhere Pensionen. Doch die Anrechnung ist „klar zu niedrig“, kritisiert Eva-Maria Holzleitner von der SPÖ. Darüber hinaus muss die Aufteilung zwischen Väter und Mütter gerechter werden. Aktuell gehen nur zwei von zehn Vätern in Karenz. Von 100 Väter sind ist es nur ein Vater, der länger als 6 Monate bei dem Kind zuhause bleibt.

„Mit einer gerechten Verteilung der Karenzzeit – das bedeutet Halbe-Halbe – werden Frauen dabei unterstützt, eher ins Erwerbsleben zurückzukehren und Männer dabei, eine engere Bindung zu ihren Kindern aufzubauen“, so Holzleitner.

Außerdem fordert die SPÖ einen Arbeitsmarktschwerpunkt für Frauen über 50. Denn bereits jetzt gehen 40 Prozent der Frauen nicht direkt vom Job in die Pension. Gründe dafür seien Kündigungen, gesundheitliche Probleme sowie die Pflege von Angehörigen, wie die SPÖ-Frauensprecherin erklärt. Mit 2024 wird das Frauenpensionsalter allerdings schrittweise angehoben, bis 2033 steigt es von 60 auf 65 Jahre. Wenn sich dadurch lediglich die erwerbslosen Jahre verlängern, wird sich damit die Situation weiter verschärfen.

Um die Gehaltsunterschiede zwischen den Geschlechtern zu beseitigen, brauche es darüber hinaus echte Lohntransparenz. Nach isländischem Vorbild sollen etwa Unternehmen aktiv nachweisen müssen, dass Männer und Frauen gleich bezahlt werden. Andernfalls drohen Strafen.

„Wir wollen keine 127 Jahre mehr warten, bis sich die Pensionslücke zwischen Männern und Frauen schließt. Mit einem Arbeitsmarktschwerpunkt für Frauen über 50, mit einer höheren Anrechnung der Karenzzeiten und echter Lohntransparenz können wir alle Frauen dabei unterstützen, nicht in der Altersarmut zu landen: Sowohl jene, die noch ein längeres Berufsleben vor sich haben als auch jene, die kurz vor der Pension stehen“, stellt Holzleitner klar.

[veröffentlicht am 26.7.2017, aktualisiert am 2.8.2023]

Wie soll die Sicherheitspolitik Österreichs zukünftig aussehen?
  • Österreich soll seine Neutralität beibehalten und aktive Friedenspolitik machen. 60%, 1431 Stimme
    60% aller Stimmen 60%
    1431 Stimme - 60% aller Stimmen
  • Österreich soll der NATO beitreten und seine Neutralität aufgeben. 15%, 362 Stimmen
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    362 Stimmen - 15% aller Stimmen
  • Österreich soll seine Verteidigungsausgaben erhöhen, um die Neutralität zu stärken. 12%, 299 Stimmen
    12% aller Stimmen 12%
    299 Stimmen - 12% aller Stimmen
  • Österreich soll eine aktive Rolle in einer potenziellen EU-Armee spielen. 9%, 207 Stimmen
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    207 Stimmen - 9% aller Stimmen
  • Österreich soll sich der NATO annähern, ohne Vollmitglied zu werden. 4%, 106 Stimmen
    4% aller Stimmen 4%
    106 Stimmen - 4% aller Stimmen
Stimmen insgesamt: 2405
12. März 2024
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