Corona hat die Welt in eine Wirtschaftskrise geführt. Manche Experten warnen, dass Corona die Krise der 1920er in den Schatten stellen könnte. Aber was tun gegen so eine Krise? Wie wurden in der Vergangenheit Krisen erfolgreich gemeistert und was können wir davon lernen? Um die Krise zu bewältigen, brauchen für massive staatliche Investitionen – bezahlen können wir die aber nur, wenn wir Millionäre und Konzerne endlich besteuern. Das lehrt uns die Geschichte.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen von Corona sind fatal. Es haben soviele Menschen ihre Arbeit verloren, wie noch nie in Österreich, aber auch in fast allen anderen betroffen Ländern, und viele Unternehmen schaffen es ohne staatliche Hilfe nicht mehr. Was die Krise ausgelöst hat ist neu, aber tiefgreifende Wirtschaftskrisen hat es jedoch bereits etliche gegeben – aus ökonomischen Gründen oder wegen Kriegen. Wie Staaten diesen Krisen begegnet sind, unterscheidet sich stark. In der großen Wirtschaftskrise der 1920er etwa setzte die USA auf groß angelegte Investitionsprogramme, während Europa mit einer harten Sparpolitik reagierte. Die Ergebnisse könnten unterschiedlicher nicht sein: Die USA wurden zur weltweit führenden Wirtschaftsmacht – in Europa breitete sich der Faschismus aus und führte zum Zweiten Weltkrieg.
Die Wirtschaftskrise von 1929
Die New Yorker Börse brach 1929 zusammen. Innerhalb weniger Tage entwickelte sich daraus eine weltweite Wirtschaftskrise. In den USA ging die Wirtschaftsleistung um ein Drittel zurück und bald lag die Arbeitslosigkeit bei über 20 Prozent. Der US-Präsident Herbert Hoover wollte nicht in die Wirtschaft eingreifen, und die Krise verschärfte sich noch weiter. Mit dem Versprechen von weitreichenden Arbeitsprogrammen und Hilfe für Notleidende, siegte der Demokrat Franklin D. Roosevelt im Wahlkampf 1932. Der neue Präsident begann eine Reihe von Wirtschafts- und Sozialreformen, die als New Deal in die Geschichte eingehen sollten.
Mit dem New Deal durch die Krise
Im New Deal nahm der Staat als erstes viel Geld in die Hand, um die Not der Bevölkerung zu lindern. Essens-Programme bekämpften den Hungern unter dem viele US-Amerikaner damals litten. Mit eine Arbeitsprogramme sorgte die US Regierung, dass Tausende wieder ein Einkommen hatten. Mit Erfolg: Das Programm wurden in den folgenden Jahren immer weiter ausgebaut. Im den Programmen ging es nicht um Beschäftigungstherapie – die Programme trugen die Verbesserung und Modernisierung der US-amerikanische Infrastruktur. Neben dem Bau von Straßen, Dämmen und Flughäfen, wurde auf Aufforstung und die Elektrifizierung des Landes vorangetrieben.
Um die USA vor erneuten Krisen abzusichern, baute die Regierung die Wirtschaft grundlegend um. Roosevelt trennte Sparbanken von Investmentbanken, damit mit risikoreichen Investitionen nicht mehr das Ersparte der Bevölkerung gefährden konnten. Außerdem wurden Gewerkschaften und Sozialversicherungen gestärkt, um den Amerikanerinnen und Amerikanern ein gesichertes Auskommen zu garantieren. Neue Steuern für Millionäre und Konzerne finanzierten diese Maßnahmen. Der Höchstsatz der Einkommensteuer wurde auf fast 80 Prozent angehoben und es wurde eine landesweite Unternehmenssteuer eingeführt.
Durch die massiven staatlichen Investitionen, finanziert durch die Erhöhung der Steuern auf Reiche und Unternehmen, und die Regulierung des Marktes, wuchs die Wirtschaft der USA bald wieder. Die Arbeitslosigkeit ging zurück. Dieses erfolgreiche Krisen-Management steht im starken Kontrast zur der Sparpolitik des ehemaligen Präsidenten Hoover, der dadurch die Krise nur anfeuerte.
Rotes Wien: Sozialstaat und Luxussteuern
Die wirtschaftliche und soziale Lage war in Wien nach dem Ende des Ersten Weltkriegs fatal. Die Wirtschaft war praktisch zusammengebrochen, Wohnungslosigkeit und Hunger waren weit verbreitet. Auch Krankheiten wie Tuberkulose und die spanische Grippe quälten die Wiener Bevölkerung. Die Wiener Sozialdemokraten erkannten diese Probleme und begannen ein ambitioniertes Reform-Programm. Als “Rotes Wien” erregten diese Reformen weltweit Beachtung – bis heute.
