Frauen bekommen um 40,1 Prozent weniger Pension als Männer – der Unterschied ist in Österreich so groß wie kaum wo sonst. Die Gründe dafür: niedrigere Gehälter, viel unbezahlte Arbeit, zu wenig Kinderbetreuungsplätze und zu niedrige Anrechnung von Karenzzeiten.
Frauen bekommen in Österreich rund 40,1 Prozent – oder monatlich 922 Euro – weniger Pension als Männer. Im OECD-Durchschnitt bekommen Frauen um 26 Prozent weniger Pension, am geringsten ist der Unterschied in Estland mit unter 5 Prozent.
In Zahlen heißt das: Frauenpensionen liegen durchschnittlich bei 1.378 Euro brutto, im Gegensatz dazu bekommen Männer 2.300 Euro brutto. Der Unterschied liegt damit bei 40,1 Prozent. 2024 fällt der Equal Pension Day – das ist jener Tag, an dem Männer bereits so viel Pension erhalten haben, wie Frauen das ganze Jahr bekommen – auf den 6. August. Das sind 148 Tage bis zum Jahresende, an denen Frauen keine Pension bekommen würden. Damit hat sich der Unterschied im Vergleich zum Vorjahr nur um einen einzigen Tag bzw. 0,4 % verbessert. Geht die Angleichung in diesem Tempo weiter, müssen wir 134 Jahre (!) warten, bis Männer und Frauen gleich viel Pension bekommen, wie die SPÖ vorrechnet.
Grund für diese Schieflage ist die Lohnschere, denn der Lohn ist die Grundlage für die Pensionshöhe. Dazu kommt: Wenn Mütter (oder auch Väter) nach der Geburt Teilzeit arbeiten, haben sie nicht nur weniger Einkommen, auch der Pensionsanspruch ist deshalb viel niedriger. Mit einem niedrigeren Einkommen zahlt man nämlich auch weniger in die Pensionsversicherung ein.
Die Pensionsschere klafft doppelt so weit auseinander wie die Einkommensschere – trotz Mindestpension und Ausgleichszulage.
Doch anstatt diese Lücke zu schließen, macht die ÖVP aktuell Vorschläge, die sie sogar noch vergrößern würden, kritisiert SPÖ-Frauensprecherin Eva-Maria Holzleitner. Denn mit der vorgeschlagenen „Großelternkarenz“ – bei der Omas und Opas die Kleinkindbetreuung ihrer Enkelkinder übernehmen sollen – würden etwa berufstätige Großmütter noch mehr Pension verlieren. Sie wären dann nämlich gleich zweimal in Karenz, einmal mit den eigenen Kindern und einmal mit den Enkerln.
Oft haben Frauen eine so kleine Pension, dass sie davon nicht leben können. Entweder müssen sie auch im hohen Alter noch arbeiten, oder – wenn das körperlich nicht mehr geht – stecken sie in der Altersarmut fest. Die Armutsgefährdungsgrenze für einen Ein-Personen-Haushalt liegt in Österreich bei 1.572 Euro – und damit deutlich über der durchschnittlichen Frauenpension. Am höchsten ist das Risiko für Altersarmut unter alleinstehenden Pensionistinnen. Rund zwei Drittel aller armutsgefährdeten Personen im Alter über 65 Jahren sind weiblich. Das wären 155.000 Frauen. Auch prozentuell sind Frauen häufiger betroffen: 18 Prozent aller Frauen über 65 sind armutsgefährdet, bei den Männern sind es 12 Prozent.
Aber warum ist der Unterschied zwischen Frauen und Männern bei der Pension in Österreich selbst im Vergleich zum OECD-Schnitt so groß? Eine wesentliche Ursache für das Auseinandergehen der Pensionen ist die ÖVP-FPÖ-Pensionsreform aus dem Jahr 2003. Bis in die 1990er Jahre wurde das durchschnittliche Einkommen der letzten 15 Jahre als Basis für die Pension hergenommen. Weil die letzten 15 Arbeitsjahre in der Regel auch die am besten bezahlten sind, waren die Pensionen entsprechend hoch. Seit 2003 werden jedoch die letzten 40 Jahre als Basis hergenommen. Da Frauen in dieser Zeit Frauen häufiger teilzeitbeschäftigt sind, ist auch die Pension niedriger.
