Im steirischen Bärnbach bei Voitsberg sind 120 Arbeiter und Arbeiterinnen von der Schließung des Remus-Werks betroffen. Der Auspuffhersteller verlagert das Werk Ende des Jahres nach Bosnien, wo die Beschäftigten deutlich weniger verdienen. Nachdem die Firma zuletzt einen Gewinn von 18 Millionen schrieb, sind sich viele einig: Es geht um Profitmaximierung auf Kosten der ArbeitnehmerInnen.
“Der Arbeitsmarkt in Bosnien und Herzegowina ist geprägt von einem gegenüber der EU deutlich niedrigeren Lohnniveau”, schreibt die Österreichische Wirtschaftskammer in ihrem Länderbericht über Bosnien Herzegowina. Der durchschnittliche Monatsbruttolohn liegt bei rund 780 Euro im Monat, netto sind das rund 505 Euro. Das Land sei “trotz geringerer Produktivität und komplexen Rahmenbedingungen für erfahrene Unternehmen ein interessanter Produktionsstandort”, macht die Wirtschaftskammer die Standortverlagerung für österreichische Unternehmen attraktiv.
500 bis 700 Euro, das sind Löhne, mit denen kein österreichischer Arbeitnehmer konkurrieren kann – aber muss. Das Stammwerk des Auspuffherstellers in Bärnbach wird mit Jahresende geschlossen, weil die Eigentümer die Produktion nach Sanski Most in Bosnien verlagern wollen. Dort steht bereits ein Remus-Werk, das laufend vergrößert wird. Zu den Kunden des Unternehmens zählen Luxus-Fahrzeughersteller wie Mercedes AMG, Porsche, Bentley, McLaren, Aston Martin, BMW oder Ducati.
Die Investoren verbindet nichts mit der Region
120 Arbeitsplätze sind betroffen. 60 sollen in ein anderes Werk nach Voitsberg verlegt werden, rund 30 sollen laut Geschäftsführer Stephan Zöchling in Pension gehen. Die Gewerkschaft widerspricht dem: Natürlich gibt es mehrere ältere MitarbeiterInnen, allerdings sind diese großteils noch weit von der Pension entfernt. “Mit 59 kann man nicht in den Ruhestand gehen, sondern wird arbeitslos oder muss Abstriche hinnehmen”, sagt der Betriebsratsvorsitzende Gerhard Duckhorn.
Die Remus Group gehört seit 2016 den beiden Investoren Hans-Peter Haselsteiner und Stephan Zöchling, der bei vielen großen Firmen-Deals die Finger im Spiel hatte. Zöchling hat laut Firmenbuch leitende Funktionen in über 20 Firmen, Haselsteiner ist Milliardär und Strabag-Eigentümer – beide verbindet mit dem Werk in Bärnbach nicht viel. Anders ist das für die Beschäftigten und den Ort selbst.
“Hier zittern alle um ihre Jobs!”, sagt Betriebsrat Gerhard Duckhorn. Remus ist dort der größte Arbeitgeber. Die Stadtgemeinde hat “hohe Wirtschaftsförderungen zur Absicherung des Standortes geleistet”, sagt der Bürgermeister Jochen Bocksruker (SPÖ). Das Ende trifft Bärnbach hart. Das frühere Familienunternehmen leistete für den Ort einen großen Teil der Kommunalsteuer und war auch ein wichtiger Sponsor im lokalen Sport.
“Zu hohe Löhne ein vorgeschobenes Argument”
Seit der Übernahme durch Haselsteiner und Zöchling 2016 ist immer wieder mit der Abwanderung gedroht worden. Als Grund für die Verlagerung der Arbeitsplätze nach Bosnien nennt Zöchling den Kostendruck und die Personalkosten aufgrund der jährlichen Kollektivvertragserhöhungen. Die Gewerkschaft hält den Zeitpunkt für geplant, “die KV-Verhandlungen waren dem Geschäftsführer immer schon ein großer Dorn im Auge”, heißt es aus der Gewerkschaft.