Die sozialdemokratischen Stadtregierung startete ein massives Bauprojekt, um der Wohnungsnot in Wien Herr zu werden. Über 60.000 Wohnungen wurden in Gemeindebauten errichtet. Die gerechte und günstigen Mieten halfen nicht nur den Bewohnern der Gemeindewohnungen direkt; das neue Angebot und die billigen Mieten drückten auch die Preise der privaten Wohnungen. Und die Wohnungen hatten auch aus hygienischer Sicht, höhere Standards.
Das und massive Investitionen ins Gesundheitssystem verbesserten die Gesundheit der Wiener enorm. Die medizinische Versorgung der Bevölkerung wurde kostenlos. Es wurden Angebote von Kur- und Ferienaufenthalte geschaffen, sowie öffentliche Bäder und Sportanlagen. Außerdem baute die Wiener Stadtregierung Gesundheitsversorgung für Mütter und Kinder.
Durch Reformen des Roten Wiens konnte die Arbeitslosigkeit in Wien bedeutend schneller gesenkt werden, als im Rest Österreichs. Die Verbesserungen im Gesundheitswesen führten dazu, dass die spanische Grippe eingedämmt werden konnte, und die Tuberkulose-Fälle sich halbierten.
Finanzieren konnte das die Stadt Wien über einen Reichensteuern. Die zweckgebunden Wohnbausteuer wurde unter dem Name Breitnersteuer bekannt – nach dem damalige Wohnbaustadtrat.
Von den 1930er in die 2010er: Portugal setzt in der Krise auf Investitionen statt Sparen
Ein weiteres Beispiel für erfolgreiches Krisen-Management ist Portugal. Das Land stand 2014 kurz vor dem Abgrund: Das Land war kaputtgespart. Die konservative Ex-Regierung folgte der Sparpolitik der EU und hat die Arbeitsrechte abgebaut und radikal gekürzt. Armut und Arbeitslosigkeit haben stark zugenommen. Die Wirtschaft schrumpfte, weil die Menschen zu wenig Geld zum Ausgeben hatten.
Ein paar Jahre später war alles anders. António Costa trat am 26 November 2015 sein Amt als Premier an und wurde 2019 mit großem Vorsprung wiedergewählt. Die Sozialdemokraten erhöhten die von den konservativen Vorgängern gekürzten Löhne und Pensionen, führten Urlaubstage wieder ein und nahmen Steuererhöhungen zurück. Gleichzeitig erhöhte Costa Reichensteuern wie die Erbschafts- und Vermögenssteuer. Mit der Zusatzgrundsteuer führte die Regierung eine Vermögenssteuer auf Immobilien ein, von der die Wohnungen und Häuser einfacher Leute ausgenommen sind. Außerdem ist Schluss mit ruinösen Privatisierungen, wie sie noch vor Jahren der Fall waren, als die Konservativen unter EU-Anleitung das Staatsvermögen weit unter Marktpreis verkauften.
Das Resultat dieser Politik von António Costa ist, eine boomende Wirtschaft und eine sinkende Arbeitslosigkeit. Das geht so weit, dass die Regierung versucht Portugiesen, die während der Krise ausgewandert sind, dazu zu bewegen, wieder zurück nach Portugal zu kommen. Auch in Zeiten von Corona setzt Portugal auf einen starken Sozialstaat.
Spanien, Griechenland und Italien folgten dem Spardiktat der EU. Der Sozialstaat und vor allem das Gesundheitssystem wurden massiv eingeschränkt. Auch deswegen trifft verzeichnen Italien und Spanien dieser Tage besonders viele Tote.
Was tun? Staatliche Investitionen und Reichensteuern
Ohne massive staatliche Investitionen, lässt sich eine Wirtschaftskrise nicht meistern. Das zeigen nicht nur der New Deal, das Rote Wien und Portugal, sondern jedes historische Beispiel von erfolgreichem Krisen-Management. Im Gegenschluss zeigt sich auch, dass Sparpolitik Krisen verschärft. Das war der Fall bei Präsident Hoover in der Krise von 1929 und in Portugal, bevor Antonío Costa das Ruder übernommen hat. Auch hat die Sparpolitik der Zwischenkriegszeit in Europa den Nährboden für faschistische Kräfte bereitet.
Millionärsabgaben und Konzernsteuern haben sich als das erfolgreiche Finanzierungsquelle in Krisenzeiten bewiesen. Der Grund ist, dass diese Steuern eben nicht bei den Menschen greifen, deren Lage grundsätzlich bereits schwierig ist, sondern bei jenen privilegierten Teil der Bevölkerung, die trotz Wirtschaftskrise sich weiterhin einen luxuriösen Lebensstil leisten können.
Ohne massive staatliche Investitionsprogramme werden wir die aktuelle Wirtschaftskrise nicht bewältigen können. Ohne Reichensteuer können wir diese Investitionen nicht finanzieren. Und die braucht es auch aus einem zweiten Grund: die Schere zwischen Arm und Reich ist schon im ersten Monat der Krise weiteraufgegangen.