Die schwarz-blaue Pensionsreform war die größte Pensionskürzung der zweiten Republik, aber es war vor allem eine Kürzung der Frauenpensionen.
Für die Pensionshöhe ist sowohl die Einkommenshöhe als auch die Zahl der Beitragsjahre relevant. Bei beiden Faktoren schneiden Frauen schlechter ab. Denn Frauen haben im Durchschnitt etwa 10 Jahre weniger, die sie sich anrechnen lassen können.
Und: Teilzeitarbeit ist weiblich. Im letzten Jahr arbeitete jede zweite Frau Teilzeit. Bei Männern ist es nur jeder Achte. Der Hauptgrund für Frauen (fast 40 Prozent), nicht Vollzeit zu arbeiten, sind Betreuungsaufgaben. Das hat Folgen, wenn Frauen in Pension gehen – sie bekommen dann oft nur die Mindestpension oder eine Ausgleichszulage.
Doch nicht nur Teilzeitjobs sind der Grund für die niedrigen Pensionen. Es sind insgesamt die niedrigeren Löhne und Gehälter, die Frauen bezahlt bekommen.
Selbst, wenn Frauen Vollzeit arbeiten, bekommen sie 12,4 Prozent weniger ausbezahlt als Männer.
Denn in Branchen, in denen viele Frauen arbeiten – etwa im Sozial-, Bildungs- und Handelsbereich – wird besonders schlecht bezahlt. Aber auch für die gleiche Arbeit bekommen Frauen immer noch deutlich weniger als Männer.
Dazu kommt, dass in vielen Regionen Österreichs Kindergärten und Schulen fehlen, deren Öffnungszeiten sich mit den Arbeitszeiten berufstätiger Eltern vereinbaren lassen. Für viele Kinder unter 6 Jahren gibt es in Österreich keinen Betreuungsplatz, der mit einem Vollzeitjob vereinbar ist. Ein Elternteil muss dann Teilzeit arbeiten oder ganz zu Hause bleiben – und das sind meist Frauen, da sie weniger verdienen oder weil es dem Rollenbild entspricht. Einen Rechtsanspruch auf ganztägige und flächendeckende Kinderbetreuung gibt es bis heute nicht.
Es sind zu großen Teilen Frauen, die die unbezahlte Arbeit zu Hause leisten – auch 2024. Damit sich die Pensionen angleichen, muss sich das ändern.
„Männer müssen sich aktiv darum kümmern, dass sie zu Hause die Hälfte der unbezahlten Arbeit übernehmen. Nur so sind für Frauen gute Rahmenbedingungen für Job und später die Pension möglich. Es kann nicht sein, dass Frauen automatisch mehr unbezahlte Arbeit übernehmen und in der Teilzeit-Falle – mit allen negativen Auswirkungen – landen. Männer tragen dabei große Verantwortung“, sagte Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger.
Es gibt aber auch Verbesserungen: Etwa, dass Karenzzeiten seit August 2019 auch im Job voll anerkannt werden. Das bringt Müttern schnellere Gehaltssprünge und letztlich höhere Pensionen. Aber die Anrechnung ist „klar zu niedrig“, kritisiert Eva-Maria Holzleitner von der SPÖ. Denn diese liegt mit 2.100 Euro deutlich unter dem Median-Einkommen von 2.500 Euro. Darüber hinaus muss die Aufteilung zwischen Väter und Mütter gerechter werden. Aktuell gehen nur zwei von zehn Vätern in Karenz. Nur jeder 100. Vater bleibt länger als 6 Monate bei dem Kind zu Hause. Der Anteil ist EU-weit einer der niedrigsten und seit 2010 sogar noch rückläufig.
„Mit einer gerechten Verteilung der Karenzzeit – das bedeutet Halbe-Halbe – werden Frauen dabei unterstützt, eher ins Erwerbsleben zurückzukehren und Männer dabei, eine engere Bindung zu ihren Kindern aufzubauen“, so Holzleitner.
Um die Gehaltsunterschiede zwischen den Geschlechtern zu beseitigen, brauche es darüber hinaus echte Lohntransparenz. Nach isländischem Vorbild sollen etwa Unternehmen aktiv nachweisen müssen, dass Männer und Frauen gleich bezahlt werden. Andernfalls drohen Strafen.
[veröffentlicht am 26.7.2017, aktualisiert am 5.8.2024]
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