Österreich exportiert jedes Jahr tausende trächtige Rinder nach Algerien. Problematisch ist einerseits der mehrtägige Transport der Tiere sowie die undokumentierte Haltung der Tiere im Zielland. Rechtlich bewegt sich der Handel in einer Grauzone, zeigt eine Investigativ-Recherche von “The Marker”. Dennoch unterstützen österreichische Behörden und die Wirtschaftskammer die Branche.
Das gemeinnützige Recherche-Startup “The Marker” deckt die Zustände im österreichischen Rinderexport nach Algerien auf. In den letzten rund 15 Jahren wurden über 60.000 Tiere nach Algerien verschifft – alleine im ersten Halbjahr 2023 waren es etwa 5.500. Da sie als Milchkühe verkauft werden, handelt es sich bei den Tieren um trächtige Rinder. Denn sie sollen im Zielland sofort für die Milchproduktion eingesetzt werden.
18 Stunden im LKW und 3 Tage am Schiff: Stress, Enge, Unfälle für trächtige Kühe
Für die Mutterkühe bedeutet das eine rund 18-stündige LKW-Fahrt durch Österreich, Deutschland und Frankreich und direkt anschließend eine 3 Tage lange Überfahrt nach Algerien mit dem Schiff. Die Tiere sind einem hohen Stress ausgesetzt, oft leiden 2.000 Rinder pro Schiff unter Platzmangel und Konflikten mit unbekannten Artgenossen. Hinzu kommen die klimatischen Veränderungen und mitunter Hitze und Futternot im Zielland.
Darüber hinaus gelten Tiertransporte per Schiff bereits seit Jahren laut The Marker als „höchst problematisch“: Die Bedingungen sind schlecht, Unfälle und Todesfälle keine Seltenheit.
Nach dem Tiertransportgesetz müssen Zuchttiere beim LKW-Transport nach maximal 29 Stunden eine 24-stündige Ruhepause eingelegt werden. Wenn dies nur ein Mal notwendig wird, um das Zielland zu erreichen, ist es erlaubt, auch dorthin zu exportieren. Das österreichische Gesundheitsministerium, das dafür zuständig ist, argumentiert aber so: Da der französische Hafen in unter 29 Stunden erreicht werde und die Ruhepause auf den Schiffen stattfinde, sei der Transport legal. Doch laut Expert:innen ist diese Praxis nicht gesetzeskonform, da es sich bei den Schiffen um ein Transportmittel und nicht um einen Erholungsort handelt.
Kaum Tierschutz vor Ort: Deutschland stoppte Exporte schon 2019
Was mit den Tieren im Zielland Algerien passiert, ist relativ unklar. Denn es gibt in Algerien weder Aufzeichnungen und Kennzeichnungen der Tiere noch Bestimmungen zu Haltung und Transport.
Laut “The Marker-Recherche” vor Ort berichten die lokalen Bauern davon, dass die Tiere häufig schwer zu erhalten sind und nur durch teures und reichliches Soja erneut trächtig werden. Deshalb landen viele Kühe ungeplanterweise schnell auf der Schlachtbank – und das mitunter ohne Betäubung.
Der Nachschub aus Europa – insbesondere Österreich – ist ihnen trotzdem gewiss. Auch im kommenden Jahr werden die Milchbauern ihre überzähligen Rinder loswerden und ins Ausland exportieren wollen.
Die schlechte Situation vor Ort, fehlende Transparenz und Tierschutzkriterien veranlassten deshalb Deutschland, Algerien als Hochrisiko-Land einzustufen. Seit 2019 verschifft unser Nachbarland keine Rinder mehr dorthin.
Wirtschaftskammer und Behörden unterstützen die Branche
Trotz dieser Umstände unterstützen die Behörden die Export-Unternehmen. Dazu wurde etwa 2016 auf Initiative des ÖVP-Landwirtschaftsministeriums die „Exportservicestelle“ im Gesundheitsministerium eingerichtet.
Auch die Wirtschaftskammer unterstützt bei der Planung und Durchführung der Exporte. Unter anderem organisieren sie die Stände der „Rinderzucht Austria”, die weltweit für österreichische Rinder werben und berät auf Kontrast-Nachfrage Unternehmen “in rechtlichen Fragen, die sich allfällig aus den (…) rechtlichen Rahmenbedingungen ergeben.“
Unterstützung erfährt die Branche auch durch ÖVP-Spitzenpolitiker. War es 2019 der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz, der als Ehrengast bei der 125-Jahresfeier eines nach Algerien exportierenden Zuchtverbandes auftrat, eröffnete 2023 Karl Nehammer eine Zuchtrinderausstellung von jenem Verband. Anwesend waren auch ÖVP-Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig und ÖVP-Landeshauptmann von Oberösterreich, Thomas Stelzer (siehe Screenshot unten). Im Jänner freute sich ebendieser Verband über einen “Megastart ins neue Jahr“, unter anderem aufgrund der Preisanstiege bei den trächtigen Kühen für den Export nach Algerien. Bis zur Veröffentlichung des Artikels ist keine Stellungnahme des Verbands zu den Vorwürfen eingetroffen.
Laut Gesundheitsministerium heißt es auf Kontrast-Anfrage dazu, dass sich Österreich “dieser Problematik” der Tiertransporte bewusst ist und verweist auf das neue Tiertransportgesetz von 2022, in dem strengere Regeln beschlossen worden sind. Es werde geprüft, ob und wie sich die Regelung Deutschlands auf Österreich übertragen lässt.
Die Wirtschaftskammer verweist ebenfalls auf die strengen Regeln und betont, “dass das fahrlässige Entstehen von Tierleid keinesfalls im Sinne der Wirtschaftskammer ist und natürlich vermieden werden muss.”
Der Mensch ist nicht in der Lage mit sich selbst Verantwortungsvoll umzugehen.
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Da dann zu erwarten das der Mensch mit Umwelt und Tier verantwortungsvoller umgeht als mit sich selbst, sind Träumereien jenseits jeder Realität.