Frauen & Chancengleichheit

Rechnungshof: 13.400 Euro im Jahr verdienen Frauen weniger als Männer

Der Einkommensbericht des Rechnungshofes zeigt detailliert, wie es um die Einkommen in Österreich steht. Nach Branchen, Alter, Geschlecht und Arbeitszeit ist aufgeschlüsselt, wie viel die Menschen verdienen – und wie es sich in den letzten Jahren verändert hat. Im aktuellen Bericht wird deutlich: Der Abstand zwischen Männern- und Fraueneinkommen hat sich in den letzten Jahren kaum verbessert.

Im Schnitt verdient man in Österreich 31.407 Euro brutto pro Jahr (unselbständig beschäftigt, unabhängig von der Arbeitszeit). Der Unterschied zwischen Männern und Frauen ist dabei besonders groß: 55 Prozent verdienen Männer mehr als Frauen. Während das durchschnittliche Einkommen der Männer bei 37.700 Euro liegt, sind es bei den Frauen nur bei 24.300 Euro. Damit ist Österreich im EU-Vergleich unverändert auf den hintersten Plätzen. warum verdienen frauen weniger als männer - internationaler Vergleich gender pay gap

Die Differenz ist vor allem bei Arbeiter:innen groß, denn Arbeiter verdienen um weit mehr das Doppelte als Arbeiterinnen. Bei Angestellten sind es noch 72 Prozent mehr. Nur bei den Beamt:innen haben Frauen und Männer beinahe das gleiche Einkommen (+1 Prozent). Das lässt sich unter anderem dadurch erklären, dass die Gehälter meistens mittels transparenten Gehaltsschema festgelegt sind und es dadurch weniger individuelle Gehaltsverhandlungen hinter verschlossenen Türen gibt.

Der Bericht zeigt, dass über alle Branchen und Bildungsabschlüsse hinweg Frauen weniger gezahlt bekommen. Mit einem Pflichtschulabschluss verdienen Männer um 22 Prozent mehr, mit einer Lehre 34,8 Prozent und mit einem Uni-Abschluss 33 Prozent.

Insgesamt verdoppelt sich allerdings beinahe das Einkommen mit einem universitären Abschluss im Vergleich zu Pflichtschulabsolvent:innen.

Teilzeit als großer Faktor für die Geschlechterungleichheit

Ein Faktor für den großen Gehaltsunterschied lässt sich auf Teilzeitarbeit zurückführen. Diese ist immer noch weiblich – 81 Prozent der Teilzeitstellen sind mit Frauen besetzt. Umgekehrt sind es meistens sie, die zu Hause Kinder und ältere Angehörige betreuen und die Hausarbeit erledigen.

„Frauen arbeiten in Summe genauso viel wie Männer, aber sie arbeiten viel, viel mehr Stunden unbezahlt“, sagt Ingrid Moritz, Leiterin der Abteilung Frauen in der Arbeiterkammer, in der „ZIB 2“.

Eine gerechtere Aufteilung der unbezahlten Hausarbeit wäre demnach genauso wichtig wie der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung, so die Expertin. Denn in Österreich gibt es vielfach schlicht kaum Möglichkeiten, vor allem kleine Kinder in einer öffentlichen Einrichtung unterzubringen.

„Es fehlt hier auch an Informations- und Bewusstseinskampagnen vonseiten der Regierung, damit beispielsweise mehr Väter in Karenz gehen. Seit das Frauenministerium in ÖVP-Hand ist, ist hier seit Jahren einfach gar nichts passiert“, kritisiert SPÖ-Frauenvorsitzende Eva Maria Holzleitner.

Systemrelevante weiblich dominierte Jobs sind oft schlecht gezahlt

Doch auch im Vergleich der Vollzeitkräfte bekommen Frauen mit etwa 41.600 Euro brutto im Jahr nur rund 87 % des Männergehalts (47.600 Euro). Denn in jenen Branchen, in denen hauptsächlich Frauen arbeiten, ist die Bezahlung häufig deutlich schlechter als in den „typischen Männerberufen“. Das betrifft etwa die Bereiche Einzelhandel, Reinigung, FriseurInnen, aber auch Pflege und Gastronomie.

Obwohl es seit 43 Jahren verboten ist: Frauen verdienen für die gleiche Arbeit immer noch weniger

Aber auch für die gleiche Arbeit verdienen Frauen immer noch weniger als Männer – und zwar um etwa 20 Prozent. Und das, obwohl es bereits seit 1979 gesetzlich verboten ist, aufgrund des Geschlechts unterschiedliche Löhne zu bezahlen.

Seit 2011 müssen größere Unternehmen darüber hinaus Einkommensberichte erstellen, die aufzeigen, wie Frauen und Männer im Betrieb eingestuft sind und was sie durchschnittlich bezahlt bekommen. Doch diese Berichte „verschwinden meistens in der Schublade, Beschäftigte bekommen sie nicht, es wird im Betrieb nicht darüber geredet und es gibt auch keine Sanktionen“, erklärt Ingrid Moritz. Diese Berichte hätten demnach wenig Wirkung. Stattdessen sollte sich Österreich etwa ein Vorbild an Schweden nehmen, wo es ganz normal ist, sich über das Gehalt des Kollegen zu informieren, fordert die Expertin im „ZIB“-Interview.

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Gabriel
Gabriel
31. Dezember 2022 21:16

Ich frage mich warum dann die Konzerne nicht hauptsächlich Frauen einstellen wenn diese für die gleiche Arbeit deutlich billiger sind?

Michael
Michael
29. Dezember 2022 08:44

Frauen zeigen vergleichsweise stärkeres Zustimmungsverhalten wenn es um individuellen Lohn geht.
Frauen arbeiten vergleichsweise mehr Teilzeit, selbst mit hervorragender Ausbildung.
Die Geschlechter tendieren in den offensten und egalitärsten Sozialsystemen der Welt am stärksten zu traditionellen Aufgabengebieten.
Es steht völlig außer Frage, dass Pflegeberufe besser bezahlt werden müssen. Gleichzeitig sind alle diese Berufe (wirtschaftlich!) nicht gewinnfähig. Die daraus resultierende Unterbezahlung ist unserem verqueren Kapitalismus-Verständnis geschuldet, der schleunigst überdacht werden muss. Nicht einem „Frauen doof“ Primitivismus.

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