Der steirische SPÖ-Abgeordnete Max Lercher kritisiert die Rolle des Milliardärs Haselsteiner als “scheinheilig”:
“Über Jahrzehnte den Obermoralisten im Land zu geben und sich, wenn es um die eigene Verantwortung geht, so aufzuführen. Das ist heuchlerisch und scheinheilig.” Haselsteiner könne nicht das rechte Klima im Land beklagen, aber auf der anderen Seite selber dafür sorgen, “dass dieses Klima hergestellt wird”, schreibt Lercher auf Facebook.
Dass Remus unter den österreichischen KV-Löhnen leidet, bezweifelt auch ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer. Zur “Kleinen Zeitung” sagte er, keinen Einblick in die Gründe zu haben. “Jedenfalls scheinen zu hohe Löhne ein vorgeschobenes Argument zu sein.”
Remus schrieb Gewinn von 18 Millionen
Dem Unternehmen geht es keineswegs schlecht. 2019 wies Remus 18 Millionen Euro Bilanzgewinn aus. “Aber wir sind ja kein Sozialverein”, sagt Geschäftsführer Zöchling zynisch dazu und lobt, dass es in Bosnien kaum Lohnnebenkosten gebe – also kaum Beiträge der Unternehmen zur Kranken-, Pensions- oder Arbeitslosenversicherung der Beschäftigten.
“Bei der Schließung des Remus-Werks in Bärnbach zeigt sich, in welcher obszönen Wirtschaftswelt wir leben”, schreibt der steirische Landtagsabgeordnete Wolfgang Moitzi auf Facebook. Da steht ein Stammwerk vor dem Aus, dass diese MitarbeiterInnen zum Weltmarktführer gemacht haben. “Als Lohn werden sie nun gekündigt”, schreibt Moitzi.
„Mir tut es leid um die Bärnbacher, die jahrelang hart gearbeitet haben und deren Arbeitsplätze jetzt in ein Billiglohnland wegrationalisiert werden“, sagt Bürgermeister Bocksruker.
Der steirische SPÖ-Abgeordnete Lercher schlägt in einer Reaktion auf die Werkschließung in Bärnbach Sanktionen für Firmen vor, die “aus Profitgier gut funktionierende Unternehmen in Österreich zerstören”. Förderungen, staatliche Aufträge und Unterstützungen sollte es nur mehr für sozial verantwortliche Unternehmen geben.
Lohnquote ist in den letzten 25 Jahren gesunken
Investor Zöchling hat bereits in den Jahren zuvor gegen Kollektivverträge und Lohnerhöhungen Stimmung gemacht. Den 1.700 Euro netto Mindestlohn im Burgenland nannte er eine “Todeslohnspirale”. Zöchling forderte stets niedrigere Löhne. Tatsächlich ist die Lohnquote in Österreich in den letzten 25 Jahre von 74,5 auf 68,2 Prozent gesunken. Oder in konkreten Zahlen ausgedrückt:
„Wäre die Lohnquote gleich hoch wie noch vor 25 Jahren, wäre allein im Jahr 2018 die Brutto-Lohn- und Gehaltssumme um 17 Milliarden Euro höher.“ (Arbeiterkammer)
Das heißt: Ein größerer Anteil der Umsätze fließt an Eigentümer und Aktionäre wie Zöchling und Haselsteiner, ein kleinerer an die ArbeitnehmerInnen, die die Produkte tatsächlich herstellen. Wenn Eigentümer über zu hohe Löhne klagen, geht es um Profitinteressen, nicht um gesamtwirtschaftliche Vernunft. Auch der Konkurrenzdruck ist in einem Premiumsegment wie bei Remus deutlich geringer als auf einem Massenmarkt mit starker Billigkonkurrenz aus asiatischen Ländern.
Der große Ausverkauf hat begonnen. Auch http://www.staatsbank.at steht zum Verkauf
Ich kann mich noch gut ereinnern wie eine Kurve in Spielberg nach dieser damals österr. Fima benannt war. Dann wird dieser grässliche Schritt eines ehemals österr. Unternehmens hoffentlich in anderen ZHeitungen auch veröffentlicht und viele Wartungsfirmen werden die Konsequenzen ziehen.